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Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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nicht, dass ich Sie in so einem Zustand treffen möchte.«
    »Bullshit, Mann. Ich hab ADHS, Mann. Bin ein bisschen hibbelig, das ist alles. Das Scheiß Ritalin wirkt nicht immer.«
    Martin dachte nach. Was hätte er schon groß zu verlieren? Würde dieser Jerome ihn tatsächlich in Erkenntnisse einweihen, für deren Ermittlung er selbst Monate brauchen würde? Umso besser. Welches Motiv ihn allerdings dabei antrieb, war ihm schleierhaft. Was hatte Jerome davon, ihn als Bullen an seinem Wissen teilhaben zu lassen? Jerome war von etwas getrieben, was Martin Unbehagen bereitete, aber er wusste: ohne Risiko kein Erfolg.
    »Okay. Wann und wo?«
    »Ich hol Sie ab. In der City. Sagen wir, vor dem Rathaus? Gegen sieben?«
    »Nein, heute geht’s nicht. Morgen ginge.«
    »Okay, morgen. Auch gut. Morgen um vier. So long.«
    Jerome legte auf. Er ärgerte sich. Noch einen Tag Aufschub. Jeder Tag zählte für ihn wie Monate für andere.

    *

    »Möchten Sie schon mal bestellen?«
    Die blonde Kellnerin schenkte Werner ein freundliches Lächeln mit ebenmäßigen, weißen Zähnen. Ihr rechtes blaues Auge war von einem Vorhang rötlicher Strähnchen halb verdeckt. Sommersprossen machten sie jünger, als sie vermutlich war.
    »Ich warte noch auf jemanden. Aber ein Bier können Sie mir trotzdem schon mal bringen.«
    »Holsten?«
    »Ja, okay. Nein, warten Sie. Ich nehme ein Duckstein. Gibt’s das noch?«
    »Klar, gerne. Ein großes?«
    Werner nickte.
    Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Das unter Studenten beliebte Lokal füllte sich nur zögerlich. Hier verkehrte man ungezwungen, entspannt und in der Regel unter seinesgleichen. Einfache Holztische und -stühle. Nichts Aufgetakeltes, für Studenten erschwinglich. Selten verirrte sich ein Polizist im gehobenen Dienst, noch dazu in einem schicken Einreiher, in das hanseatisch- türkische Restaurant im Grindelviertel. Zwanzig Jahre zuvor hatten sie hier oft gesessen, die Nähe zum Präsidium, zum Abaton-Kino, zur City bestach. Parkplätze hingegen waren rar, ein möglicher Grund, wie Werner vermutete, warum Martin mal wieder zu spät kam.
    Kurz vor halb acht erschien Martin im Restaurant. Er zog das Gummiband im Nacken stramm. Feuchte Haare klebten wirr an der Stirn. Er wirkte ungepflegt und gehetzt, in früheren Zeiten ein normales Bild, doch seit seiner Versetzung ins ruhige Lüneburg eher die Ausnahme. Werner winkte, doch Martin sah ihn nicht. Er beobachtete ihn, wie er sich durch den sich anbahnenden Ansturm hindurchwühlte.
    Martin stopfte sich das Hemd in die Hose.
    »Hättest ja mal winken können.«
    »Hab ich doch.«
    »Wann? Gestern?«
    Werner bemerkte Martins gereizte Stimmung, nippte erst an seinem Bier und leerte es dann in einem Zug. Schnell war er leicht angetrunken. Einen halben Liter auf nüchternen Magen war er nicht mehr gewohnt und doch genoss er den leichten Dusel in seinem Kopf. Es förderte die Endorphin-und Serotoninproduktion in seinem Gehirn, lenkte ihn ab von trüben Gedanken an die Familie, die Überforderung durch sein Amt als Leiter der neuen SOKO im Fall Lohmeyer und die Zusatzaufgabe, an deren Relevanz er mehr und mehr zweifelte. Es sich mit seinem Chef, noch dazu dem Polizeipräsidenten, zu verscherzen, danach stand ihm zurzeit nicht der Sinn. Es verlangte ihn nach Ruhe, Frieden, Urlaub und danach noch mal Urlaub. Weg von Hamburg, weg von Susanne und dem ganzen Ärger und weg von allen Schöllers dieser Erde. Die Raten für das Haus drückten, während in der Wohnung von Klaus Schöller sechsstellige Beträge dahinwelkten.
    »Sorry, bin dreimal um den Block gefahren. Nichts frei. Stehe fast am Präsidium.«
    »Na, den Weg kennst du ja.« Werners Stimme klang hoch und geringfügig lallend.
    Martin grinste.
    »Das ist nicht lustig. Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige. Das hast du noch nie kapiert. Ich hasse es und du störst dich überhaupt nicht dran. Dieselbe Sache und doch … wie bei uns zu Hause. Für den einen ’ne Mücke, für den anderen … Tja, so unterschiedlich können Menschen sein.«
    »Schon wieder dicke Luft.«
    »So dick, dass ich keine Luft mehr kriege. Dauert nicht mehr lange, dann nehm ich mir eine Bude.«
    »Zieh doch für ein paar Tage in meine alte Wohnung in Eimsbüttel. Steht noch leer und ich brauch sie im Moment nicht.«
    Werner rückte sein leeres Glas weg.
    »Ohne Miete?«
    »Logisch. Ich hab dank Emilie genug Kohle.«
    »Ach ja, stimmt ja, du bist ja immer noch ihr Vormund. Wie viel

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