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Schattenmelodie

Schattenmelodie

Titel: Schattenmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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hatte.
    „Ob er vorgehabt hatte, seinen Freund Tanaka irgendwann mit in die Wunschstadt zu nehmen?“, fragte ich Kira.
    „Keine Ahnung, ob das je funktioniert hätte. Aber kann schon sein, dass er das geplant hat.“
    „Aber ich verstehe noch nicht. Ich meine, sich einen eigenen Durchgang an einen Seelenort zu legen, so was muss doch auffallen.“
    „Vielleicht nicht unbedingt. Hätten sich magisch Begabte nicht dorthin verreist … Bestimmt hatte er mit so etwas nicht gerechnet. Marco glaubt, dass ihm nicht mal klar war, dass er damit die Berliner Blase zerstörte. Er hat nur an seinen eigenen Durchgang gedacht, in dem ihm niemand begegnen würde.“
    „Irgendwie tut Tanaka mir leid. Andererseits, wenn ich daran denke, wie er mit den Bewohnern am Wetterplatz umgesprungen ist …“
    „Ja, seltsam. Oft behandeln Menschen später andere genauso, wie sie früher selbst behandelt wurden, obwohl sie darunter gelitten haben.“
    Ich dachte an meinen Vater. Löschungen waren schrecklich. Aber zum ersten Mal sah ich auch die andere Seite davon. Mein Vater konnte dadurch doch noch in ein zufriedenes Leben finden, und vielleicht würde Tato dadurch ein besserer Mensch werden.
    „Tanaka hat jetzt eine Menge Geld, was ihm eigentlich nicht zusteht …“
    „Es ging nicht anders. Besser, als wenn Gutachter anfangen, im Keller herumzuschnüffeln. Kouki Tato hat es auf jeden Fall viel schlimmer erwischt. Jolly berichtete, dass laut Doktor Labot sein Seelenort nicht ganz verschwunden ist. Immer, wenn Tato diese malariaartigen Anfälle hat, befallen ihn Albträume von seiner Wüstenstadt, die zu einem Miniaturort zusammenschrumpft, durch den er sich nur kriechend bewegen kann.“
    „Oh je, das ist hart. Aber vielleicht wird Tanaka ihm nun mit seinem Geld helfen.“
    „Vielleicht.“ Kira stand auf. „Mein Kaffee ist ganz kalt geworden. Deiner auch?“
    Ich befühlte meine Tasse. „Ja, ziemlich.“
    „Komm, ich mache uns noch mal einen neuen.“
    „Gerne. Und dann muss ich los.“
    „Zu Janus. “ Kira lächelte mich an.
    „Ich verstehe jetzt, wie schrecklich es sein muss, dass du Tim so lange nicht besuchen kannst“, gestand ich.
    „Das kannst du laut sagen. Aber ich habe es ja bald geschafft. Ich ziehe die Ausbildung durch – von morgens bis abends. Die Sache mit der Wüstenstadt hat mir sogar wieder Zusatzpunkte gebracht.“
    „Das ist prima.“
    „Hast du denn schon irgendwas von Charlie gehört?“
    „Nein. Aber zu ihr wollte ich zuerst, wenn ich wieder drüben bin.“
    „Du musst mir dann erzählen, wie es ihr geht.“
    „Das werde ich.“
    Ich aß mein Croissant auf, während Kira im Haus verschwand und gleich darauf mit zwei dampfenden Tassen Kaffee wiederkam.
    „Vielleicht hat Tom ja mit seiner Musik den Durchgang geschaffen. Du sagtest doch, die Komposition beschreibt perfekt den magischen Wald“, überlegte Kira, während sie die Tassen vor uns abstellte.
    „Hm. Bisher wurden Künstler durch magische Durchgänge in der Nähe höchstens inspiriert, ohne es zu wissen.“
    „Davon habe ich gehört, dass große Kunstwerke der Menschheit nicht selten in der Nähe von magischen Durchgängen entstanden sind. Seltsam ist aber auch das mit der Katze. Dass normale Tiere plötzlich magische Begabungen haben und dann zwischen beiden Welten pendeln? Hat es doch auch noch nie gegeben.“
    „Wir können nur hoffen, dass es darauf bald beruhigende Antworten gibt.“ Ich trank meinen Kaffee aus und sah hinauf zum Himmel. Die Sonne war bereits über den Zenit gewandert. Noch ein paar Sachen einpacken und dann wollte ich los.
    „Es macht übrigens Spaß, dass man mit dir jetzt so richtig lecker zusammen frühstücken kann!“ Kira grinste mich an.
    Ich lachte und wir umarmten uns zum Abschied.
    „Grüß Tim, wenn du ihn siehst“, bat sie mich.
    „Mach ich.“
     

Kapitel 50
     
    Schon von außen strahlte die Gründerzeitvilla im Süden Berlins mit ihren klassizistischen Formen und den großen Fenstern einen gewissen Machtanspruch aus.
    Dreimal musste ich an dem schweren Eingangsportal klingeln, ehe per Summer geöffnet wurde. Ich betrat den aus teuren, weißen Marmorplatten gelegten Weg, der bis zur Haustür führte. Ein hochgewachsener Mann mit dichtem weißen Haar und einer strengen Brille erschien und bedachte mich mit einem misstrauischen Blick.
    Das musste Charlies Vater sein. Ich war erstaunt, dass mir keine Haushälterin öffnete, aber vielleicht hatte sie heute ihren freien Tag.
    Charlies Vater

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