Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenriss

Schattenriss

Titel: Schattenriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
Vom Netzwerk:
keinen Beweis dafür, dass er ihr nicht einfach ...« Goldstein brach ab, als ihm aufging, was er da gerade sagen wollte.
    ... dass er ihr nicht einfach nur die Hand abgehackt hat, ergänzte Verhoeven im Stillen, und er spürte, wie sich eine Gänsehaut über seinen Körper breitete. Aber wem? Die Hand, die die Entführer fein säuberlich in einen kleinen Pappkarton mit aufgedruckten Rosen verpackt und anschließend einem vierjährigen Jungen übergeben hatten, war zweifelsfrei die Hand einer Frau. Die Frage war, von welcher. Und ob diese Frau noch lebte.
    Verhoevens Blick fiel auf die Fotos der Geiseln, die inzwischen überall auf dem Tisch verstreut lagen. Schnell schloss er die Augen, aber die Bilder ließen sich nicht ausblenden. Sie standen vor ihm wie in Stein gemeißelt. Vier Frauen: Jenna Gercke, Evelyn Gorlow, Iris Kuhn und ... Winnie.
    Entfernt, wie von weit her, drang Werner Brennickes Stimme an sein Ohr: »Sie haben da einen schwerwiegenden Fehler begangen, darüber sind Sie sich ja hoffentlich im Klaren.«
    Goldstein zuckte die Achseln. Eine beinahe aufreizend gleichgültige Geste. Von mir aus. Wenn Sie meinen ...
    »Während Sie Ihren«, Brennicke betonte das Wort bewusst abfällig, »Job getan haben, wurde eine der Geiseln erschossen.«
    Goldstein stieß ein hohles Lachen aus. »Das glauben Sie doch selbst nicht, oder?«
    »Doch«, entgegnete der BKA-Mann. »Ich glaube, dass die Hand, die uns die Geiselnehmer geschickt haben, einer Toten gehört.«
    »Das mag ja sein«, räumte Goldstein ein. »Aber das eine sage ich Ihnen: Falls die Geisel tatsächlich tot ist, wurde sie nicht von dem Mann umgebracht, mit dem ich telefoniert habe.«
    »... und den Sie selbstredend wie Ihre Westentasche kennen«, stichelte Brennicke ungerührt weiter.
    »Das vielleicht nicht«, sagte Goldstein. »Aber ich mache diesen Job, wie Sie es nennen, nicht erst seit gestern. Und aus der Erfahrung Dutzender und Aberdutzender solcher Gespräche heraus sage ich Ihnen mit gutem Gewissen, dass der Mann, mit dem ich verhandle, bislang nicht getötet hat.«
    »Ihre Profilerin ist in diesem Punkt ganz offenbar anderer Meinung«, konterte der BKA-Mann, indem er aufmunternd zu Monika Zierau hinüber sah.
    »Dann irrt sie sich«, entgegnete Goldstein lapidar.
    Doch dieses Mal war es nicht Arroganz, was Verhoeven in seiner Stimme zu hören glaubte, sondern eine tiefe innere Überzeugung. Dieser Mann ist entweder ein Genie oder der größte Egomane, dem ich je begegnet bin, dachte er. Vielleicht auch beides.
    Ich sage Ihnen mit gutem Gewissen, dass der Mann, mit dem ich verhandle, bislang nicht getötet hat.
    Verhoeven starrte Winnie Hellers Foto an, das neben seiner Kaffeetasse lag. Es war vor allem das Wort bislang , das ihm Sorgen bereitete. Und das Wissen um Goldsteins Einschätzung des Snipers vom Kochbrunnenplatz. Ich denke, dass wenigstens einer von denen tatsächlich Spaß am Verletzen hat . Vielleicht ist dieser mysteriöse Mantel-Mann tatsächlich Tejas Mann fürs Grobe, dachte Verhoeven. Und Winnie ist in seinen Händen ...
    »Und wenn die Sache über die Bühne ist?« Werner Brennicke rutschte auf seinem Sitz herum, bis er Goldsteins Aufmerksamkeit hatte.
    »Was meinen Sie?«, fragte der Unterhändler.
    »Legen Sie Ihre Hand dafür ins Feuer, dass die Entführer die Geiseln laufen lassen, wenn ihre Forderungen erfüllt sind?«
    »Ich bin mir nicht sicher«, erklärte Goldstein nach einem kurzen Moment des Zögerns. »Hierzu eine Prognose abzugeben wäre in höchstem Maße unseriös. Zumal wir von den anderen drei Entführern bislang so gut wie nichts wissen.«
    Brennicke nickte. »Vielen Dank«, sagte er mit ins Fleisch schneidender Ironie. »Das war wirklich überaus hilfreich.« »Hilfreich oder nicht, es entspricht der Wahrheit.«
    »Und wie sehen Sie die Sache?«, wandte der BKA-Mann sich an Monika Zierau.
    »Genauso«, entgegnete die Psychologin kühl. Dann lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust.
    Brennicke stutzte. Vielleicht hatte er damit gerechnet, Goldsteins Profilerin zu einer offenen Meuterei bewegen zu können. Als er sah, dass er keinen Erfolg haben würde, wandte er sich wieder an Goldstein: »Leider ist zu konstatieren, dass Sie rein gar nichts erreicht haben.«
    »Das sehe ich anders.«
    »Und wie?« Werner Brennicke schob seine Brille zurecht. »Was haben wir Ihrer Meinung nach denn gewonnen?«
    »Zeit«, bemühte Goldstein ein altbekanntes Argument, ohne

Weitere Kostenlose Bücher