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Schattenreiter

Schattenreiter

Titel: Schattenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Nikolai
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um Abigail zu helfen«, meldete sich Roger hinter der Theke zu Wort. Er trocknete gerade ein Glas ab. »Gemeinsam werden wir das Schiff schon schaukeln.«
    Ich wusste, warum Roger sich solche Mühe gab, meine Tante zu beeindrucken. Die schien jedoch nach wie vor auf dem Schlauch zu stehen. Der Ärmste tat mir leid.
    Ich lief nach oben in mein Zimmer, um mich umzuziehen. Das Schmerzmittel zeigte Wirkung. Mir ging es viel besser. Ich spürte eine nie gekannte Energie in mir.
    »Viel Spaß«, rief mir meine Tante nach, als ich wieder herunterkam und durchs Café zur Garage eilte.
    Ich schwang mich auf das Moped und fuhr zu Rins Hütte zurück. Zu meiner Verwunderung stand seine Tür offen, und ich ging hinein.
    »Rin?«, rief ich, doch niemand antwortete. Ich sah mich erst im Wohnbereich, dann in der Küche und schließlich im Badezimmer um. Rin war nicht da. Aber wo war er? Ich hatte doch versprochen zurückzukommen.
    Nachdenklich ging ich wieder nach draußen, wo mir die Hufspuren auffielen, die gestern Abend noch nicht da gewesen waren. Ich hätte sie im Scheinwerferlicht des Mopeds gesehen, da war ich mir sicher.
    Offenbar war er wieder mit Larki unterwegs. Wenn ich mich nicht täuschte, waren es sogar zwei Pferde gewesen. Wahrscheinlich war seine Schwester mitgeritten.
    Ich beschloss, ihnen zu folgen, und schwang mich aufs Moped. Bisher war ich nur auf Asphaltstraßen oder zumindest ebenen Sandwegen gefahren. Der Pfad, der in den Wald führte, war allerdings ziemlich abenteuerlich. Ich hatte Glück, dass die Spuren sehr gut erhalten waren, so dass selbst jemand wie ich ihnen ohne Probleme folgen konnte. Sie führten mich zu einem kleinen See, der hinter hohem Schilf und Trauerweiden verborgen lag. Die Wasseroberfläche glitzerte in der Sonne, deren Strahlen durch die Baumwipfel fielen.
    Ein helles Lachen drang an mein Ohr. Ich blickte in die Richtung, aus der es kam, und entdeckte Hevova im Wasser. Sie spritzte Rin nass, der heftig mit den Armen paddelte. Offenbar amüsierten sie sich gut. Ich bekam Lust, es ihnen gleichzutun, stieg vom Moped, zog Schuhe und Socken aus, um zu testen, ob das Wasser eine angenehme Temperatur hatte. Vorsichtig tauchte ich meinen großen Zeh hinein und bekam fast einen Herzstillstand. Es war eisig. Wie hielten die beiden es bloß darin aus?
    Also blieb ich lieber am Ufer. Bei den Wassertemperaturen holte ich mir sonst den Tod. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und winkte den beiden zu. Aber sie bemerkten mich nicht. Hevova war damit beschäftigt, Rins Kopf unter Wasser zu drücken. Der schlug mit den Armen so wild um sich, dass sich Wellen bildeten.
    »Rin! Hevova! Ich bin hier!«, rief ich, so laut ich konnte.
    Aber sie hörten mich nicht,
    Rin befreite sich schwungvoll aus Hevovas Griff und schoss einer gewaltigen Fontäne gleich in die Höhe. Sein Kopf und seine Schultern waren bereits sichtbar, als plötzlich die Beine eines Pferdes an die Oberfläche stießen. Rin wuchs vor meinen Augen einige Meter in die Höhe. Ein gewaltiger brauner Körper kam unter denWassermassen zum Vorschein. Er bäumte sich über Hevova auf. Hufe schlugen in die Luft und trieben glitzernde Wasserperlen über sie her. Aber Hevova schrie vor Angst nicht auf, wie ich es in ihrer Situation beim Anblick dieses gewaltigen Wesens getan hatte, sondern schoss ebenfalls in die Höhe. Und auch unter ihr tauchte ein Pferdekörper auf.
    Mein Verstand konnte nicht verarbeiten, was meine Augen sahen. Rin saß nicht etwa auf dem Rücken eines Pferdes. Nein, dieses Pferd war ein Teil von ihm, ein Teil seines Körpers! Ein irres Zerrbild.
    An der Stelle, wo sich bei einem Pferd normalerweise der Hals befand, fing Rins Oberkörper an. Statt seiner Beine sah ich die des Tieres. Beide Wesen schienen miteinander verwachsen. Der Großteil seines Körpers aber war noch im Wasser. Er musste gigantisch sein.
    Ausgelassen tobten sie durch das Nass und trieben Wellen vor sich her. Ihre Schweife peitschten durch die Luft und zeichneten einen Vorhang aus schimmerndem Wasser.
    Ich konnte meinen Blick nicht von diesen erstaunlichen Wesen abwenden, bis Hevova plötzlich auf mich deutete.
    Sie hatte mich entdeckt! Ich wich erschrocken zurück, verlor um ein Haar das Gleichgewicht, rappelte mich wieder auf und rannte, so schnell ich konnte, zu meinem Moped. Ich hörte, wie sie durch das Wasser jagten. Aber ich war schneller. Rasch lenkte ich das Moped durch zwei eng beieinanderstehende Bäume und kam wieder auf den Sandweg, dem ich

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