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Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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fragte Knoche.
    »Ich hab Ihnen doch bestimmt schon mal gesagt, dass ich kein Hellseher bin.«
    »Darum geht’s mir auch nicht. Ich dachte, du hast vielleicht irgendwelche Indizien bemerkt.«
    »Sherlock Holmes bin ich leider auch nicht. Am besten spreche ich jetzt doch mit den Polizisten.«
    »Du solltest mal drüber nachdenken, ob das wirklich clever ist.«
    »Aber ich muss denen doch erzählen, was passiert ist!«
    »Willst du ihnen etwa von den Bodachs erzählen?«

    Der Polizeichef von Pico Mundo, Wyatt Porter, war ein väterlicher Freund von mir. Er wusste schon lange von meiner Gabe.
    Der hiesige Sheriff hingegen hatte von diesen Dingen natürlich keine Ahnung. Die Aussicht, mich mit ihm zusammenzusetzen und ihm zu erklären, dass ich nicht nur tote Menschen, sondern auch wölfisch durch die Nacht schleichende Dämonen sah, bereitete mir erhebliche Bauchschmerzen.
    »Chief Porter könnte den Sheriff hier anrufen und für mich bürgen«, sagte ich nachdenklich.
    Bruder Knoche hob zweifelnd die Augenbrauen. »Und wie lange würde das dauern?«
    »Vielleicht gar nicht besonders lange, wenn ich den Chief rasch erreichen kann.«
    »Ich meine nicht, wie lange der brauchen würde, um den Leuten hier zu verklickern, dass du kein Spinner bist. Wie lange würde es dauern, bis man ihm glaubt?«
    Da war was dran. Selbst Wyatt Porter war nicht leicht zu überzeugen gewesen, als ich ihm das erste Mal bei einem Mordfall auf die Sprünge half, und der war ein intelligenter Mensch, der mit meiner Großmutter befreundet gewesen war und auch mich gut kannte.
    »Junge, niemand außer dir sieht diese Bodachs. Wenn die Kinder im Internat oder wir alle von irgendjemand oder irgendwas bedroht sind, dann hast du die beste Chance herauszukriegen, was wie wann passieren wird – und die beste Chance, es zu verhindern. «
    Auf dem Mahagoniboden lag ein Perserteppich. Zwischen den geknüpften Ornamenten wand sich darauf ein Drache, der mich feindselig anzublicken schien.
    »So viel Verantwortung will ich nicht. Die kann ich nicht tragen.«
    »Der Mann im Himmel ist da offenbar anderer Meinung.«

    »Neunzehn Tote«, rief ich in Erinnerung.
    »Wo es zweihundert hätten sein können. Hör mal, Junge, glaub bloß nicht, dass es bei der Polizei nur so Leute gibt wie deinen Wyatt Porter.«
    »Das weiß ich schon.«
    »Heutzutage meint man, bei Gesetzen würde es bloß um juristische Fragen gehen. Man weiß nicht mehr, dass Gesetze eine Tradition haben, dass sie früher einmal nicht nur Verbote waren, sondern ’ne Lebensweise und ein Grund, so zu leben. Heute sieht es so aus, als würden bloß die Politiker Gesetze machen oder ändern, und deshalb ist es vielleicht kein Wunder, dass einige Leute sich nicht mehr drum scheren. Selbst manche von den sogenannten Gesetzeshütern kapieren nicht, worum es eigentlich geht. Wenn du, Odd, deine Geschichte jetzt der falschen Sorte Cop erzählst, dann wird der nie begreifen, dass du auf seiner Seite stehst. Das mit deiner speziellen Gabe glaubt der nicht. So einer meint, genau so was wie du wäre verkehrt gewesen an der Welt, wie sie früher war, und er ist froh, dass sie jetzt anders ist. Der hält dich für ’nen Fall für die Klapsmühle. Er kann dir einfach nicht vertrauen. Nie und nimmer. Angenommen, die kassieren dich ein, um dich zu beobachten, oder gar als Verdächtigen, falls sie ’ne Leiche finden – was tun wir dann?«
    Der arrogante Gesichtsausdruck des Drachen im Teppich und der grelle Faden, der seine Augen gewalttätig funkeln ließ, gefielen mir gar nicht. Ich stellte den linken Fuß auf das Fabeltier.
    »Na schön, dann erwähne ich meine Gabe und die Bodachs eben nicht«, sagte ich. »Ich kann ja einfach sagen, ich hab einen Mönch auf dem Boden liegen sehen, und dann hat mir jemand einen Knüppel über den Schädel gezogen.«
    »Wieso hast du dich um diese Zeit eigentlich da draußen herumgetrieben? Wo kamst du her, wo wolltest du hin, was hattest du vor? Wieso hast du so ’nen komischen Namen? Ach, bist du
nicht der Typ, der in seiner Heimatstadt als Held gefeiert wird? Wie kommt es eigentlich, dass du immer wieder in solche Situationen gerätst? Folgt dir das Unheil, oder bist du etwa sogar selbst daran schuld?«
    Er spielte den Advocatus Diaboli.
    Fast glaubte ich zu spüren, wie sich der Teppichdrache unter meiner Fußsohle hin und her wand.
    »Eigentlich habe ich denen ohnehin nicht viel zu sagen, womit sie was anfangen könnten«, gab ich zu. »Ich glaube, wir können warten,

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