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Schattenmelodie

Schattenmelodie

Titel: Schattenmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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nicht genau genug. Und ich kann das Geheimnis nicht auf die Schnelle ergründen. Ich werde als Nächstes mit den Undinen sprechen, ob sie etwas herausgefunden haben. Und dann werde ich in der Nacht wiederkommen, mit mehr Zeit, wenn alle im Haus schlafen. Oder … die Katze?“
    Ich schüttelte den Kopf. „Sie ist nicht da, aber sie hat ein Junges hier. Sie wird mit Sicherheit bald wiederkommen.“
    „Gut, ich würde dich bitten hierzubleiben und auf sie zu warten, sie einzufangen, wenn es geht.“
    Ich nickte.
    Sulannia knöpfte ihren Mantel zu. „Wir sehen uns heute Nacht um zwei hier wieder. Wäre das okay für dich?“
    „Ja, natürlich.“
     
    Die Klingel schien ausgestellt zu sein, also klopfte ich mehrmals an die Wohnungstür von Emma und Viktor. Für das normale Gehör nicht wahrnehmbar, hörte ich dennoch, dass sich jemand zur Tür schlich. Den Bewegungen nach musste es Emma sein.
    „Hallo, ich bin’s, Neve“, rief ich.
    Eine Weile rührte sich nichts. Dann klapperte die Vorhängekette, und dann ein Schlüssel im Schloss. Emma öffnete die Tür einen Spaltbreit und sah mich an. „Neve“, bestätigte sie.
    „Kann ich reinkommen?“
    Emma schob die Tür ein Stück weiter auf. Ganz auf ging sie nicht, weil dahinter wohl einige Kisten standen. Der Flur war so weit wieder in Ordnung gebracht, dass man hindurchgehen konnte. Sofort war jedoch klar, wo der fürchterliche Gestank herkam. Er kam aus Emmas Wohnung. Ich hielt mir unwillkürlich die Nase zu.
    „Oh, meine Güte. Was ist denn hier passiert?“ Ich merkte, dass es in der ganzen Wohnung zog. Augenscheinlich standen überall die Fenster offen.
    „Jemand hat eine Stinkbombe durch den Briefschlitz gesteckt, heute ganz früh. Wahrscheinlich dieser neue Vermieter.“
    „Eine Stinkbombe?“ Unfassbar. Dieser Japaner schien es mit allen Mitteln zu versuchen.
    Emma führte mich in ihr Wohnzimmer. Sie räumte einen Stapel Bücher weg, sodass zwei freie Plätze auf dem Sofa entstanden, und gab mir eine Wolldecke. In der Wohnstube waren die Fenster nur angekippt, weil sie durch all den Kram, der davorstand, gar nicht vollständig zu öffnen gingen. Trotzdem war es hundekalt. Zum Glück stank es hier nicht ganz so bestialisch wie im Flur. Ich setzte mich, schlang die Decke um mich und Emma setzte sich neben mich.
    „Es sieht schlimm hier aus“, sagte sie und machte ein trauriges Gesicht. Die Kerze im Fenster flackerte wie verrückt.
    „Grete geht es gut“, berichtete ich.
    Emma sah mich an. Hoffnung leuchtete in ihren Augen auf.
    „Wirklich?“ Sie seufzte.
    „Ja. Ein guter Freund von ihr hat sie mit nach La Gomera genommen. Ich habe keine Ahnung, wie er es angestellt hat.“
    „Nach La Gomera? Wo ist denn das?“ Emmas Augen blickten mich erschrocken an.
    „Das ist eine Insel, gehört zu den Kanaren und liegt in der Nähe von Afrika.“
    „Afrika? Grete ist in Afrika?“ Emmas Stimme zitterte.
    „Nein, es sind spanische Inseln und sie befinden sich gegenüber von Marokko, nordwestlich des Kontinents.“
    „Was tut sie da?“
    „Im Westen von Gomera gibt es so eine Aussteigerkommune. Grete hat es hier einfach nicht mehr ausgehalten.“
    Emma rührte sich nicht. Eine Weile herrschte Stille. Ich ließ ihr Zeit, diese Neuigkeit zu verdauen.
    Dann sagte sie sehr ruhig: „Ich kann das verstehen. Du musst ihr sagen, dass ich das verstehen kann.“
    Ich staunte, kein Ausflippen, keine Vorwürfe, keine weiteren Fragen von Emma.
    „Würdest du ihr das ausrichten?“ Jetzt sah sie mich flehend an. Ich schätze Emma zehn oder zwölf Jahre älter als ich und überlegte, ob ich sie siezen oder duzen sollte. Sie hatte so etwas Kindliches, Mädchenhaftes, irgendwie auch Zeitloses. Ich entschied mich dafür, sie zu duzen.
    „Natürlich. Aber du kannst es auch selbst tun. Sie wird dir eine E-Mail schreiben. Das hat sie versprochen.“ In dem Moment fragte ich mich, ob Emma überhaupt einen Rechner besaß, aber dann sah ich das große, alte, mit Blumenaufklebern beklebte, aber augenscheinlich noch in Benutzung befindliche Laptop auf einem Zeitungsstapel neben dem Sofa.
    Emma folgte meinem Blick dorthin. „Wir haben keinen Strom.“
    „Keinen Strom?“ Während ich das sagte, ahnte ich bereits die Antwort.
    „Der neue Vermieter. Tom kann auch nichts machen. Er hat den Strom für das Haus abstellen lassen.“
    Ich atmete tief durch und schüttelte langsam den Kopf. Was war das nur für eine riesige Sauerei.
    „Weißt du, wann sie wiederkommen will?“,

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