Schattenmenagerie
sein
kriminalistischer Instinkt. Der Herzog … – Hm, da haben wir doch noch den ungelösten
Fall des Grafen Stolberg, in dem er ebenfalls eine Rolle zu spielen scheint. Und
die Tote in seiner Lübecker Villa, ging es ihm durch den Kopf. Es ist denkbar, dass
es eine Verbindung zu den Ereignissen am Kolksee gibt. Vielleicht steckt ja mehr
dahinter als ein Unfall. – Eher unwahrscheinlich, aber auf jeden Fall muss ich morgen
früh sofort den Kollegen Kroll in Lübeck informieren. Mal seh’n, was der dazu sagt.
*
Kurz nach dem Anruf seines Kollegen aus Eutin erreichte Kroll am nächsten
Morgen noch eine zweite Nachricht. Der Herzog rief an, um ihm mitzuteilen, dass
seine Flinte, Kaliber 12, aus dem Gewehrschrank verschwunden sei. Er hätte es erst
heute Morgen bemerkt und wollte ihn vorsichtshalber informieren, hatte es doch immerhin
in letzter Zeit zwei Todesfälle und eine Reihe von merkwürdigen Begebenheiten in
Zusammenhang mit seinem Namen gegeben. Kroll ließ sich alles detailliert erklären.
Dann fragte er den Herzog, ob er einen Mann namens Schmielke kenne.
»Natürlich kenne ich ihn. Vor mehreren
Jahren stand er im Verdacht der Wilderei. Nachdem man ihn gnädig behandelt hatte,
schien er ein brauchbarer Mensch geworden zu sein. Er half manchmal bei uns auf
dem Hofe aus. Neulich vermachte ich dem armen Kerl ein paar ausgemusterte Kleidungsstücke
von mir.«
Der Inspektor stutzte und erinnerte
sich an das, was er kurz zuvor von Dorndorf erfahren hatte: »Waren da auch ein olivgrüner
Lodenmantel und ein Filzhut dabei?«
»Allerdings. Die Sachen waren schon
etwas abgetragen. Damit wollte ich nicht mehr auf die Jagd gehen. – Aber woher kennen
Sie sie?«
Der Lübecker erklärte ihm kurz die
Zusammenhänge und verabredete einen Eiltermin noch am selben Nachmittag auf Gut
Altenburg. Er wolle den Gewehrschrank selbst in Augenschein nehmen. Rasch machte
er sich auf den Weg nach Eutin, lieh sich aus der Asservatenkammer das Fangeisen,
die abgesägte Flinte und die Kleidung des toten Wilderers aus und fuhr zusammen
mit seinem Kollegen Dorndorf zum Gutshof.
Dort erwartete der Herzog sie bereits.
Er zeigte ihnen den Waffenschrank und bestätigte, dass sowohl die Waffe als auch
die Kleidungsstücke ihm gehörten. Der Schrank zeigte keinerlei Spuren von Gewaltanwendung
auf. Der Schlüssel hing im gleichen Kasten, der auch die Wohnungsschlüssel zu der
Lübecker Villa beherbergte.
Ein anschließender, kurzer Abstecher
in die Alte Schäferei überzeugte sie davon, dass die Falle aus dem Alteisenlager
des Revierförsters stammte.
Caoba traf Kroll wiederum nicht
an. Sie trieb sich wieder im Wald herum, erklärte ihr Vater. »Eben ein echtes Waldmädchen,
meine Kleine.« – Und wieder bekam er ein Glas Honig. »Als Wegzehrung«, sagte Frau
Kriebgans mit einem freundlichen Augenzwinkern.
Auf der Rückfahrt nach Lübeck –
der Mini Cooper ächzte unter der schweren Last der lauten Led-Zeppelin-Musik – begann
Kroll, in Ruhe seine Gedanken zu sammeln.
Dass Schmielke
in seine eigene Falle getappt war, halte ich für unwahrscheinlich. Da teile ich
Dorndorfs Auffassung. Also muss es Mord gewesen sein. – Doch wer hätte Interesse
daran, den armen Kerl ins Jenseits zu befördern? – Der Revierförster könnte sich
für den Wildfrevel gerächt haben. Aber zu einer derartigen Übeltat halte ich ihn
beim besten Willen nicht fähig. Eine Flinte abzusägen, dazu ist er nicht der richtige
Typ. – Und seine Tochter, das Waldmädchen? – Ich kenne sie nicht, aber nach Dorndorfs
Beschreibungen kann man sie wohl auch ausschließen. Allenfalls denkbar, dass es
aus irgendeinem Grunde zu unbeabsichtigten Handgreiflichkeiten zwischen den beiden
gekommen war. Die Ergebnisse der Kollegen von der Eutiner Spurensicherung waren
in dieser Beziehung ziemlich vage. Schließlich hatte ein heftiger Regenguss alle
Fußabdrücke und eventuelle Kampfmerkmale vernichtet.
Was ist aber von dem merkwürdigen
Zusammentreffen zu halten, dass im wörtlichen Sinne die Schlüssel zu beiden Fällen
in des Herzogs Schlüsselschrank hängen? Und es konnten keine Spuren eines gewaltsamen
Zugangs gefunden werden. – Ist der Täter im Gutshaus Altenburg zu suchen? Hat der
etwas leichtlebige Jungherzog seine Finger im Spiel? Oder gibt es vielleicht jemanden,
der sich dort Zugang verschafft hatte, um den Verdacht auf den Herzog oder auf seinen
Sohn zu lenken?
Noch einen
Toten kann ich mir nicht leisten. Ich darf die Angelegenheit nicht dem Lauf
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