Schattenreiter
Calmwood zurückbringen?«
»Nein, doch nicht wegen so was.« Ich wollte mir den Tag nicht davon verderben lassen und hatte eine Idee. »Vielleicht fahren wir nach Rapid City. Dort gibt es die besten Shakes weit und breit.«
»Sehr gerne.«
Wir stiegen wieder ein und fanden uns wenig später in einem typisch amerikanischen Diner wieder. Der Kratzer hatte aufgehört zu bluten, und die Sache war schnell wieder vergessen.
Isaac bestellte sich einen Cheeseburger und einen Schokoshake. Der Eintopf hatte nicht lange vorgehalten.
Ich wählte Chicken Wings und einen Erdbeershake.
»Macht wirklich Spaß, mit dir unterwegs zu sein. Das sollten wir vielleicht öfter machen?«, meinte Isaac und lächelte mich zärtlich an.
Die Kellnerin brachte unsere Bestellung, und ich begann, an meinem mit Chili gewürzten Hühnerflügel herumzuknabbern. Die Dinger waren so scharf, dass ich einen kräftigen Schluck Erdbeermilch trinken musste. Selbst danach brannte es noch in meinem Rachen.
»Ja, solange ich noch da bin, sollten wir das ausnutzen«, gab ich ihm recht.
»Von jetzt an kommst du doch sicher öfter nach Calmwood, oder?«
»Ja, ganz bestimmt.« Dafür gab es einen guten Grund. Und der hieß Rin.
Isaac nickte sichtlich zufrieden und steckte seinenStrohhalm in den Mund. Zäh floss die dicke Creme nach oben. Als schließlich nur noch ein kleiner Rest übrig war, verursachte der Strohhalm im Shake seltsame Geräusche, die uns zum Lachen brachten. Es klang wie ein Blubbern oder Gurgeln.
Ich winkte der Kellnerin und wollte bezahlen, aber Isaac erklärte: »Das geht auf mich. Ich hatte heute einen wirklich tollen Tag, und das ist mein kleines Dankeschön.«
»Och, Isaac. Eigentlich wollte ich mich doch bei dir bedanken.«
»Deine Gesellschaft ist mir Dank genug.« Er zückte seine Geldbörse.
»Du bist ein echter Schatz, weißt du das?« Isaac wurde rot und gab der Kellnerin ein ordentliches Trinkgeld. Als wir das Restaurant verließen, war es bereits dunkel. Isaac, ganz Gentleman, ließ es sich nicht nehmen, mich nach Hause zu bringen. »Danke für diesen schönen Abend«, sagte er.
Ich stieg aus, winkte zum Abschied und war mir sicher, einen neuen guten Freund gefunden zu haben.
Als ich das Desert Spring betrat, staunte ich nicht schlecht, Gladice hinter der Theke stehen zu sehen. Sie trug nur noch einen kleinen Verband um ihren Arm, und ihre Beweglichkeit hatte sichtlich zugenommen. Es waren nur wenige Gäste im Café. Viel gab es also nicht zu tun.
»Guten Abend, Gladice.« Ich blickte mich irritiert nach meiner Tante um.
»Abigail ist nicht hier.«
»Das sehe ich. Wo ist sie denn?«
Gladice wischte die Theke mit einem Lappen ab.»Hab gehört, du hast dir den Rushmore angesehen? Und wie war’s?«
»Gut! Beeindruckendes Monument.«
»Ja, das lockt viele Touristen in unsere Gegend. Alle wollen ihn sehen, den Rushmore.«
»Und das bei den Ticketpreisen. Aber sag mal, wo ist denn meine Tante? Sieht ihr doch gar nicht ähnlich, ihr geliebtes Desert Spring allein zu lassen.«
»Na, na, sie hat es ja in gute Hände gegeben.« Gladice zwinkerte mir zu und brachte einem Gast ein Glas Orangensaft. Als sie zurückkam, beugte sie sich über die Theke und flüsterte verschwörerisch: »Roger führt sie heute groß aus, in ein schickes Restaurant in Rapid City.«
»Oho, ich verstehe. Kann man dir helfen?«
»Lass mal, Jorani. Hier ist ja nicht viel los. Das schafft die alte Gladice schon allein.«
»Na schön«, sagte ich und musste gähnen. »Ich bin sehr müde. Wenn du also ohne mich klarkommst, geh ich ins Bett.«
»Nur zu, Kleine. Schlaf schön.«
Ich ging auf mein Zimmer und wollte mich eigentlich nur ausruhen, doch kaum lag ich in meinem Bett, übermannte mich die Müdigkeit so stark, dass ich auf der Stelle einschlief.
Am Morgen stieg mir der Duft von Pfannkuchen in die Nase. Ich ging hinunter ins Café, wo Abigail und Roger an einem Tisch saßen, auf dem ein Stapel Pfannkuchen und eine Kanne mit Ahornsirup standen. Kaffee dampfte aus zwei großen Tassen. Roger putzte gerade seine Brille, und meine Tante las die Morgenzeitung. Das Desert Spring war noch geschlossen. In einer halben Stunde würde Abigail das »Open«-Schild vor die Tür hängen, und die ersten Gäste würden nicht lange auf sich warten lassen.
»Guten Morgen«, grüßte ich die beiden.
»Morgen, Jorani, setz dich zu uns. Wir haben Pfannkuchen gemacht«, sagte Tante Abigail. Auf diese Einladung hatte ich nur gewartet. Rasch organisierte ich
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