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Schattenmelodie

Schattenmelodie

Titel: Schattenmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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fragte sie zaghaft.
    „Keine Ahnung. Wenn sie sich wieder besser fühlt. Wenn …“ Ich wusste nicht, wie ich es formulieren sollte. „Wenn …“
    „… Viktor nicht mehr trinkt und ich alles, was wir nicht wirklich brauchen, weggeschmissen habe“, beendete Emma den Satz für mich.
    Ich nickte langsam. Die gleichen Worte hatte Grete mir gegenüber gewählt.
    „Du liebst Grete sehr …“, begann ich und merkte, wie es immer enger in meinem Brustkorb wurde. Es war so schwer, Emma lauter Unwahrheiten aufzutischen.
    Emma lächelte. „Sie ist mein Ein und Alles. Ich hatte sie mir so gewünscht. Als sie kleiner war, da war auch alles noch viel … Es ist nur, Viktor ist unglücklich, weil es mit seinen Büchern nie klappt, und ich – ich bin hier geboren, in einer Nebenstraße. Aber es ist nicht mehr wie meine Heimat. Lauter fremde Menschen wohnen jetzt in den Häusern. Ich, ich fühle mich eingesperrt.“ Sie seufzte.
    Ich wusste ja, dass sie gar nicht mehr die Wohnung verließ.
    „Alles, was ich habe, meine Vergangenheit, mein eigentliches Leben, ist in diesen Dingen.“ Sie machte eine ausholende Bewegung mit den Händen durch den Raum, ließ sie dann aber mutlos in ihren Schoß sinken.
    Ich räusperte mich und sagte: „Ich glaube, du hältst am Falschen fest. Die Liebe ist nicht in den Dingen, sondern in dir. Und die Erinnerungen, die sind in deinem Kopf. Es reicht ein kleiner Koffer mit einer Auswahl von Erinnerungsstücken, die sie alle jederzeit wieder wachrufen können.“
    Emma sagte nichts. Ich spürte, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete.
    „Alles würde ich hergeben, wenn ich dafür Grete wiederbekomme. Alles“, flüsterte sie.
     
    Ich klopfte nur einmal, schon riss Tom seine Wohnungstür auf, als hätte er bereits dahinter gelauert.
    „Neve!“, rief er, hielt mir erst förmlich die Hand hin, aber dann umarmte er mich einfach.
    „Frohe Weihnachten“, begrüßte ich ihn und erwiderte seine Umarmung.
    „Wo warst du? Wir haben alle auf dich gewartet Heilig Abend. Ich habe mir Sorgen gemacht. Es war so schön, wirklich. Das schönste Antiweihnachtsfest, das ich je erlebt habe. Es war richtig weihnachtlich.“ Tom strahlte mich an. Seine Augen sagten mir alles. Er wirkte wie ausgewechselt. So froh und als wäre Sommer, kein Vergleich zu dem düsteren und in sich gekehrten Tom, den ich vor noch nicht allzu langer Zeit kennengelernt hatte.
    „Aber, komm doch herein.“ Er zog mich in den Flur und schloss die Tür. „Ich wollte gerade für uns Kaffee machen …“
    „Für uns?“
    Er grinste verlegen und trat von einem Bein auf das andere. „Also, du weißt ja noch nicht …“, flüsterte er.
    In dem Moment wusste ich, dass sie da war – Charlie. Ich lächelte und überlegte, worüber ich mich mehr freute: dass Tom und Charlie zusammengekommen waren oder dass es mir kein bisschen was ausmachte?
    „Das sind ja tolle Nachrichten.“ Ich folgte Tom in die Küche.
    Er hielt den Zeigefinger vor den Mund. „Sie schläft noch.“
    Dann füllte er den Wasserkocher und wollte ihn anstellen, aber die rote Lampe leuchtete nicht. „Ach, Mist verdammter. Wir haben ja gar keinen Strom. Dieses blöde Arschloch!“
    „Ich habe die Briefe gelesen, die unten im Hausflur verstreut liegen.“
    „Ja, das sind die schlechten Nachrichten. Aber weißt du, wir lassen uns nicht von dem verjagen, es gibt Gesetze. Wir sitzen das aus. Und wir kämpfen. Ich mache mit Viktor bereits Pläne, und mit Charlie. Und du bleibst in deiner Wohnung, natürlich. Ignorier diesen dummen Brief, falls du deinen gelesen hast. So geht das nicht.“
    Ich sagte ihm nicht, dass ich die Wohnung nicht mehr brauchen würde. Es war der falsche Moment.
    Tom rieb sich die Hände. „Aber jetzt trinken wir erst mal kalte Milch mit Kakaopulver. Magst du auch eine?“
    „Nein, vielen Dank, ich habe schon gefrühstückt.“
    Ich beobachtete Tom dabei, wie er in seiner spärlich eingerichteten Küche hantierte. Er trug ein langes graues T-Shirt und ein paar karierte Shorts bis zu den Knien. Er war völlig aufgekratzt. Als er zwei Gläser herausgeholt und aufgefüllt hatte, drehte er sich zu mir um und flüsterte: „Wir sind in der Heiligen Nacht zusammengekommen. Und jetzt rate mal, warum sie mir gegenüber so distanziert gewesen war!“ Tom sah mich triumphierend an, wartete aber meine Antwort gar nicht ab. „Weil sie schüchtern war – meinetwegen! Du hattest sie richtig eingeschätzt.“
    Ich lächelte nur.
    „Sie dachte, so ein

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