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Schattenmenagerie

Schattenmenagerie

Titel: Schattenmenagerie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
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Zukunft.
    Im Mittelfeld der Stuhlreihen nahmen
die Mitglieder des Stiftungsrats Platz. Herr Romanowsky, mit einer Anstecknadel
bewaffnet, die wie die Ehrennadel der Fremdenlegion aussah, plauderte gestenreich
mit Frau Schuster, der Sekretärin der rechtsfähigen Stiftung des öffentlichen Rechts.
Ab und zu blinzelte er verstohlen zu Theresa, der Zofe des Herzogs, die am Rande
mit einem Beistellstuhl vorliebnehmen musste. Mit etwas geröteten Pausbacken verfolgte
sie eifersüchtig das harmlose Zwiegespräch der beiden. Schließlich war Frau Schuster
ledig und nicht unattraktiv.
    Herr Diabelli, der Schlossverwalter,
betrat den Raum erst, als man das Saallicht bereits abgedunkelt hatte. Er murmelte
als Entschuldigung etwas von wichtigen Terminen, die zu lange gedauert hätten. Herr
Kriebgans, der Revierförster, zog sich bescheiden mit seiner Ehefrau in eine der
letzten Reihen zurück. Ihre Stieftochter Caoba hatten sie nicht überreden können,
zum Konzert mitzukommen. Die wollte lieber die geheimnisvolle Nebelnacht im Wald
verbringen.
    An der Seite hockten auf eigens
beigestellten Klapphockern Inspektor Kroll und sein Kollege Dorndorf, die man aus
Gewissensgründen ebenfalls herbeibemüht hatte. Schließlich wollte der Herzog zeigen,
dass Eutin auch ein Quell der kulturellen Erbauung sein konnte, nicht nur ein Tummelplatz
von Verbrechern. Kroll hatte sich eigens zu dem feierlichen Anlass in seinen Tanzschulabschlussballanzug
gezwängt, der inzwischen etwas beengend wirkte, aber noch recht ordentlich aussah,
weil er ihn seitdem nur noch beim Abiball getragen hatte. Allerdings passten seine
Turnschuhe nicht dazu, was von einigen Besuchern naserümpfend zur Kenntnis genommen
wurde. Und dann auch noch offene Schnürsenkel! Kroll hatte sich nicht getraut, ein
Paar Lackschuhe von seinem Assistenten Hopfinger auszuleihen.
    Dorndorf hingegen war proper gekleidet.
Er hielt das für den feierlichen Anlass angemessen, auch wenn er der zu erwartenden
romantischen Musik skeptisch gegenüberstand. Sein Blick schweifte in die Runde.
Romanowsky, den Pächter der Fasaneninsel, erkannte er aufgrund eines Fotos, das
einer seiner Agenten heimlich geschossen hatte. Er machte Kroll auf ihn aufmerksam.
    Der Inspektor, der seitlich vor
Herrn Romanowsky saß, hatte Gelegenheit, den ihm bislang unbekannten Mann unauffällig
zu mustern, indem er so tat, als würde er die Architektur des Saales bewundern.
Von schlanker, stolz-aufrechter Statur ähnelte er eher dem adeligen Jungherzog als
einem Bauern, der er ja im Grunde wegen seiner Bewirtschaftung der Insel und der
Ausübung seiner Fischereirechte war. Zu diesem Beruf passten auch nicht seine gepflegten
Hände, fand Kroll. Körperliche Arbeit schien ihnen fremd zu sein.
    Eine längliche, konkav gewölbte
Nase dominierte das recht schmale, fast wangenknochenlose Gesicht mit der überraschend
blassen, bartlosen Haut. Durch den Nasenbogen wirkte das Antlitz spitzbübisch, ein
Eindruck, der durch die stets leicht nach oben gezogenen Mundwinkel mit den angedeuteten
Grübchen und dem ausgeprägten ›cleft chin‹, dem besonders durch Kirk Douglas bekannten
Kinngrübchen, verstärkt wurde.
    Die kleinen flinken Augen strahlten
Sarkasmus, ja Gewissenskälte aus. Die hoch liegenden, für ihre Kürze recht breiten
Augenbrauen stützten eine gewölbte, kantige Denkerstirn. Dem Gesamteindruck des
Aussehens nach schien es, als ob sich Herr Romanowsky über alle Welt erhaben dünkte,
– obwohl er doch nur ein Pächter war.
    Kroll irritierte das.
    Alle Anwesenden waren sich dessen
bewusst, Zeugen eines einzigartigen Konzerts zu werden. Man begrüßte sich vornehm
dezent, man genoss das Ambiente des neuen Konzertsaals, man konnte seine Kleider
und seinen Schmuck zeigen, man sonnte sich im eiskalten Licht der Neonsparleuchten.
    Nur für eine Person im Raum traf
das alles nicht zu. Viviana, die junge Pianistin, eigentlicher Mittelpunkt des heutigen
Konzerts. Sie trug ein schlichtes, schwarzes Kleid ohne jegliche Verzierung, ohne
Schleifen, ohne Rüschen. Kein tiefer, erotischer Ausschnitt, kein eitler Schmuck,
kein modisches Hilfsmittel. Eine schwarze Spange hielt die ansonsten rebellische
Haarpracht zu einem strengen Pferdeschwanz zusammen. Nicht einmal eine frei und
kess über die Stirn gelegte Locke gestand sie ihrem Publikum zu.
    Das Saallicht wurde langsam und
kunstvoll gedimmt. Die lebhafte Konversation der Konzertbesucher ebbte zögernd ab.
Noël hatte die Ehre, die Blinde im Lichtspot eines

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