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Schattenmelodie

Schattenmelodie

Titel: Schattenmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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starrte ihm hinterher. War es der Traum, der ihm die Augen für mich geöffnet hatte? Oder hatte das Tattoo tatsächlich eine Veränderung in ihm bewirkt? Oder beides? Sollte ich Charlie womöglich dankbar sein?
    Ich schloss die Wohnungstür und stellte den Weihnachtsstern vor mein Matratzenlager. Ich hatte mir eine kuschelige Decke gekauft und zwei passende Kissen dazu, um es ein wenig gemütlich zu haben – von meinem ersten selbstverdienten Geld, das mir Tom nach Feierabend immer bar neben die Kneipenkasse legte. Er hatte erst gar nicht nach einem Konto gefragt.
    Ich ließ mich auf meinen gemütlichen Platz fallen und grinste den Weihnachtsstern an. So viele süße Worte von Tom. Ich konnte es kaum fassen! Ich ließ mir jedes davon wie eine Endlosschleife durch den Kopf gehen: Ich bin froh, dass du da bist und ich kann dir vertrauen. Solche Dinge hatte er gesagt! Am helllichten Tage! Hatte ich das auch wirklich nicht geträumt? Fingen die Dinge ab heute an, einfach zu werden? Auch Grete hatte ich zum ersten Mal unbeschwert kichern gesehen, dank Luisa.
     
    Wie schade, dass ich Tom nicht in der Kneipe helfen konnte. Am liebsten wäre ich den Rest des Tages in seiner Nähe geblieben. Ich überlegte, Janus abzusagen, bereute den Gedanken aber sofort. Das wäre kein bisschen fair. Janus freute sich auf meinen Besuch. Außerdem konnte ich ihm doch die guten Neuigkeiten erzählen.
    Zum Glück ahnte ich nicht, dass dieser Tag, der mit solch einem Aufschwung begonnen hatte, mit einem unheimlichen Donnerschlag enden würde. Dann hätte ich Janus sofort abgesagt.
     
    Ich passierte die Toreinfahrt und betrat den Hinterhof. Schon öffnete sich die Tür zum Antiquariat, Janus füllte den Türrahmen fast vollständig aus. Er trug nur ein langärmeliges dunkelblaues T-Shirt und dunkelblaue Röhrenjeans. Seine schwarzen Locken hatte er zu einem Zopf zusammengebunden. Zum ersten Mal fiel mir auf, dass seine kräftige Statur aus keinem einzigen Gramm Fett zu bestehen schien.
    Bis zu den Knöcheln sah er heute irgendwie cool aus, erinnerte mich fast ein bisschen an Tom, aber seine Füße steckten in altmodischen Filzpantoffeln. Und das machte wiederum Janus aus ihm. Ich registrierte, wie mir das gefiel.
    „Hey Neve, du strahlst ja so. Ist heute etwa ein guter Tag?“, rief er und strahlte selbst dabei. Ich staunte, dass er mir bereits aus zehn Metern Entfernung ansah, wie prima es mir ging.
    „Mit Sicherheit, denn ich werde ihn stundenlang mit vielen Büchern verbringen!“, rief ich und steuerte auf ihn zu.
    „Du hast keine Ahnung, was in Wahrheit auf dich zukommt“, drohte er gespielt. Janus wich aus dem Türrahmen, damit ich hineingehen konnte, und gab mir spontan einen Kuss auf die Wange. Es fühlte sich … okay an. Ich staunte, wie vertraut wir uns bereits geworden waren.
    „Hast du auch solche Hausschuhe für mich?“, fragte ich ihn. Es sollte ein Scherz sein, aber schon hielt er ein ähnliches Paar, nur um einige Nummern kleiner, in der Hand.
    „Du wirst noch froh sein deswegen. Denn da hinten ist es trotz Sisalteppich ziemlich fußkalt!“
    Janus nahm mir meinen Mantel ab. Ich zog meine Stiefel aus und schlüpfte in die Filzpantoffeln. Auf einmal erinnerte ich mich daran, dass ich als kleines Kind rote Filzpantoffeln besessen hatte und musste lächeln. Janus ging mit großen Schritten voraus ins Hinterzimmer.
    „Okay, wir fangen damit an, alle Bücher auszusortieren, die doppelt, dreifach oder mehrfach vorhanden sind. Nur die Ausgabe, die am besten erhalten ist, bleibt hier. In den meisten Fällen stehen identische Bücher bereits nebeneinander.“ Ich besah mir das erste Regal gleich am Eingang. So einige Bücher waren mehrfach vorhanden. Also würde sich der Raum im ersten Durchgang bereits merklich lichten.
    „Was tun wir mit den überflüssigen Exemplaren?“
    Janus wies auf einen braunen Stapel noch ungefalteter Bücherkisten. „Da hinein. Zwei habe ich auch schon gefaltet.“
    „Das ist ein Anfang!“ Wir lachten uns an. „Und dann?“, fragte ich.
    „Ein Freund von mir holt sie ab. Ein Künstler. Er macht eine Installation damit. Allerdings, was für eine, das will er noch nicht verraten.“
    „Sie werden also nicht vernichtet?“
    „Bücher vernichten? Wo denkst du hin! Bücher gehören zu den ganz wenigen Dingen, die immer zu irgendwas gut sind.“ Janus grinste.
    „Du scheinst heute aber auch einen guten Tag erwischt zu haben“, neckte ich ihn.
    „Die Sonne scheint, du bist da und ich werde

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