Schattenlord 7 - Das blaue Mal
Wundheilerinnen, um die Eulenkratzer zu behandeln? Die Pflegerinnen mit den Korkensaugern?« Lirla gab ihre Anweisungen, und die Elfen gehorchten, ohne mit der Wimper zu zucken. Die Macht der Syndicatin war größer, als Zoe geahnt hatte. Im Oberpalast geschah offenbar nichts ohne Anweisungen der Blondine.
Sie ließ sich in einen engen, mit Kerzenlicht ausgeleuchteten Raum bringen, in dessen Zentrum glühende Steine lagen. Eine Elfe goss gerade Flüssigkeit darüber. Dampfwolken stiegen empor, sie brachten den Geruch nach ätherischen Ölen mit sich.
Zoe ließ sich widerstandslos auf eine hölzerne Liege betten. Frauen streichelten, bürsteten und striegelten ihren Körper, während ihr Haar gewaschen und ihr der Schweiß aus dem Gesicht getupft wurde. Man legte heiße Tücher über ihre Augen, sanfte Finger massierten die Schläfen. Zig Hände berührten sie da und dort. Zoe glitt in eine unerklärliche Schläfrigkeit, die sie niemals zuvor gekannt hatte.
Ihre Schenkel kribbelten. Jemand - oder etwas! - berührte sie, der ganz gewisse kein Elf war.
»Es sind die Korkensauger«, flüsterte Lirla in ihr Ohr. »Du brauchst keine Angst zu haben. Sie werden dich pfleglich behandeln und Schadstoffe aus deinem Fleisch saugen. In nur wenigen Stunden fühlst du dich wie neugeboren.«
Der Druck auf ihren Schenkeln wurde stärker. Er begann zu schmerzen. Da ging etwas nicht mit rechten Dingen zu! Sie fühlte Flüssigkeit auf ihrer Haut. Blut, das in breiten Bahnen zu Boden tropfte. Und immer wieder diese schleimigen, ätzenden Berührungen, fordernd und aggressiv. Etwas, das sich in ihr Fleisch bohrte, an vielen Stellen, das sie von innen aufzufressen drohte!
Zoe wollte schreien, doch sie fand keine Kraft dazu. Die bleierne Müdigkeit ließ sich nicht bekämpfen; ein fremder Geist hatte sie fest im Griff und machte, dass sie sich immer mehr der Lethargie ergab.
Zoe trieb dahin, in einem sonderbaren Reich zwischen Wachsein und Bewusstlosigkeit. Lirla redete indes auf sie ein. Sie sagte Dinge, die sie nicht verstand und die sie dennoch berührten. Diese Worte blieben in ihrem Kopf verankert wie Befehle, die irgendwann einmal in ihr Bewusstsein zurückkehren und sie zwingen würden, Dinge zu tun, die sie gar nicht wollte.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Zoe wieder Herrin ihrer Sinne war. Man hatte sie aus der Dampfkammer gebracht, ohne dass sie es bemerkt hätte. Sie ruhte in einem Himmelbett. Der Himmel bestand aus luftigem Stoff, der seltsame, verwirrende Symbole zeigte.
»Lirla?«, krächzte sie und kam mühsam hoch. Niemand antwortete, niemand reagierte. Sie war allein. Durch ein Bullauge fiel mattes Licht, in der Ferne gurrte ein Vogel.
Zoe goss Wasser aus einer bereitstehenden Karaffe in ein fein geschliffenes Glas und trank gierig. Ihre Kräfte kehrten rascher als befürchtet zurück. Schon nach wenigen Minuten fühlte sie sich bereit, aufzustehen. Sie schlug die Leinendecke beiseite - und starrte entsetzt auf ihre Beine. Sie waren von kreisrunden Narben übersät, deren Ränder mit hässlichem Schorf belegt waren.
»Die Korkensauger mussten sehr tief gehen, um alle Verunreinigungen zu beseitigen«, sagte jemand in unmittelbarer Nähe.
Zoe zuckte zusammen. Sie zog die Beine eng an den Körper und sah sich um, bereit, aufzuspringen und sich zu verteidigen.
Da stand ein Geschöpf, so dünn, dass es hinter einem der Eckpfosten kaum zu entdecken gewesen war. Nun trat es vorsichtig ins Licht des Bullaugenfensters, die Hände abwehrend vor sich gestreckt. »Ich wollte dich nicht erschrecken, Herrin«, sagte das Wesen. »Ich bin Aramie. Ich werde während der nächsten Tage nicht von deiner Seite weichen und dafür sorgen, dass es dir an nichts mangelt. Du kannst mir vertrauen.«
Vertrauen ... wie fremd ihr dieses Wort geworden war! Während der letzten Wochen war sie von einem Abenteuer ins nächste gestolpert, hatte Menschen sterben und Freunde zu Feinden werden sehen. Man hatte sie entführt, wegen dieses Blauen Mals, das ihr in einem Bad von einer Unbekannten auf die Stirn gezeichnet worden war. Sie war in einer endlosen Kette an Erlebnissen von einem Ort zum nächsten weitergereicht worden. Man hatte sie als Sklavin behandelt, und hier, in Dar Anuin, hatte Laycham sie an Baran übergeben, Baran an Lirla, Lirla an Aramie ... Allesamt hatten sich ihre ... Betreuer seltsam verhalten, hatten ihr Befehle erteilt, sie gedemütigt und verunglimpft.
Das Wort »Vertrauen« ergab längst keinen Sinn mehr.
»Sag
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