Schattenriss
einen Blick mit seinem jungen Kollegen. »Dann haben sie die Dinger geklaut und anschließend auf dieses Fahrzeug montiert.«
»Sieht so aus.«
»Zentrale?«, flüsterte Bredeney in sein Funkgerät. »Überprüfen Sie auch alle VW Passat, die in den letzten Wochen gestohlen wurden.«
»Schon dabei.«
»Okay, wir warten.«
Oskar Bredeney sah sich um. Das verdächtige Fahrzeug hatte jetzt den Bürgersteig vor der Praxis erreicht. Der Widerschein des verbliebenen Bremslichts tauchte die halbhohe Mauer neben dem Haus in ein rötliches Licht, als der Fahrer den Wagen zum Stehen brachte.
Ein paar quälend lange Sekunden geschah nichts. Dann wurde die Tür auf der Beifahrerseite geöffnet.
Bredeney verrenkte sich fast den Rücken, als er seine Canon an der Kopfstütze seines Sitzes vorbei manövrierte. Im Sucher der Kamera erschien ein Gesicht. »Ein Mann, etwa dreißig. Blond. Schlank.«
»Ich rufe Hinnrichs an. Wir brauchen Verstärkung.« Werneuchen griff an seinem Kollegen vorbei, während Bredeney sich noch näher an den Geiselnehmer heranzoomte. Die mattschwarze Jacke des Mannes schluckte das Licht der nächsten Straßenlaterne, als er langsam, aber nicht zu langsam auf die Haustür zuging.
»Was macht er?«
»Geht die Einfahrt rauf.« Bredeneys Canon folgte dem Rücken des Mannes. Dann knurrte er plötzlich: »Scheiße. Wir sind so was von gar nicht vorbereitet!«
»Was meinst du?«
»Von dem Arzt bekommen sie, wenn überhaupt, nur das Rezept«, sagte Bredeney anstelle einer Antwort. »Also wo, zum Teufel, ist hier die nächste Apotheke?«
»Ich weiß nicht«, stotterte Werneuchen. »Ich kenne mich in der Gegend nicht aus. Und auf der Herfahrt habe ich keine gesehen.«
Bredeney gab die Frage an die Zentrale weiter, während Werneuchen mit Hinnrichs sprach. Wenige Sekunden später erhielt er Auskunft. Die nächstgelegene Apotheke befand sich zwei Straßen weiter in die andere Richtung, nur etwa fünfhundert Meter Luftlinie von ihnen entfernt.
»Soll ich ein Team hinschicken?«, wollte die diensthabende Beamtin wissen.
Bredeney bejahte. »Ja, aber nur eins. Sie sollen ein ziviles Fahrzeug benutzen und sich so unauffällig wie möglich verhalten. Wir übernehmen die Erstverfolgung des verdächtigen Fahrzeugs und halten Sie auf dem Laufenden. Sorgen Sie dafür, dass wir Unterstützung kriegen, damit wir uns ablösen können.« Er hob die Canon wieder ans Auge. »Wenn wir Glück haben, führen sie uns geradewegs zu ihrem Versteck.«
»Also zunächst kein Zugriff?«, vergewisserte sich die Beamtin mit der sympathischen Stimme noch einmal.
»Nein«, rief Bredeney. »Die Kollegen dürfen auf keinen Fall einschreiten, verstanden? Egal, was passiert.«
11
»Wir lassen Ylva Bennets Wohnung ab sofort nicht mehr aus den Augen«, erklärte Goldstein mit vollem Mund. Irgendjemand hatte Pizza bestellt, ohne zu fragen. Auf dem Tisch der Liesons stapelten sich die Kartons. »Auch wenn ich lebhaft bezweifle, dass dieser Maik so dumm ist, sich dort blicken zu lassen.«
»Nicht, nachdem du ihm so bereitwillig verraten hast, dass du von seiner Suche nach Malina weißt«, pflichtete Monika Zierau ihm bei. Sie verfügte über die bemerkenswerte Gabe, messerscharfe Kommentare abzugeben, ohne auch nur im Mindesten zickig zu klingen. Im Gegenteil. Eigentlich sprach sie – bis auf die Tonhöhe – wie ein Mann.
»Das muss ja nicht zwingend bedeuten, dass ich auch von seiner Mutter weiß«, konterte Goldstein. »Teja könnte auch annehmen, dass es doch einen Zeugen gegeben hat. Jemanden, den sie in der Bank übersehen haben. Oder er vermutet noch immer, dass Lieson sein Mann ist, und geht davon aus, dass er uns gegenüber ausgepackt hat.«
Monika Zierau antwortete nicht. Als Werner Brennicke vor einer guten halben Stunde gegangen war, hatte er sie gebeten, ihn kurz nach draußen zu begleiten. Sie war seiner Bitte mit sichtlichem Widerwillen nachgekommen und bereits wenige Minuten später wieder in Walther Liesons Wohnzimmer zurückgekehrt. Aber seither verhielt sie sich ungewohnt wortkarg, und Verhoeven überlegte, ob der BKA-Mann die Psychologin mit irgendetwas unter Druck gesetzt haben konnte.
»Sie müssen essen«, raunte Hinnrichs ihm von der Seite zu. »Ich habe keinen Hunger«, sagte Verhoeven.
»Trotzdem«, entgegnete sein Vorgesetzter und reichte ihm ein Pizzaviertel mit Salami aus der Schachtel auf seinen Knien. Dann reckte er den Hals in Luttmanns Richtung. »Haben Sie schon irgendwas Neues zu
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