Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
die ihn schwächte, lähmte und krank werden ließ. Erst hatte er Dräger die Tür geöffnet, um dann von diesem mit einem Elektroschocker in die Ohnmacht geschickt zu werden, und später hatte er dem Krebs die Tür geöffnet und in seinen Darm eingelassen. Das geht vorbei, hörte man ihn sagen. Alles ist gut, log er, doch Martin sah, dass nichts mehr gut war im Leben seines alten Freundes Alois Feldmann.
»Warum hast du mir nicht gesagt, wie krank du bist, als wir telefoniert haben?« Feldmann wiegelte ab. Er ging zu einer Kommode, auf der ein Bataillon von Medikamenten stand, öffnete eine Packung, schüttelte sie und warf sich eine Tablette in die hohle Hand. Er schluckte sie ohne Wasser, eine glatte Pille, die desgleichen nicht brauchte, um dem Körper in seinem Kampf zur Seite zu stehen.
»Krebs ist in meinem Alter keine Überraschung. Außerdem hattest du eigene Probleme, als du mich angerufen hast.«
»Wie viel hast du abgenommen?«
»Fünfzehn Kilo.« Feldmann drehte sich zu Martin um und klopfte ihm auf den Bauch. »Würd dir auch guttun, mein Lieber.«
Sein gekünsteltes Lachen ließ Martin erstarren. Sein Freund war schwer krank und er selbst hasste es, Menschen zu verlieren, sei es auf natürliche oder andere Weise.
»Wie lange …?«
Feldmann hob den Kopf.
»Wie lange ich noch hab, meinst du? Eine ganze Ewigkeit, Martin.« Feldmann schenkte Martin einen warmherzigen Blick.
Dieser Blick verriet Martin, dass Alois genau daran glaubte, an eine Ewigkeit, die sich wie ein langer Weg vor ihm öffnen würde. Ein Weg, den er gemeinsam mit seinem Gott nehmen würde, von dem er sich auf die vielfältigen Fragen des Lebens Antworten erhoffte. Fragen wie, warum es das Elend auf Erden gibt, warum unschuldigen Tod und sinnloses Leid, warum Missbrauch der Macht, warum all das für den Menschen Unverständliche?
Es ist lediglich ein Umzug in eine andere Welt, hatte ihm Feldmann mal gesagt, als sie über den Tod sprachen, und sein Umzug in eine bessere Welt schien nun in nicht mehr allzu weiter Ferne zu liegen.
»Ich komm schon wieder auf die Beine«, räusperte sich Alois. »Du bist doch nicht gekommen, um dir die Krankheitsgeschichte eines alten Mannes anzuhören. Du brauchst Rat, wie ich vermute. Mit Verlaub, du sahst auch schon mal besser aus. Steckst wieder bis zum Hals in Schwierigkeiten, was?« Feldmann wandte sich zur Küche. »Tee?«
Martin nickte. Zwei Bier hatte er ja schon. Der berühmte Tee von Alois Feldmann würde ihn beruhigen, so hoffte er.
Feldmann verschwand in der Küche, verrichtete dort Handgriffe, die er nur noch mit Mühe bewerkstelligte, darauf bedacht, von sich selbst abzulenken und sich seinem Gast zuzuwenden. Mit einem Tablett, zwei Tassen darauf, der Kanne Tee und einem Teller mit Keksen wankte er ins Wohnzimmer zurück. Das Tablett zitterte balancierend, die Tassen klimperten aneinander. Martin sprang aus seinem Sessel auf, Feldmann zur Hilfe zu kommen, und schämte sich in Grund und Boden für seine Faulheit.
»Du schleppst Fragen zu den Bilderbergern mit dir rum, stimmt’s?«
Martin stellte die Tassen auf den Tisch und goss erst Feldmann und dann sich Tee ein. Er duftete nach Kirscharoma und Zitrone und schenkte Martin ein Gefühl von Geborgenheit.
»Unter anderem. Es geht um den Mord an Klaus Schöller und an dem Ex-Verteidigungsminister Lohmeyer. Es geht um Verschwörung, um eine ominöse Schattenmacht. Es geht darum, dass unsere Demokratie eine Lachnummer zu sein scheint, wenn all das stimmt, was mir dieser Typ erzählt hat.«
»Jerome?«
»Ja, ich hatte dir am Telefon von ihm erzählt. Jerome oder wie auch immer er wirklich heißt. Dieser Kerl hat selbst einen Haufen Probleme. Ein Psychiater hätte seine Freude an dem Bengel.«
»Warum lässt du nicht einfach die Finger von der Sache, wie ich dir geraten hab? Du musst das nicht tun, das weißt du.«
»Ja, das stimmt. Ich muss es nicht und auf der anderen Seite muss ich es doch.«
»Versteh schon. Dein Ehrgeiz als Bulle treibt dich an.«
»Nenn es Ehrgeiz. Nenn es Neugier, nenn es den Wunsch, die Wahrheit herauszufinden, ganz gleich, wie man so was definiert.«
Feldmann führte die Tasse behutsam an die Lippen und verbrannte sich die Zunge. Ein zorniges Zischen entwich ihm.
»Wo sollen wir anfangen?«
Pohlmann kratzte sich am Kinn. Sein Blick wanderte über die Einrichtung und das Mobiliar. Einen Herzschlag lang fragte er sich, wer sich um das Haus kümmern sollte, wenn Feldmann nicht mehr da wäre.
»Wer
Weitere Kostenlose Bücher