Schattenlord 4 - Der Fluch des Seelenfängers
du mir das deswegen?«
»Genau wie du war sie mehrmals nahe daran aufzugeben, doch sie hat es nicht getan. Und die Herausforderungen, die sie hatte, waren weitaus größer als die deinen.«
»Und was wurde aus ihr?«
Cwym lächelte. »Sie ist heute die Königin der Sidhe Crain, an der Seite ihres Gemahls Dafydd. Sie hat dem damaligen Kronprinzen durch ihre Liebe eine Seele geschenkt, was ihn einzigartig unter allen Herrschern macht. Sie haben einen Sohn und eine Tochter, der ganze Stolz von uns Elfen. Nadja Oreso hat uns die Zukunft geschenkt, unser Überleben und den Fortbestand unseres Volkes. Sie wird hoch verehrt von uns.«
Laura schwieg und starrte eine Weile auf den dunklen Tümpel. Nur gelegentlich blitzte eine kleine Welle im sanften Schein der Orchideen auf. Ab und zu plitschte es leise, und sie vermutete, dass es Frösche oder Kröten waren oder auch Fische, die an die Oberfläche kamen.
»Ist diese Nadja denn überhaupt ein Mensch gewesen? Das klingt mir alles sehr nach Überwesen.«
»Nun ... nicht ganz. Ihr elfischer Vater hat sich aus Liebe zu einer Menschenfrau entschlossen, zum Menschen zu werden.«
Hatte sie es doch geahnt. »Dann war sie immer besser dran als ich.«
»Weshalb? Sie gehörte zu zwei Welten«, sagte Cwym erstaunt. »Ein Mischblut.«
»Was in Innistìr weniger ein Schimpfwort ist als Reinblütige, um es mal festzustellen. Aber was ich sagen wollte: Ich gehöre zu keiner Welt.«
»Du bist ein Mensch, Laura, und gehörst in deine Welt, wohin du auch wieder zurückkehren wirst. Königin Nadja war lange hin- und hergerissen, ist es vielleicht heute noch manchmal.«
Laura schüttelte den Kopf. »Dann lass es mich so ausdrücken: Wenn ich das richtig verstanden habe, hatte Nadja immer jemanden, der sie liebt.«
»Ach, Liebe ...«, setzte der Elf an, doch Laura hob die Hand.
»Ich weiß, ihr Elfen kennt abgesehen von den genannten Ausnahmen keine Liebe, so viel habe ich inzwischen begriffen. Aber für uns Menschen ist sie sehr wichtig. Auch eine gute Freundschaft enthält Liebe. Und was Freundschaften sind, werdet ihr Elfen wohl kennen, oder ist euch auch das fremd?«
»Solche Unwesen sind wir denn doch nicht«, sagte Bathú ärgerlich. »Wir pflegen Freundschaft über alles.«
»Aber Nadja hat die Liebe eines Elfen errungen. Am Ende aller Mühsal und Opfer hatte sie etwas zu erwarten - eine Heimat, eine Familie.« Laura wandte sich dem Elfen zu. »Ich aber habe nichts zurückgelassen, verstehst du? Meine Eltern haben mich buchstäblich verstoßen. Alles, was ich in meinem Leben anpacke, geht schief. Meine Ungeschicklichkeiten sind dabei nur ein spaßiger Nebeneffekt. Wenn ich mir einen neuen Computer kaufe, raucht die Festplatte sofort nach dem Einschalten ab. Wenn ich einen Elektronik-Laden betrete, gibt es Alarm. Bestelle ich mir eine Pizza, verbrennt sie im Ofen. Diese Dinge ... passieren eben, ich falle auch über meine eigenen Füße, wenn ich jemanden beeindrucken will. Doch als ich mit Zoe auf die Bahamas geflogen bin, habe ich nur Trümmer zurückgelassen. Ich saß auf der Straße und wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Es gibt in meiner Welt nichts mehr, wohin ich zurückkehren möchte. Aber hier kann ich mir nichts aufbauen, weil ich in spätestens elf Wochen plus ein paar Tagen tot und aufgelöst sein werde, und meine Seele irrt dann durch die Zwischenwelt. Also sag mir, wofür ich eigentlich kämpfen soll!«
Cwym erwiderte ihren Blick kühl. »Hast du das nicht schon selbst beantwortet? Für deine Freunde, die sehr wohl etwas zu verlieren haben. Und wenn du der Schlüssel dazu bist, dann wirst du das auch durchziehen. Ich sehe das so, Laura: Du kannst hier weiter dein Schicksal beklagen und warten, bis du dich auflöst. Oder du kannst dich noch nützlich machen, damit wenigstens andere eine Zukunft vor sich haben.«
»Und das sagt ausgerechnet ein Elf?«
»Ja, verdammt noch mal! Denn ich werde meiner Aufgabe nachkommen, bis ich sie erfüllt habe oder tot bin. So ist das nun einmal.«
»Abgesehen davon, dass dieses Land hier ebenfalls zum Tode verurteilt ist, wenn die Schöpferin nicht mehr zurückkehrt.«
»Dann sorg dafür, dass es nicht passiert! Oder leg dich hier hin und stirb, mir ist es gleich. Aber sei uns nicht im Weg, verstanden?«
Bohnenstange stand auf und schritt ohne ein weiteres Wort davon.
Laura war zutiefst verletzt, voller Kummer und Wut zugleich. Maßregelungen brauchte sie jetzt ganz gewiss nicht! Und Zurechtweisungen hatte sie noch
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