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Schattenmacht

Schattenmacht

Titel: Schattenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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liegen.
    Jamie wusste nichts von den Alten, den fünf Torhütern, dem Kampf, der vor Tausenden von Jahren stattgefunden hatte, oder der Rolle, die er dabei spielen sollte. Er wusste nichts von einem Steinkreis namens Raven’s Gate oder dem zweiten Tor, das einst in der Nazca-Wüste in Peru errichtet worden war. Er wusste auch nicht, dass es Mitternacht am 24. Juni war – dem Tag, der als Inti Raymi bekannt war.
    Und das zweite Tor hatte sich gerade geöffnet.

25. JUNI
    Nazca-Wüste, Peru
    Der Jeep raste über die Ebene. Er zog eine solche Staubwolke hinter sich her, dass es im Mondlicht aussah, als würde er brennen. Die Scheinwerfer waren zwar eingeschaltet, aber sie verloren sich in der unendlichen Leere der Nazca-Wüste. Es war drei Uhr am 25. Juni, dem Tag nach Inti Raymi. Die Nacht war ungewöhnlich kalt, selbst für eine Wüste, in der die Temperaturen bei Sonnenuntergang um zehn Grad fallen konnten. Auch das Mondlicht sah anders aus als sonst. Es wirkte hart und irgendwie unnatürlich – als hätte es gerade einen schrecklichen Sturm gegeben.
    Am Steuer des Jeeps saß eine Frau. Ihr Name war Joanna Chambers, und sie war Professorin für Anthropologie. Ihr Spezialgebiet waren die geheimnisvollen Nazca-Linien. Sie war groß und liebte es, die verrückte Professorin zu spielen. Sie sagte immer, was sie dachte, und war manchmal ausgesprochen unhöflich. Im Moment allerdings war sie eher ängstlich, und ihre Hände umklammerten das Lenkrad. Sie starrte nach vorn und fürchtete sich vor dem, was sie erwartete.
    Sie war nicht allein. Bei ihr im Wagen saß ein Engländer. Es war Richard Cole, der Journalist, der bei Matt Freeman – dem ersten der Fünf – gewesen war, als er das Geheimnis von Raven’s Gate in Yorkshire entdeckt hatte, und der dann mit Matt nach Peru gereist war. Er sah erschöpft aus, ausgezehrt und noch heruntergekommener als sonst. Richard hatte einen langen Weg zurückgelegt – in jeder Hinsicht –, seit er und Matt sich in einer schäbigen Zeitungsredaktion in Greater Malling zum ersten Mal begegnet waren. Zu jener Zeit war es Richards Aufgabe gewesen, Artikel über Hochzeiten und Beerdigungen zu schreiben… Doch dann hatte Matt ihm eine Welt voller unmöglicher Dinge gezeigt: Dinosaurierskelette, die plötzlich lebendig wurden, Hexen und Dämonen, verloren geglaubte Kulturen und geheimnisvolle Städte, verborgen in den Bergen von Peru. Und jetzt das. Es sah aus, als hätten ihre Abenteuer ein schreckliches Ende genommen. Matt konnte tot sein. Diesmal hatten sie nicht gewonnen.
    »Wir sind fast da«, sagte Professorin Chambers. Sie warf einen kurzen Blick auf Richard, der sie anscheinend nicht gehört hatte. »Das alles ist meine Schuld«, fuhr sie fort. »Hätte ich das alles nur früher herausgefunden, dann hätten wir mehr Zeit gehabt…«
    »Es ist nicht Ihre Schuld, sondern meine.« Richard holte tief Luft. »Ich hätte sie niemals allein in die Wüste gehen lassen dürfen. Matt und Pedro. Sie sind doch noch Kinder!«
    »Es war ein zweisitziger Hubschrauber, und sie saßen schon zu dritt drin. Für eine vierte Person war kein Platz.«
    »Ich hätte sie nicht gehen lassen dürfen. Die Inka haben uns gewarnt. Sie haben gesagt, dass einer von ihnen sterben würde…«
    »Sie haben gesagt, dass einer von ihnen sterben könnte. Und Sie wissen genau, dass Matt kein normales Kind ist. Er ist einer der Fünf. Genau wie Pedro. Sie sollten mehr Vertrauen in die beiden haben.«
    Aber als sie weiterfuhren, wurde deutlich, dass etwas Schreckliches passiert war. Der Boden war aufgerissen und die gesamte Landschaft verwüstet. Im peruanischen Radio war bereits von einem Erdbeben die Rede gewesen, aber Richard Cole und Professorin Chambers wussten, dass das nur ein Teil der Wahrheit war. Matt war losgezogen, um Diego Salamanda in seinem fahrbaren Labor aufzuhalten, aber offensichtlich war er zu spät gekommen. Das zweite Tor hatte sich geöffnet.
    Das wusste Richard auch ohne einen Blick auf die aufgewühlte Erde. Er spürte es in der Luft. Jenseits der Berge blitzte es immer wieder, und das Licht tat seinen Augen weh. Ihm war übel.
    »Da!«, rief Professorin Chambers und riss das Lenkrad herum.
    Die Scheinwerfer des Jeeps waren über das Wrack des Hubschraubers gehuscht, das zur Hälfte vergraben im Wüstenboden steckte. Zwei der Rotorblätter fehlten, die beiden anderen waren gebrochen. Das Heck war in zwei Teile zerborsten und das Cockpit nur noch ein Gewirr aus zerplatztem Glas und

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