Schattenlord 4 - Der Fluch des Seelenfängers
und ...
Ihr Herz fing an zu rasen, und sie verlor sich im Rausch, ließ sich in den Strudel hineinsaugen, versank ganz und gar ...
»He, nicht gleich ohnmächtig werden.« Milt flüsterte dicht an ihren Lippen, leise lachend, und hielt sie weiterhin fest in seinen Armen. »Mir ist ebenfalls schwindlig, also verlass dich nicht zu sehr auf mich ...«
»Ich weiß nicht, ob ich mich überhaupt auf dich verlassen kann«, sagte sie da.
Milt erstarrte und schob sie ein Stück von sich. »Was meinst du damit?«
»Du bist doch in Zoe verknallt ...«
»Komm schon, Laura, jeder ist in Zoe verknallt. Sie ist perfekt, sie ist begehrenswert, und ich bin ein Mann, kein Zombie.« Er strich mit einem Finger über ihre Wange. »Aber sie ist nicht du«, fuhr er sanft fort. »Du bist ... wundervoll. Deine Pfirsichhaut, deine merkwürdige Frisur, deine Anmut. Egal wie ramponiert du aussiehst, du bist einfach immer hübsch, und deine wunderschönen Augen strahlen, wenn du sie nach dem Aufwachen aufschlägst, bevor du dir deiner Lage bewusst wirst. In diesen wenigen Sekunden bist du nur ganz du selbst. Ein zauberhaftes Wesen. Das erkannte ich schon, als ich dich aus dem Wrack zog. Weißt du, dass deine Augenfarbe, Braungrün, als die Farbe des Glücks gilt?«
»Ich danke dir«, sagte sie leise. »Aber ... ich weiß nicht, ob ich schon die Kraft dafür habe. Noch eine Enttäuschung könnte ich jetzt einfach nicht ertragen.«
»Oh«, sagte er betroffen. Der Glanz in seinen dunkelgrünen Augen erlosch. Nur noch die Orchideen schimmerten und umgaben Laura und Milt mit einem romantischen Schein.
Es hätte kein besserer Moment sein können, alles war perfekt. Lauras Stimmung, das Ambiente und Milt, zu dem sie sich schon so lange hingezogen fühlte, ohne es sich aufrichtig eingestehen zu wollen ...
Milt ließ Lauras Schultern los, und für einen Moment sah es so aus, als wolle er sie stehen lassen und gehen.
Doch dann tat er etwas ganz anderes.
Er nahm Laura wieder in den Arm, sehr sanft, sehr behutsam. Sie konnte seinen kräftigen Herzschlag hören, als sie ihren Kopf an seine Brust legte.
»Lass es geschehen, wenn dein Herz es will, Laura.«
Sie rührte sich nicht, hielt die Wange an seine Brust gepresst und schloss die Augen. Ein Lichtschein in tiefer Dunkelheit. Aber noch hatte sie zu viel Angst, noch war die Wunde nicht ausreichend verheilt. Milt war seit dem Absturz immer für sie da gewesen, und er war ihr ein guter Freund. Aber ob sie bereit war, einen Schritt weiterzugehen ... das wusste sie nicht. Hatten sie denn überhaupt eine Chance?
Schließlich ließ Milt sie wieder los. »Komm, gehen wir zurück, die anderen machen sich bestimmt Sorgen. Aber ausnahmsweise einmal werden wir wohl eine ruhige Nacht haben.«
»Wir haben sie dringend nötig.« Die Wirkung der Mittel ließ allmählich nach, und Laura fing an, ihren Körper zu spüren. Und sie war sehr müde.
Milt nahm sie an der Hand, und sie gingen gemeinsam zurück.
6
Dungeons
and Dragons
D as ist grotesk!« Simon tigerte auf und ab, rüttelte ab und zu an den Gittern.
»Wird gleich einer Erdnüsse reinwerfen, wenn du so weitermachst«, brummte Cedric.
Der britische Programmierer ließ sich nicht beirren. »Das ist eine Parodie! Eine neue Version des Dschungelcamps: Das Drachenverlies - holt mich hier raus, ich bin im falschen Film!«
»Irgendwie ist es schon eine Art Karikatur mit uns als lebenden Modellen«, sagte Karen. Die junge Liechtensteinerin strich sich durch die ungeordneten Haare. »Ich kenne diese Spiele von meiner kleinen Schwester, die die halbe Nacht World of Warcraft zockt. Die meisten Kerker sehen so aus wie dieser hier.«
»Oder wie im Film«, stimmte Reggie zu, der Afroamerikaner aus Miami.
Cedric hatte sich in einer Ecke niedergelassen und gegen die feuchtkalte Mauer gelehnt. »Dann stellt euch besser auf den Filmtitel Willkommen in der Wirklichkeit ein«, sagte er bärbeißig. »Mag sein, dass Alberich sich architektonisch von seinem langen Leben unter den Menschen beeinflussen ließ, aber das hier ist jedenfalls alles echt und kann nicht auf Tastendruck oder per Mausklick entfernt werden.«
Die gazellenhafte Anais rümpfte die Nase. »Das kann man schwerlich weginterpretieren.«
Kein Wunder. Das Verlies lag in einem langen, düsteren, feuchten Gang, grob aus dem Fels gehauen, vom Licht flackernder Fackeln schattenhaft erhellt. Die Verlieskammern waren mehr Höhlen, an der Vorderseite mit Gittern gesichert. Es mochten dreißig oder
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