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Schattenmacht

Schattenmacht

Titel: Schattenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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einen zweiten Pfeil gegen den Türrahmen knallen. Dann war er draußen auf dem Korridor und rannte, so schnell er konnte.
    Ihm war klar, dass er nicht den Fahrstuhl nehmen konnte. Selbst wenn einer mit offenen Türen auf ihn warten sollte, würden sie ihn anhalten, bevor er unten ankam. Deswegen rannte Jamie in die andere Richtung. Die Feuertreppe. Neunundvierzig Stockwerke bis zur Straße, aber er musste nur unter den fünfundvierzigsten kommen, denn da war das Reich von Nightrise zu Ende, und er würde in Sicherheit sein.
    Einer der Manager versuchte, ihn aufzuhalten. Jamie sah einen Mann im Anzug mit gespreizten Beinen und ausgebreiteten Armen im Korridor stehen, als wartete er auf eine Umarmung. Jamie schlug dem Mann mit aller Kraft in den Magen und sprang an ihm vorbei, als er nach Luft japsend auf den Boden sank. Die Notausgangstür lag direkt vor ihm. Plötzlich waren überall Leute, aber niemand bewegte sich, weil alle hofften, einer der anderen würde etwas unternehmen. Hinter sich hörte Jamie, wie Banes Befehle brüllte. Jamie stieß die Tür auf und rannte hindurch.
    Sofort ging Alarm im gesamten Gebäude los, die Luft explodierte in einem Chaos aus Sirenen und Glocken. Jamie fragte sich, ob die Tür an das Alarmsystem gekoppelt war und ob er den Alarm ausgelöst hatte. Aber das war unmöglich. Er hatte die Tür schon einmal benutzt. Es musste also Alicia gewesen sein, die sofort nach ihrem Anruf bei Banes die Feuerwehr alarmiert hatte.
    Jamie raste die Treppe hinunter. Unter sich hörte er Türen aufschlagen. Nightrise teilte sich das Gebäude mit mindestens einem Dutzend anderer Firmen, die jetzt alle evakuiert wurden. Vor ihm war die Treppe bereits überfüllt. Jamie versuchte, sich einen Weg durch die Menschenmassen zu bahnen, aber es dauerte trotzdem ewig, bis er endlich unten ankam. Als er auf die Straße hinausstürzte, waren Polizisten und Feuerwehrleute schon auf dem Weg ins Gebäude, um nach Anzeichen eines Brandes zu suchen. Auf dem Bürgersteig hatten sich mittlerweile zwei- oder dreihundert Leute versammelt. Unter ihnen herrschte einhellig die Meinung, dass es nur ein Fehlalarm war.
    Jamie rannte über die Straße. Alicia wartete im Auto auf ihn.
    »Hast du es?«, fragte sie.
    »Lass uns fahren…« Jamie war außer Atem. Sein Herz hämmerte. Außerdem fühlte er sich schmutzig, denn Banes’ Erinnerungen hingen noch an ihm. Er wollte sie von sich abschütteln, und dazu musste er weit weg.
    Sie fuhren los, umkreisten das Gebäude und machten sich dann auf den Rückweg zum Haus in West Hollywood. Alicia sah Jamie kurz an, sagte aber nichts. Vielleicht verstand sie, dass er jetzt nicht reden wollte.
    Dann klingelte ihr Handy.
    Sie sah es einen Moment lang an. Niemand wusste, dass sie in Los Angeles war – außer ihrer Schwester, und die war wahrscheinlich gerade in der Luft. Also wer…? Eine Nummer erschien auf dem Display, die Alicia schlucken ließ. Sie hatte keine Wahl. Sie nahm das Gespräch an.
    »Sie haben mich vor wenigen Minuten angerufen«, sagte Colton Banes. »Ich vermute, ich spreche mit Mrs Alicia McGuire.«
    Alicia fuhr an den Straßenrand und hielt an.
    Natürlich hatte sein Telefon ihre Nummer angezeigt. Aber woher hatte er ihren Namen? Das war wahrscheinlich einfach gewesen. Nightrise war ein riesiges Unternehmen, das sicher überall seine Quellen hatte.
    »Was wollen Sie?«, fragte Alicia.
    Jamie hörte die Stimme am anderen Ende und wusste sofort, mit wem sie sprach. Er konnte jedoch nicht verstehen, was Banes sagte.
    »Sie haben einen Sohn«, sagte er.
    Alicia erstarrte.
    »Wir wollen Jamie Tyler. Ihnen bedeutet er nichts. Wenn Sie Ihren Sohn jemals wiedersehen wollen, geben Sie ihn uns. Das ist ein ganz einfacher Deal, Mrs McGuire. Sie geben uns diesen Jungen, und wir geben Ihnen Ihren. Aber dieses Angebot gilt nur jetzt. Wenn Sie ablehnen, sehen Sie Daniel nie wieder.«
    Alicia atmete nicht. Jamie spürte, dass etwas Schreckliches passiert war. Sie umklammerte das Telefon, als wollte sie es zerquetschen. Schließlich sprach sie.
    »Fahr zur Hölle, du Bastard!«, zischte sie.
    Sie beendete das Gespräch. Dann schaltete sie das Telefon aus und warf es auf den Rücksitz, als hätte es sie gebissen.
    »Was wollte er?«, fragte Jamie.
    »Er wollte Daniel gegen dich eintauschen«, sagte Alicia.
    Jamie wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Ihm war klar, was sie denken musste. Dazu brauchte er ihre Gedanken nicht zu lesen.
    Aber als sie ihn wieder ansah, lächelte sie,

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