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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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trugen, und die Pfeifen der Iolair.
    »Vielleicht haben wir ja Glück und finden irgendwo Wasser.« Laura sah sich um, als hoffte sie, einen Bach zu finden.
    Wir verlassen uns immer öfter auf unser Glück, dachte Finn.
    Es wurde wärmer, je tiefer sie kamen, und schließlich sogar heiß. Kurz bevor sie den Berg verließen, entdeckten sie sogar ein schmales Rinnsal, das aus den Felsen floss und im Boden versickerte, aber das Wasser war so verschlammt, dass sie es nicht trinken konnten. Also tauchten sie nur die Hände hinein, um sich ein wenig abzukühlen.
    Es war noch Vormittag, als sie den Fuß des Berges erreichten und dem Weg weiter durch das Tal folgten, doch die Sonne brannte bereits auf Finns Haut. Er war durstig und hungrig, aber da sie nichts besaßen, womit er daran etwas hätte ändern können, schwieg er.
    Der Boden des Tals bestand aus einem groben harten Lehm, den die Sonne getrocknet hatte. Risse zogen sich in komplizierten Mustern durch ihn, es musste ab und zu regnen, sonst wären sie nicht entstanden, aber der Himmel über Finn war diesig und wolkenlos.
    »Guckt mal«, sagte Nidi. Ihn schien die Hitze als Einzigen nicht zu stören. Er hüpfte neben etwas auf und ab, was für Finn wie ein winziger grüner Trieb aussah. »Das kann man vielleicht essen.«
    Ich bezweifle das, dachte er, ging aber trotzdem näher heran. Der Trieb war so breit wie ein Finger und ragte aus einem Riss zwischen zwei Lehmplatten. Finn ging in die Hocke und berührte die Pflanze vorsichtig. Als nichts geschah, zog er daran. Sie war viel länger, als er geglaubt hatte. Mehr als einen Meter weit konnte er sie aus dem Riss ziehen und an ihrem Ende, dort, wo tropfnasse braune Wurzeln hingen, war sie so dick wie sein Oberarm.
    »Da unten ist Wasser«, sagte Milt. »Wahrscheinlich die Reste der letzten Regenzeit, wenn es hier so etwas gibt.«
    Finn nickte. Er nahm den langen grünen Pflanzenstängel in beide Hände und brach ihn auseinander. Milchige Flüssigkeit lief über seine Haut. Sie war kühl und roch ein wenig nach Kokosnuss. Einen Moment zögerte er, dann leckte er an der Bruchstelle.
    »Bist du verrückt?«, fuhr Laura ihn an. »Das könnte giftig sein.«
    »Wir müssen das Risiko eingehen, sonst verdursten wir.« Ein angenehm süßlicher Geschmack breitete sich auf Finns Zunge aus. Er hielt sich die eine Hälfte der Pflanze an den Mund und begann zu trinken. Schon nach wenigen Schlucken war sein Durst gestillt. Probeweise biss er in das helle Fruchtfleisch. Es war fest, saftig und schmeckte ein wenig nussig. »Das ist gut«, sagte er kauend. »Danke, Nidi.«
    »Gern geschehen.« Der Schrazel schien die Auseinandersetzung auf dem Berg bereits vergessen zu haben.
    »Egal, wie gut es schmeckt«, wandte Milt ein, »du weißt nicht, was du da isst.«
    »Ist mir klar, aber ich schlage vor, dass wir den Rest der Pflanze mitnehmen, und wenn ich in ein paar Stunden noch lebe, könnt ihr euch auch bedienen.«
    Er wusste nicht, weshalb er das Risiko so locker nahm. Vielleicht lag es daran, dass er noch am Morgen dem Tod ins Auge geblickt und überlebt hatte. Ein Teil von ihm hielt sich nun für unbesiegbar. Das Gefühl würde vergehen, er hatte es nicht zum ersten Mal, doch bis es so weit war, wollte er es genießen.
    Es gab keine Wegweiser in dem öden Tal und nichts, anhand dessen sie ihre Geschwindigkeit hätten messen können. Finn hatte den Eindruck, dass sie kaum vorankamen und der Berg hinter ihnen noch so nah wirkte wie Stunden zuvor. Nur der Stand der Sonne verriet, dass überhaupt Zeit verging.
    »Und?«, fragte Laura nach einer Weile. »Geht es dir noch gut?«
    Finn nickte. »Alles okay.«
    Lauras Lippen waren aufgesprungen, sie hatte Durst. Aber sie dachte sicherlich auch an die Worte der Iolair, die sie vor dem sich ständig ausbreitenden Gift Alberichs gewarnt und sie gebeten hatten, keine Früchte zu pflücken, die nicht auch die Einheimischen aßen.
    »Völlig egal«, sagte Laura, so als hätte sie eine innere Diskussion beendet. Sie nahm die Pflanze, trank daraus, aß etwas und reichte sie Milt.
    »Willst du als Einziger überleben?«, fragte sie lächelnd, während Pflanzensaft über ihr Kinn rann. Nidi hatte schon längst von der Pflanze probiert.
    Milt verzog zwar das Gesicht, schloss sich dann aber Laura an. Finn glaubte zu sehen, wie seine Kraft zurückkehrte.
    Sie gingen weiter, besser gelaunt als zuvor, doch immer noch ziellos. Der Weg war zwischen den aufgesprungenen Lehmplatten kaum noch zu erkennen, und

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