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Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme

Titel: Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Albträumen entsprungen zu sein schienen. Zwerge, Riesen, kriechende und fliegende Geschöpfe, Frauen mit bodenlangen Bärten und Männer, aus deren Schultern mehrere schlangenähnliche Arme wuchsen.
    Ab und zu wanderten schüchterne Blicke der Passanten in Gystias und seine Richtung; doch niemals verweilten sie lange. Finn wurde sich seiner Nacktheit bewusst und zog die Decke über seinen Körper.
    »Sie können dich nicht sehen«, sagte die Dame und rollte sich zu ihm. »Besser gesagt: Sie wollen dich nicht sehen. Es ist ihnen verboten.« Sie rieb über seine nackte Brust. Zärtlich - und dennoch fest.
    Finn schwieg tunlichst. Die ... Abenteuer der letzten Nacht hatten bewiesen, dass die Dame keine Kritik duldete - und auch keine Fragen. Sein Rücken schmerzte. Für jedes Tönchen, das er zu viel von sich gegeben hatte, war er zur Rechenschaft gezogen worden. Mithilfe von Fingernägeln, die sich unter dem Einfluss eines Zaubers zu langen Krallen gewandelt hatten.
    Ein Vogel flatterte in den Raum, dann noch einer und noch einer. Sie zwitscherten lautstark und ließen sich auf einer goldenen, mit bernsteinfarbenen Edelsteinen besetzten Gardinenstange nieder.
    Gystia richtete sich auf. Von einem Moment zum nächsten hatte sie ihn vergessen. »Kommt her, meine Schönen!«, sagte sie und lockte die rotschnabeligen Vögel mit einer Serie seltsamer Zischlaute an. Einer ließ sich auf ihrer Rechten nieder, rieb sein Köpfchen an ihrer Wange. »Was hast du mir zu sagen?«
    Ein schrilles Gezwitscher hob an. Gystia lauschte ihm gebannt, als könnte sie alles verstehen, und allmählich erhielten ihre Wangen und ihre Spitzglatze einen dunklen Teint. »Das hört sich interessant an.« Sie runzelte die Stirn. »Allerdings hätte ich gern mehr gewusst. Warum könnt ihr den Schutzzauber des alten Zausels noch immer nicht durchdringen? Molehibbon ist uralt; seine Kräfte schwinden zusehends. Und dennoch ...«
    Ihre Stimme besaß einen besonderen Klang. Sie war anders als gestern. Leise, melodiös und irgendwie einfühlsam.
    Finn tastete nach ihr und streichelte über ihren Rücken. Muskelstränge zeichneten sich unter der Haut ab, und seine Berührung bewirkte, dass sie verkrampfte.
    Du meine Güte! Was hatte er getan? Sie hatte ihm untersagt, ihren Körper ohne ausdrückliche Erlaubnis anzugreifen.
    Finn zog die Hand zurück und schloss die Augen. Er ahnte, dass ihn eine Bestrafung erwartete - und war überrascht, als kein Schlag, kein Gefauche und kein Gekratze kam.
    »Mach weiter damit!«, forderte ihn die Dame mit samtener Stimme auf. »Es tut gut.«
    Finn kraulte ihren Rücken. Streichelte und massierte. Setzte sich auf, hauchte über ihren Hals und sah zu, wie sich eine Gänsehaut bildete. Wie sie ein weiteres Mal erschauderte und seinen Zärtlichkeiten, dem Druck seiner Hände nachgab.
    Gystia ließ den Vogel frei, seufzte und ließ sich fallen, hin zu ihm. Sie sah ihn an. Mit einem fordernden, irgendwie liebevoll wirkenden Blick. »Du bist seltsam«, sagte sie leise. »Man hat mich vor dir gewarnt. Offenbar hab ich diese Warnungen nicht ernst genug genommen.«
    Sie küsste ihn. Ihre Zunge füllte seinen Mundraum aus und verbreitete jenen süßlichen Geschmack, den er bereits während der Nachtstunden gekostet hatte.
    »Die Leute rings um uns ... sie sehen uns«, stammelte Finn.
    »Mag sein. Lass ihnen doch den Spaß! Und nun tu, wofür ich dich gekauft habe, bevor ich mir das Gezwitscher der Fleisch-Mamsell fertig anhöre ...«

    Als Gystia in einen tiefen, ruhigen Schlaf fiel, zog Finn sich zurück. Die Fühler der Bettunterlage ließen ihn los; sie fühlten wohl, dass ihre Herrin derzeit keiner weiteren Unterhaltung bedurfte.
    Brisly erwartete ihn in gehörigem Respektsabstand und musterte ihn von oben bis unten. Die Außenwände waren mittlerweile wieder abgedunkelt; der Gnom zog ihn in eine weitere Nische, die bislang nicht da gewesen war.
    »Was hast du mit der Herrin angestellt?«, fragte er, zog sich einen riesigen Batzen Schmalz aus dem Ohr und begann, lustlos darauf herumzuknabbern. »Ich habe sie niemals zuvor für länger als ein paar Stunden in einer derart gelösten Stimmung erlebt.«
    »Das heißt: Sobald sie wieder aufwacht, muss ich mit dem Schlimmsten rechnen?«
    Brisly zögerte - und tastete dann nach Finns Stirn, als müsste er seine Temperatur messen. »Bleib ruhig, junger Mensch, und atme ganz normal weiter. Lass mir ein wenig Zeit.« Er ließ die Zunge weit heraushängen, verdrehte die Augen und

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