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Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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und die Gleichmäßigkeit des filigranen Musters waren eindrucksvoll.
    Hätte mich sein Verhalten nicht an ein Chamäleon erinnert, das, als Rinde getarnt, auf einem Ast saß und auf das Nahen unschuldiger Schmetterlinge wartete, so hätte ich womöglich angefangen, an seiner Fähigkeit zu Missetaten zu zweifeln.
    »Als Hoosier sind Sie es doch bestimmt gewohnt, im Schnee Auto zu fahren, Sir.«
    »Durchaus. Schnee kenne ich nicht nur aus meiner Wahlheimat Indiana, sondern auch aus meiner eigentlichen Heimat Russland.«
    »In der Garage stehen zwei mit Schneepflug ausgerüstete Geländewagen. Mit denen müssen wir zur Abtei fahren, um einige der Brüder herzubringen.«
    »Und Sie wollen, dass ich eines dieser Autos fahre, Mr. Thomas?«
    »Ja, Sir. Wenn Sie das täten, wäre ich sehr dankbar. Sonst müsste ich zwei Mal fahren.«

    »Zu welchem Zweck kommen die Brüder hierher?«
    »Um den Schwestern bei der Betreuung der Kinder zu helfen, falls wegen des Blizzards der Strom ausfällt.«
    An einer Ecke des Kuchens formte Romanovich zum Abschluss eine perfekte Miniaturrose. »Besitzt das Internat denn keinen Notfallgenerator?«
    »Doch, Sir, natürlich besitzt es einen. Der bringt aber bei Weitem nicht dieselbe Leistung. Das heißt, die Beleuchtung müsste reduziert werden. In manchen Räumen müsste man die Heizung abschalten und die offenen Kamine anheizen. Außerdem will Schwester Angela vorbereitet sein, falls auch der Generator ausfällt.«
    »Sind die Stromversorgung und der Notfallgenerator denn schon jemals zur selben Zeit ausgefallen?«
    »Das weiß ich nicht, Sir. Ich glaube nicht. Aber ich habe den Eindruck, dass Nonnen geradezu davon besessen sind, alles bis ins kleinste Detail vorzuplanen.«
    »Zweifellos. Kann ich die Kuchen da noch fertigstellen oder müssen wir Hals über Kopf zur Abtei aufbrechen?«
    Knoche und die anderen brauchten bestimmt mindestens eine Dreiviertelstunde, um ihre Ausrüstung zusammenzusuchen und sich zur Abfahrt zu versammeln.
    »Machen Sie die Kuchen nur fertig, Sir«, sagte ich. »Die sehen übrigens toll aus. Wie wäre es, wenn wir uns um Viertel vor eins unten in der Garage treffen?«
    »Sie können sich auf mich verlassen. Bis dahin ist hier sicherlich alles erledigt.«
    »Danke, Sir.« Ich wollte schon gehen, entschloss mich jedoch, ihn noch einmal auf die Probe zu stellen. »Wussten Sie eigentlich, dass Cole Porter ein Hoosier war?«
    »Ja. Das gilt auch für James Dean, David Letterman, Kurt Vonnegut und Wendell Willkie.«

    »Cole Porter, der war vielleicht der größte amerikanische Songwriter des zwanzigsten Jahrhunderts.«
    »Ja, der Meinung bin ich ebenfalls.«
    »›Night and Day‹, ›Anything Goes‹, ›In the Still of the Night‹, ›I Get a Kick Out of You‹, ›You’re the Top‹. Sogar die Staatshymne von Indiana hat er geschrieben.«
    »Der Titel der Staatshymne lautet ›On the Banks of the Wabash, Far Away‹«, erklärte Romanovich. »Und wenn Cole Porter hören würde, dass Sie ihn als Autor bezeichnen, würde er sich zweifellos aus seinem Grab wühlen und Sie aufspüren, um schreckliche Rache zu üben.«
    »Ach. Dann war ich wohl falsch informiert.«
    Er wandte den Kopf lange genug von seiner Arbeit ab, um mir einen Blick zuzuwerfen, der einen winzigen Anflug von Ironie erkennen ließ. »Ich bezweifle, dass Sie je falsch informiert sind.«
    »Da irren Sie sich aber, Sir. Ich gebe jederzeit gern zu, dass ich über so gut wie nichts Bescheid weiß. Nur von allem, was Indiana angeht, bin ich regelrecht besessen.«
    »Um wie viel Uhr hat diese Hoosiermanie Sie denn heute Morgen gepackt?«
    Mann, war der Typ gewitzt.
    »Von heute Morgen kann keine Rede sein«, log ich. »Das ist schon immer so, jedenfalls, solange ich zurückdenken kann.«
    »Vielleicht waren Sie in einem früheren Leben auch mal ein Hoosier.«
    »James Dean zum Beispiel.«
    »Also, der waren Sie bestimmt nicht.«
    »Wie kommen Sie darauf, Sir?«
    »So viel Ruhmsucht und Grobheit, wie Mr. Dean sie zur Schau gestellt hat, könnte sich unmöglich von einer Inkarnation zur anderen völlig in Luft auflösen.«
    Über diesen Satz dachte ich aus verschiedenen Blickwinkeln
ein wenig nach. »Sir«, sagte ich dann, »ich habe zwar nichts gegen den verstorbenen Mr. Dean, aber was Sie da gerade gesagt haben, kann ich nur als Kompliment interpretieren.«
    Rodion Romanovich runzelte die Stirn. »Sie haben mir doch ein Kompliment über meine Kuchen gemacht, oder etwa nicht? Tja, nun sind wir

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