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Schattenlord 4 - Der Fluch des Seelenfängers

Titel: Schattenlord 4 - Der Fluch des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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verrückt, doch der wies auf seine zur Stummheit gezwungenen Kinder, und Laura versicherte mit glühenden Wangen, dass sie es schaffen würde.

    Kramp holte sie pünktlich ab. Das Deck war nun voller Matrosen, die Laura mit einer Mischung aus Mitleid und Faszination betrachteten. Und Neid, weil sie die Kabine des Kapitäns betreten durfte, ein ungeheures Privileg, das bisher nur zwei Personen innehatten: der Steuermann und der Schiffsjunge.
    So wurde Laura ins Allerheiligste geführt, und sie war erstaunt, wie gemütlich es hier war.
    Ein sehr großer Raum, der den ganzen Heckbereich einnahm, hell durch die großen Fenster, mit Schnitzverzierungen an der Umwandung und einer Einrichtung, die man keinesfalls bei einem Untoten erwartet hätte.
    »Es ist alles gepflegt, weil ich es kaum benutzen muss«, sagte Barend Fokke, der sie an einem kleinen Tisch, auf dem das Schachbrett gerade Platz fand, erwartete. »So war es ursprünglich aus einem bestimmten Grund eingerichtet worden, und ich habe es belassen, in Erinnerung an bessere Zeiten.«
    Also doch tragisch?
    Der Kapitän entzündete eine langstielige Pfeife, und wohlriechender Tabakduft stieg auf. »Den Geruch kann ich noch wahrnehmen, und er sättigt mich. Alles andere, was du siehst, kannst du zu dir nehmen, ich aber nicht. Ich habe es nur zum Anschauen da.«
    »Äpfel«, murmelte Laura und musste an den Film denken. Wie sehr sich Realität und Fantasie doch manchmal ähnelten. Und wie sehr sie sich auch wieder unterschieden. Kein Filmbösewicht konnte auch nur annähernd dieses innere Grauen auslösen wie dieser untote Kapitän mit seinem Schiff; die beiden gehörten zusammen.
    Sie setzte sich, ohne etwas von dem Angebotenen zu nehmen, und betrachtete das Brett und die Figuren darauf. Fein geschnitzt aus Elfenbein und Ebenholz, das Brett aus kostbarem Nussbaumholz mit Intarsien aus Weiß, die wie Perlmutt schimmerten. Es sah aus wie neu.
    »Sie benutzen es wohl nicht oft, Herr Kapitän?«, fragte sie.
    »Ich spiele zumeist mit Kramp, da wird nicht viel abgenutzt«, erwiderte er. »Manchmal suche ich mir Seelengegner.«
    Laura lauschte in sich hinein und hörte tatsächlich das hauchfeine Wispern der Geister. Und dann vernahm sie etwas Verständliches.
    Dies ist die zweite Prüfung, deshalb nutze sie wohl.
    Ihr rieselte es kalt den Rücken hinunter. Nun wusste sie, dass es wirklich die Obeah-Geister waren, denn sie stammten aus der Sphäre, die sie im Traum mit dem Mondelfen schon einmal betreten hatte und die sie einmal gespürt hatte, als sie Milt das erste Mal auf den Pfad gefolgt war.
    Bereits einige Wesen hatten von den Prüfungen gesprochen, die sie erwarten würden. Aber wohin sollten diese führen? Was stand am Ende, wenn sie alle bestanden haben sollte? Und was, wenn nicht?
    Nicht denken. Tu es.
    Also gut. Wie war es doch gleich? Bauer von d2 nach d4, klassische Weiß-Eröffnung.
    Es stimmte nicht, dass Laura noch nie Schach gespielt hatte. Hatte sie schon, als Kind mit ihrem Vater. Sie kannte also die Regeln und die Figuren, aber sie hatte keinerlei Übung. Es würde eine Weile brauchen, bis sie die auswendig gelernten Züge bildlich umsetzen und auch begreifen konnte.
    Mit uns wird es dir gelingen. Fokke ist eine Beleidigung, wir werden ihn nicht dulden.
    »Sind Sie ein Geist, Käpt'n?« Ja ja, beim Schach hatte man zu schweigen. Aber das hier war kein gewöhnliches Spiel nach strengen menschlichen Maßstäben; sie hatten auch keine Uhr.
    »Es muss wohl so sein«, antwortete er. »Niemand weiß genau, was ich bin, weder dies noch das, ich bin nicht tot, nicht lebendig, doch ich bin materieller als ein Geist.«
    Das stimmte, denn er besaß ein ordentliches Gewicht, wie man an seinem Schritt hören konnte. Er war greifbar, dennoch konnte er keine Nahrung zu sich nehmen, und er brauchte keinen Schlaf.
    Erstaunlich war, in welch hervorragendem Zustand seine maßgeschneiderte, teure Kleidung war. Das Samtwams mit den Seidenmustern darauf hatte es Laura besonders angetan. Wieso trug ein schauriges Wesen etwas so Schönes, fein Gearbeitetes?
    Er trug übrigens auch keine Waffen. Und dass er keinen Hut trug, überraschte sie am meisten.
    Schwarzer Bauer von e7 nach e6. Genau nach Lehrplan. Warum wohl? Kannte er das Spiel doch? Hoffentlich ging das so weiter!
    »Wie ist es in der Menschenwelt?«, stellte er die nächste Frage.
    Also dann, c2 nach c4. Hmm. Sollte das wirklich so sein? »Oh, wie immer, Herr Kapitän. Sie geht unter.«
    Nun Schwarz: f7 nach f5. Er

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