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Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Hände, bis der Bleistift nicht mehr zitterte. Dann setzte er seine Arbeit an dem Porträt fort.
    Seine Widerstandskraft war nicht die eines dummen, sondern die eines sanftmütigen Menschen, der sich zwar daran erinnert, verletzt worden zu sein, aber weder die Wut noch die Bitterkeit in sich aufrechterhalten kann, die das Herz spröde machen.
    »Nicht blöde«, sagte er. »Jacob weiß, was er gesehen hat.«
    Ich wartete, dann fragte ich: »Was hast du denn gesehen, Jacob?«
    »Die.«
    »Wen?«
    »Hab keine Angst vor denen.«
    »Vor wem?«
    »Vor denen und dem Nimmerwar. Hab keine Angst vor denen. Jacob hat bloß Angst, dass er falsch wegtreibt, wenn das Dunkle kommt. Hab nie gesehen, wo die Glocke geläutet hat, war nicht da, als sie geläutet hat, und das Meer, das bewegt sich, immer bewegt es sich, deshalb ist da, wo die Glocke geläutet hat, was Neues.«
    Wir waren zum Ausgangspunkt zurückgekehrt. Genauer gesagt: Ich fühlte mich, als wäre ich zu lange Karussell gefahren.
    Meine Armbanduhr zeigte 10:16 Uhr an.

    Ich war bereit, mich noch ein wenig im Kreis fahren zu lassen, in der Hoffnung, etwas zu begreifen, statt dass mir schwindlig wurde.
    Manchmal erlebt man eine Erleuchtung, wenn man sie am wenigsten erwartet. Das war zum Beispiel so, als ich und ein ständig lächelnder japanischer Chiropraktiker, der sich außerdem gut in Kräuterheilkunde auskannte, in einem Kühlraum mit Stricken gefesselt nebeneinander an einem Gestell mit Fleischerhaken hingen.
    Ein paar unangenehme Typen, die weder Achtung vor Alternativmedizin noch vor dem menschlichen Leben besaßen, hatten angekündigt, irgendwann in den Kühlraum zurückzukehren und uns zu foltern, um die gewünschten Informationen zu bekommen. Dabei ging es natürlich nicht um die wirksamste Kräutermischung zur Behandlung von Fußpilz oder irgendetwas Ähnliches. Sie wollten uns Informationen darüber entlocken, wo sich eine große Summe Bargeld befand.
    Verschlechtert wurde unsere Lage durch die Tatsache, dass sich die besagten Typen irrten: Die gewünschten Informationen waren uns völlig unbekannt. Hätten sie uns gefoltert, so hätten sie für ihre Mühe lediglich das Vergnügen gehabt, uns schreien zu hören, was ihnen wahrscheinlich ganz recht gewesen wäre, wenn sie daran gedacht hätten, einen Kasten Bier und ein paar Tüten Chips mitzubringen.
    Der kräuterkundige Chiropraktiker sprach etwa siebenundvierzig Wörter Englisch, während ich nur zwei Wörter Japanisch konnte, die mir selbst in einer solchen Zwangslage einfielen. Wir waren zwar hoch motiviert zu entkommen, bevor unsere Peiniger mit einem Sortiment Kneifzangen, einer Lötlampe, elektrischen Viehstöcken, einer CD der »Village People« mit Richard-Wagner-Arien und anderen fiesen Folterinstrumenten wiederkamen, aber ich hatte nicht viel Hoffnung, gemeinsam
eine erfolgreiche Strategie entwickeln zu können. Schließlich lauteten die mir bekannten japanischen Wörter Sushi und Sake .
    Eine halbe Stunde lang war unsere Kommunikation von meinem frustrierten Gestammel und der unerschütterlichen Geduld meines Leidensgefährten geprägt. Dann gelang es ihm zu meiner Überraschung, mir mit einer Reihe genialer Gesichtsausdrücke und acht Wörtern – darunter Spaghetti , Linguine, Houdini und Trick – zu vermitteln, dass er sich nicht nur in Chiropraktik und Kräuterkunde auskannte, sondern früher auch als Schlangenmensch im Varieté aufgetreten war.
    Er war zwar nicht mehr so gelenkig wie in jungen Jahren, doch gelang es ihm mit meiner Unterstützung, verschiedene meiner Körperteile als Trittleiter zu benutzen, um sich umzudrehen und zu der Stange hochzuschlängeln, an der wir hingen. Dort kaute er einen Knoten durch und befreite erst sich selbst und dann mich.
    Wir sind in Verbindung geblieben. Von Zeit zu Zeit schickt er mir Bilder aus Tokio, meist von seinen Kindern. Ich wiederum schicke ihm kleine Packungen gedörrte kalifornische Datteln mit Schokoüberzug, auf die er ganz wild ist.
    Während ich nun mit Jacob am Tisch saß, ermahnte ich mich, wenigstens halb so geduldig zu sein wie jener lächelnde, kräuterkundige, gelenkige Chiropraktiker, und daran zu denken, dass ich diesem bestimmt genauso mysteriös vorgekommen war, wie mir jetzt Jacob vorkam. Vielleicht konnte ich dann nach einer Weile nicht nur herausbekommen, was hinter Jacobs Andeutungen steckte, sondern ihm auch das entscheidende Detail entlocken, das mich darauf schließen ließ, welche Katastrophe auf uns zukam.
    Leider

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