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Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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amüsant.
    Gut, die meisten von ihnen waren so, aber eine Handvoll war eher schüchterner Natur. Und ein paar waren allzu stolz darauf, wie selbstlos sie ihr Leben geopfert hatten, sodass dieses Opfer nicht mehr ganz so selbstlos aussah.
    Einer von diesen Zeitgenossen, Bruder Matthias, breitete so penetrant sein wahrhaft enzyklopädisches Wissen über die Operetten von Gilbert und Sullivan aus, dass man sich in seiner Gegenwart zu Tode langweilte.
    Mönche sind nicht notwendigerweise schon dadurch heilig, dass sie Mönche sind. Außerdem sind sie immer und vollständig menschlich.
    Am Ende der Bemerkungen des Abtes eilten viele Brüder zu den Polizisten, die im Kreuzgang warteten, um ihnen eifrig ihre Hilfe anzubieten.
    Dabei fiel mir ein Novize auf, der mitten im fallenden Schnee auf dem Hof stehen geblieben war. Obwohl sein Gesicht von der
Kapuze verhüllt war, konnte ich sehen, dass er zu mir herüberstarrte.
    Es handelte sich um Bruder Leopold, der im Oktober seine Probezeit beendet hatte und daher erst zwei Monate das Gewand eines Novizen trug. Er kam aus dem Mittleren Westen und hatte ein ländliches Gesicht mit Sommersprossen und einem gewinnenden Lächeln.
    Was die fünf Novizen anging, misstraute ich nur ihm. Weshalb das so war, konnte ich mir nicht erklären. Es war ein Bauchgefühl, nicht mehr.
    Bruder Knoche trat auf mich zu, blieb stehen und schüttelte sich wie ein Hund, um den auf seiner Kutte haftenden Schnee loszuwerden. Er schob seine Kapuze zurück und sagte leise: »Bruder Timothy fehlt.«
    Bruder Timothy, an dessen Computer ich nachts im Internat die Haustechnik überprüft hatte, war niemand, der zu spät zur Matutin erschienen wäre. Auch war er kein Mensch, der seine Gelübde gebrochen hätte, um zu einem weltlichen Abenteuer zu entschwinden. Seine größte Schwäche bestand, wie bereits erwähnt, in seiner Gier nach KitKat-Riegeln.
    »Dann ist er der gewesen, über den ich heute Nacht fast gestolpert wäre. Ich muss mit den Polizisten sprechen.«
    »Noch nicht«, sagte Bruder Knoche. »Komm mit. Wir brauchen einen Ort, wo niemand die Ohren aufsperren kann.«
    Ich warf einen Blick auf den Hof. Bruder Leopold war verschwunden.
    Mit seinem frischen Gesicht und seiner ländlichen Direktheit schien Leopold in keiner Hinsicht berechnend oder verschlagen, verstohlen oder hinterlistig zu sein.
    Dennoch war es irgendwie irritierend, wie er urplötzlich auftauchte und verschwand. Er erinnerte mich an ein Gespenst, das nach Belieben erschien und sich wieder in Luft auflöste. Im
einen Augenblick war er da, im nächsten nicht mehr. Oder umgekehrt.
    Gemeinsam mit Bruder Knoche verließ ich den großen Kreuzgang und ging durch den Flur in den Hof des Gästehauses. Von dort traten wir durch die Eichentür in den Aufenthaltsraum im Erdgeschoss.
    Wir gingen zu dem Kamin am Nordende des Raums, obgleich dort kein Feuer brannte, und setzten uns in zwei Sessel, die sich gegenüberstanden.
    »Nachdem wir heute Nacht miteinander gesprochen hatten«, sagte Knoche, »hab ich nachgeschaut, ob alle im Bett lagen. Dazu hab ich natürlich kein Recht. Bin mir hinterhältig vorgekommen. Aber ich dachte, es ist das Richtige.«
    »Sie haben eine eigenständige Entscheidung getroffen.«
    »Genau das habe ich getan. Selbst damals, als ich noch ein dämlicher, von Gott verlassener Schläger war, habe ich manchmal eigenständige Entscheidungen getroffen. Wenn mir der Boss zum Beispiel den Auftrag gegeben hat, jemandem die Beine zu brechen, aber der Kerl hat schon nach dem ersten Bein kapiert, worum es geht, dann hab ich das zweite heil gelassen. So was in der Richtung.«
    »Entschuldigen Sie meine Neugier, Sir, aber … als Sie sich hier vorgestellt haben, um ins Kloster aufgenommen zu werden, wie lange hat da Ihre erste Beichte gedauert?«
    »Pater Reinhart sagt, es wären zwei Stunden und zehn Minuten gewesen, aber angefühlt hat es sich wie anderthalb Monate.«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    »Hm. Jedenfalls lassen manche der Brüder ihre Türen angelehnt und manche nicht, aber abgeschlossen ist kein einziges Zimmer. Ich hab von der Tür aus mit meiner Taschenlampe kurz überall hineingeleuchtet, um zu schauen, ob jemand im Bett liegt. Keiner hat gefehlt.«

    »War jemand wach?«
    »Bruder Jeremiah leidet an Schlaflosigkeit. Und Bruder John Anthony hatte vom Abendessen Sodbrennen.«
    »Die gefüllten Pfefferschoten.«
    »Ich hab den beiden gesagt, ich hätte Rauch gerochen und würde mich umsehen, ob’s irgendwo ein Problem

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