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Schattenmacht

Schattenmacht

Titel: Schattenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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Besteck hin. Sie überlegte kurz und suchte nach den richtigen Worten. »Ich weiß, dass du nicht darüber reden willst«, sagte sie. »Aber es geht nicht anders. Du bist etwas Besonderes. Du hast diese Kraft. Ich weiß, dass dir das nicht gefällt. Aber du kannst sie einsetzen, um Scott zu finden.« »Wie?«, fragte Jamie, doch er ahnte bereits, worauf sie hinauswollte.
    »Wir finden einen dieser Männer – Banes oder den anderen –, und du gehst zu ihm und fragst, wo dein Bruder ist. Einfach so. Natürlich wird er es dir nicht sagen. Aber das spielt keine Rolle, stimmt’s? Weil du seine Gedanken lesen kannst. Du wirst die Antwort bekommen, auch wenn er dir keine Antwort gibt.«
    »Nein!« Jamie ballte die Hände zu Fäusten. Er hatte seine Weigerung herausgeschrien, und die beiden Leute am Nebentisch drehten sich jetzt neugierig zu ihm um. Doch so leicht gab Alicia nicht auf. »Warum nicht?«, fragte sie.
    »Was ist los mit dir? Hast du eine bessere Idee?«
    »Ich werde es nicht tun«, sagte Jamie. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen, und er atmete so schwer, dass sich seine Schultern hoben und senkten. »Das habe ich dir doch schon gesagt. Ich will nicht darüber reden.«
    »Und was ist mit Scott?«
    »Scott ist dir doch egal. Wir sind dir beide egal. Du benutzt mich doch nur, um Daniel zu finden.«
    Er hatte diese Worte kaum ausgesprochen, da bedauerte er sie auch schon. Aber es war zu spät. Alicia sah ihn an, als hätte er ihr gerade mitten ins Gesicht geschlagen. »Das ist nicht fair«, sagte sie leise. »Daniel ist mein Sohn, das stimmt. Natürlich will ich ihn finden. Aber glaubst du wirklich, dass ich dich nur benutze? Glaubst du, dass ich dich sitzen lasse, sobald ich meinen Jungen habe?« Sie verstummte und fuhr langsamer fort. »Ich kann nicht einmal sagen, ob er von denselben Leuten entführt worden ist. Wir wissen, dass Nightrise in Reno war. Aber es gibt keinen Beweis, dass diese Leute vor acht Monaten auch in Washington waren. Vielleicht klammere ich mich nur an einen Strohhalm, und Danny wurde bereits am Tag seines Verschwindens ermordet. Aber das wird mich nicht daran hindern, nach Scott zu suchen. Wir stehen diese Sache zusammen durch.« »Ich kann trotzdem nicht tun, was du verlangst«, wiederholte Jamie.
    »Gut.« Alicia saß da wie erstarrt. »Dann lass uns nach Hause fahren.«
     
    Schweigend fuhren sie zurück. Alicia sagte erst etwas, als sie an einer Kreuzung ein großes Plakat entdeckte. Es zeigte einen Mann in einem Freizeithemd, der an einem Tor oder Zaun lehnte. Das Foto sah aus wie ein Schnappschuss aus einem Familienalbum. In großen Buchstaben stand über dem Foto:
     
    EIN EHRLICHER WECHSEL.
     
    Und darunter:
     
    SENATOR JOHN TRELAWNY SPRICHT IM KONGRESSZENTRUM. 22. JUNI, 20:00 UHR.
     
    »Das ist übermorgen«, stellte Alicia fest. »Ich wusste gar nicht, dass er nach Los Angeles kommt.«
    Jamie wunderte sich, warum sie das interessierte, und sah sie fragend an.
    »Ich habe für ihn gearbeitet«, erinnerte sie ihn. »Genau genommen tue ich es noch.«
    »Ich dachte, du hättest gekündigt.«
    »Das wollte ich. Aber er hat darauf bestanden, mich zu beurlauben… bis ich Danny gefunden habe. Ich bekomme immer noch jeden Monat mein Gehalt. Deshalb kann ich es mir leisten, nicht aufzugeben.«
    Alicias Schwester gehörte ein hübsches Haus im spanischen Stil – eines von fünf gleichen Häusern in einer Reihe. Im Vorgarten standen blühende Kübelpflanzen, und die Wände waren mit Efeu bewachsen. Zwei Katzen lagen in der Sonne, und die Luft duftete nach Blüten. Das Haus war eher schlicht. Ein Wohnzimmer, eine Küche, zwei Schlafzimmer und ein Bad – alles einfach eingerichtet. Ventilatoren sorgten für Kühlung; eine Klimaanlage gab es nicht. Zwei gerahmte Reiseplakate und das Modell eines alten Doppeldeckers auf dem Kaffeetisch waren der einzige Hinweis darauf, dass das Haus einer Flugbegleiterin gehörte.
    »Möchtest du etwas trinken?«, fragte Alicia.
    »Nein, danke.«
    »Willst du dich eine Weile hinlegen? Du kannst auch fernsehen…«
    Jamie sah sich um. »Wie heißt deine Schwester?«
    »Caroline.«
    »Steht ihr euch nahe?«
    »Wir sehen uns, wann immer wir können.«
    Jamie und Alicia standen im Wohnzimmer. Beide waren verlegen. Dies war nicht ihr Haus. Und beide hatten die Ereignisse, die sie zusammengebracht hatten, noch nicht verarbeitet. »Hör mal, es tut mir leid«, murmelte Jamie. »Was ich im Restaurant gesagt habe, war gemein. Ich weiß,

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