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Schattenmacht

Schattenmacht

Titel: Schattenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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die Welt wieder uns gehören, und auch wenn einige von uns dafür sterben müssen, wird es das Opfer wert sein. Matt und Flint erwarten uns. Inti wird aus dem Osten kommen. Ich bin hier, und ich bin nicht allein. Sapling ist bei mir. Ja! Sapling lebt!«
    Die Soldaten in den ersten Reihen begannen zu jubeln, aber Scar hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen.
    »Die Fünf sind endlich vereint!«, rief sie. »Die Alten glauben, sie hätten uns geschlagen, aber sie irren sich. Und jetzt werden wir es ihnen zeigen! Wir zeigen ihnen die Macht der Fünf!«
    »Fünf!« Das einzelne Wort hallte über den Platz. Banner wurden geschwenkt, Schwerter gehoben, und von irgendwo kamen das Hämmern von Trommeln und eine großartige Fanfare. Jamie schaute auf und entdeckte die Musiker, drei kleine Jungen, keiner älter als zehn, die hoch oben auf einem der Brückenbogen saßen. Ihre Hörner funkelten, als sie damit der versammelten Menschenmenge salutierten. Scars Pferd war gebracht worden, und sie sprang auf seinen Rücken. Für Jamie war der Graue geholt worden, und auch er sprang auf. Diesmal brauchte er keine Hilfe. Kurze Zeit später führten sie mit Finn, Erin und Corian ihre Armee zwischen den zwei Pagoden hindurch über den mosaikbelegten Pfad zur Stadtmauer. Einige der Männer ritten allein, andere teilten sich ein Pferd. Ein paar rannten hinterher. Sie waren so viele, dass es mehrere Minuten dauerte, bis alle das Tor passiert hatten.
    Als sie die Stadt hinter sich gelassen hatten und auf der Ebene waren, sah Jamie zu Scar hinüber. »Das war eine tolle Ansprache«, sagte er.
    »Vor einer Schlacht muss man eine Rede halten«, entgegnete sie. Verlegen schaute sie weg, sah ihn dann aber doch an. »Und wenn du es unbedingt wissen willst – Finn hat sie für mich geschrieben. Er hat sie mich gestern Nacht auswendig lernen lassen.«
    »Ich glaube, das hat sich gelohnt.«
    »Hoffentlich.«
    Sie umrundeten die Stadt der Kanäle und ritten in die entgegengesetzte Richtung von Scathack Hill. Vor ihnen lag eine weite, flache Landschaft, bewachsen mit wildem Gras und ein paar Blumen. Aber die Blumen hatten merkwürdige, unnatürliche Farben, und das Gras sah scharfkantig und ledrig aus. Als sie an einem Obstbaum vorbeikamen, wollte Jamie etwas abpflücken, das aussah wie ein lilafarbener Pfirsich mit einer harten, stachligen Schale. Scar hielt ihn auf. »Nicht!«, rief sie. »Die sind giftig.«
    Sie ritten weiter, und jetzt sah Jamie zum ersten Mal Tiere – oder was von ihnen übrig war. Hier war eine Herde Kühe gestorben. Im Vorbeireiten konnte er den Geruch der Verwesung riechen, und ihm drehte sich der Magen um. Jetzt war er froh, dass ihm niemand ein Frühstück angeboten hatte.
    Vor ihnen, weniger als eine Meile entfernt, lag ein Hügel mit einem Wald, der immer dichter wurde. Die Bäume sahen künstlich aus, und die dunkelgrünen Nadeln erinnerten an Glassplitter. Jetzt konnte Jamie auch etwas hören, ein merkwürdiges Geräusch, das an seinen Nerven zerrte. Es war das rhythmische Hämmern von Metall gegen Metall. Bumm, bumm… bumm. Bumm, bumm… bumm. Jedes Mal war der dritte Schlag der lauteste. Es war, als erwartete sie auf der anderen Seite des Hügels, noch außer Sichtweite, eine riesige Maschine.
    Scar war ihm ein Stück voraus, und er trieb sein Pferd an. Er brauchte dazu nicht die Fersen zu nehmen, denn das Tier schien ihn auch so zu verstehen. Er holte Scar wieder ein, und als sie den Wald erreichten, schlängelten sie sich durch die Bäume. Es ging die ganze Zeit steil bergauf, und Jamie wurde immer nervöser. Noch vor ein paar Wochen war er im Theater in Reno auf die Bühne getreten, um einen Zaubertrick mit Zeitungen und Spielkarten vorzuführen. Und jetzt war er hier und zog in eine Schlacht. Er versuchte zu begreifen, was das tatsächlich bedeutete. Er würde mit dem Schwert kämpfen, es in Fleisch und Knochen schlagen. Er musste wieder an die vielen Leichen denken, die er bei Scathack Hill gesehen hatte. Schon bald konnte er zu ihnen gehören. Wie es sich wohl anfühlte, wenn man einen Pfeil in die Brust bekam oder einem eine Klinge ein Bein oder einen Arm abschlug? Er brauchte es sich gar nicht vorzustellen – er würde es ohnehin bald wissen.
    Eigentlich hätte er vor Angst fast gelähmt sein müssen. Das Entsetzen hätte ihn aushöhlen müssen. Doch das Merkwürdige war, dass er nichts empfand außer einer gewissen freudigen Erregung. Sie kämpften sich immer noch den Hügel hinauf, umgeben von den

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