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Schattenmelodie

Schattenmelodie

Titel: Schattenmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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hören. Sie saßen oder standen alle um das blaue Feuer auf der Lichtung im Birkenhain.
    „Matthias hat mich gestern informiert, dass dieser Tim sich wahrscheinlich nicht davon abbringen lässt, den See unter dem Humboldthain zu suchen, aber niemand konnte ahnen, dass er sich so schnell auf den Weg machen würde“, hörte ich Jolly sagen, der im Rat das Element Luft vertrat. Sein altes, vom Wetter gegerbtes Gesicht bekam zu den tausend Furchen, die es schon hatte, noch einige besorgte Falten dazu.
    Tim? Wie um Himmels Willen hatte er das nur angestellt!? Das war eigentlich völlig unmöglich! Ganz normale Menschen kamen niemals lebend in der magischen Welt an.
    Ich trat in den Kreis. „Kiras Freund ist hier?“
    Alle Augen richteten sich auf mich.
    „Da bist du ja, Neve, wir haben dich schon gesucht“, sagte Ranja
    Dann wandte sich Sulannia an mich: „Wir haben ihn in den Grünen Raum gebracht. Kira darf auf keinen Fall erfahren, dass es sich bei dem Eindringling um ihren Freund handelt.“
    „Nein, das wird sie nicht, aber … er lebt?“
    „Ja, und wir wissen nicht, warum. Irgendwas mit den Durchgängen scheint nicht zu stimmen.“
    Nach eingehender Beratung beschloss der Rat, zunächst einmal Tims Erinnerung an die magische Welt zu löschen und ihn so bald wie möglich zurückzuschicken.
    Oh je, dann würde er sich auch nicht mehr an Kira erinnern können! Nein, Kira durfte auf keinen Fall davon erfahren. Sie würde komplett ausflippen. Da war ich mir sicher.
     
    Auch nachdem ich Kira geweckt und ihr Bescheid gesagt hatte, dass die Seminare vormittags ausfielen, weil ein Mensch in die magische Welt eingedrungen war, und sie dann zur Akademie gegangen war, fand ich keine Ruhe, um an meinem Projekt zu arbeiten.
    Ich lief in den magischen Wald und beschloss, meinen persönlichen Lieblingsort aufzusuchen. Wie lange war ich schon nicht mehr dort gewesen? Sehr lange. Das hieß, ich hatte ihn schon sehr lange nicht mehr gebraucht. Jetzt sehnte ich mich jedoch nach ihm. Ich musste nachdenken.
    Kurz vor der Klippe, wo sich der Ätherdurchgang befand, führte der Weg zu einem kleinen, felsigen Gebiet. Ich sah mich um und prüfte, ob mir niemand folgte.
    Dann trat ich zwischen zwei mannshohen Felsblöcken hindurch, und schon verwandelte sich das Gestein in eine samtige grüne Wiese, die leicht anstieg und sich bis zum Horizont erstreckte. Auf dem Hügel glitzerte meine „Glaskuppel“ in der Sonne. Sie ruhte wie eine halbierte Seifenblase auf der Wiese und schimmerte in allen Farben des Regenbogens. Ich konnte durch ihre hauchdünnen Wände einfach hindurchgehen, ohne sie zu zerstören. Als Kind habe ich Seifenblasen geliebt. Stundenlang habe ich mich mit ihnen beschäftigt und mir immer gewünscht, dass eine so groß werden würde, dass ich in sie hineingehen könnte.
    Von hier aus hatte ich rundherum einen Blick in weite Täler, die mit Wiesenblumen übersät waren. Innen war ein Teil der Blase so beschaffen, dass man sich darin spiegeln konnte. Der Raum war nur mit einem naturfarbenen Wollteppich, einem weiß bezogenen Sofa und einer Meditationsmatte eingerichtet.
    Ich setzte mich auf das Sofa und sah hinaus auf die liebliche Landschaft. Mein Besuch im Haus am Wetterplatz 8 war auf der ganzen Linie erfolglos gewesen. Gleichzeitig bangte ich wegen der Sache mit Tim. War es richtig, Kira nichts zu verraten? Ich fühlte mich irgendwie hilflos.
    Okay, wegen Tim half erst mal nichts als abzuwarten. Mit Grete, das brauchte Zeit. Ich musste mehr über sie erfahren. Und Tomaso – vor mir tauchten Bilder von gestern Nacht auf. Tomaso, wie er allein am Klavier saß und spielte, wie er sich dabei bewegte, durch die strubbeligen Haare fuhr, und dann nicht weiterkam. Wie konnte ich ihm nur helfen?
     
    Als ich mich in der Dämmerung auf den Heimweg machte, hatte ich eine Idee. Sie fiel mir sozusagen vor die Füße.
    Es war ganz seltsam. Die Blüten, die um mich herum nacheinander auf den Boden segelten, schienen der Melodie, die Tomaso komponierte, ganz ähnlich zu sein. Ein eigenartiger Zufall.
    Ich würde Tom einen Traum von den Blüten im magischen Wald eingeben. Ja, das war es! Ihr Klang, wenn sie durch die Luft schwebten und auf den Waldboden fielen, würde ihn inspirieren. Denn diese Art Klänge gab es nirgendwo sonst auf der Welt.
    Jetzt konnte ich es gar nicht erwarten, heute Nacht wieder nach Berlin zu kommen.
     
    Zuhause saß Kira in der Küche am Tisch und trank eine Tasse Kräutertee. Sie sah nicht mal auf,

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