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Schattenmacht

Schattenmacht

Titel: Schattenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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Wenn sie den Jungen hinausbrachten, mussten sie diese Straße nehmen. Und er hatte recht gehabt. Er konnte Jamie deutlich sehen. Er stand aufrecht da und hielt sich an der Metallstrebe hinter der Fahrerkabine fest. Er war ein perfektes Ziel, fast wie diese Pappfiguren auf dem Schießstand, auf dem Banes regelmäßig trainierte.
    Er feuerte.
    Jamie hörte den Schuss und spürte die Kugel in seinen Rücken einschlagen, weit oben, neben seiner Schulter. Es war, als hätte ihm jemand mit einem glühenden Messer in den Rücken gestochen. Seine ganze Kraft verließ ihn. Seine Beine gaben unter ihm nach, und er fiel auf Daniel. Er hatte die Augen nicht geschlossen, aber plötzlich war alles um ihn herum schwarz. Er hörte Joe etwas rufen, aber das Ende des Satzes bekam Jamie nicht mehr mit. Er konnte auch den Boden der Ladefläche unter sich nicht mehr fühlen. Er fühlte gar nichts.
    Colton Banes war noch nicht fertig. Er hatte den Jungen zwar fallen sehen, aber ihm blieb noch genügend Zeit für einen zweiten Schuss. Er war zwar überzeugt, dass er den Jungen mit dem ersten Schuss erledigt hatte, aber sicher war sicher. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er die Waffe erneut hob und sorgfältig zielte.
    Er drückte jedoch nicht ab. Stattdessen hörte er etwas aus der Dunkelheit heransausen und taumelte nach hinten, ohne zu begreifen, was passiert war. Er sah an sich herab und stellte verblüfft fest, dass in seiner Brust ein Pfeil steckte, komplett, mit gefiedertem Schaft. Hatte der ihn gerade getroffen? Hatte einer dieser Leute wirklich eine so altmodische Waffe mitgebracht und damit auf ihn geschossen? Ein Wagen raste vorbei. Der junge Mann mit der Kriegsbemalung hing halb aus dem Fenster und jubelte. Er hatte den Bogen noch in den Händen.
    Einen Moment lang stand Banes nur da und merkte nicht einmal, dass seine Hand nach unten gesunken war und die Waffe nun Richtung Boden zeigte. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber es kamen keine Worte. Heißes Blut quoll über seine Lippen. Sein letzter Gedanke war, dass er nie damit gerechnet hatte, auf diese Weise zu sterben, und vor allem nicht so früh. Dann fiel er auf die Knie und kippte vornüber in den Wüstensand.
    Max Koring stand zitternd auf. Ein paar Aufseher schossen zwar noch, aber es war vorbei. Das letzte Fahrzeug der Angreifer war von der Wüstennacht verschluckt worden.
     
    Sonnenaufgang.
    Daniel McGuire wachte auf und musste feststellen, dass er auf einer dicken Wolldecke in einem runden Zelt lag, das hoch über ihm spitz zusammenlief. Die Wände schienen aus Leder zu bestehen und waren um ein Gerüst aus runden Stangen gelegt. Eine Klappe diente als Tür, und er konnte sehen, wie das Sonnenlicht durch die Ritzen fiel. Es war noch früh am Morgen. Im Zelt war es kühl, und das Licht schimmerte rötlich.
    Er hatte in seinen alten Klamotten geschlafen. Er blinzelte, reckte sich und kroch dann durch die Zeltklappe nach draußen. Er sah sofort, dass er in den Bergen war. Überall lagen riesige Felsbrocken herum. Das Zelt stand zwar auf einer ebenen Fläche, aber dahinter stieg das Land steil an. Und es war kein Zelt. Daniel schaute sich um und stellte fest, dass er die Nacht in einem indianischen Tipi verbracht hatte.
    Ein Mann saß mit gekreuzten Beinen vor einem kleinen Lagerfeuer und starrte in den Rauch, der daraus aufstieg. Daniel erkannte in ihm den Mann, der in der vergangenen Nacht geholfen hatte, ihn zu befreien. Wie hatte Jamie ihn genannt? Joe. Jetzt fiel Daniel alles wieder ein – wie Jamie plötzlich in seiner Zelle aufgetaucht war, der Stromausfall, die Schießerei, ihre wilde Flucht. Als er aufgewacht war, hatte er einen Moment lang gedacht, das alles wäre nur ein Traum gewesen, aber jetzt, wo er wach war, wusste er, dass es tatsächlich passiert war. Und Jamie…
    »Wo ist er?«, fragte er.
     
    Joe Feather drehte sich um. »Du musst etwas trinken«, sagte er. »Und essen…«
     
    »Geht es ihm gut?«
    Joe zeigte mit dem Finger auf etwas, das auf dem Boden lag. Daniel hatte die Bündel bereits bemerkt, erkannte jedoch erst jetzt, dass eines dieser Bündel Jamie war. Er war so in Decken eingehüllt, dass nur sein Gesicht zu sehen war. Es war leichenblass. Seine Augen waren geschlossen, und es sah aus, als würde er nicht atmen.
    »Ist er tot?«, fragte Daniel.
     
    »Er ist dem Tode nahe.« Joe sprach mit leiser Stimme. »Ich habe für ihn getan, was ich konnte.«
     
    »Wir müssen ihn ins Krankenhaus bringen!«
    »Ein

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