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Schattenriss

Schattenriss

Titel: Schattenriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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indem er seinem Computerspezialisten eine Hand auf die jungenhafte Schulter legte. »Du musst irgendwen auftun, der Hans Selinger gut gekannt hat. Einen ehemaligen Arbeitskollegen oder Stasispezi oder was auch immer.«
    »Und dann?«
    »Schickst du demjenigen Fotos von Quentin Jahn und Horst Abresch und hörst, was er dazu zu sagen hat.« Goldsteins Hand tastete nach dem Basecap auf seinem Kopf. »Denn eins steht fest: Neue Identität hin oder her, für jemanden, der ihn gekannt hat, muss der Kerl nach wie vor zu erkennen sein. Der beste Beweis dafür ist Ylva Bennet.«
    »Und warum machen Sie es sich so schrecklich kompliziert?«, fragte Hinnrichs. »Sie könnten doch genauso gut Ylva Bennet selbst fragen.«
    Der Unterhändler schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Das werde ich nicht tun.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil sie ganz offenbar verwirrt ist.«
    Hinnrichs schob trotzig die Unterlippe vor. »Das heißt nicht, dass sie keine klaren Momente hat, oder?«
    »Schon«, brummte Goldstein. »Aber wir können nun mal nicht riskieren, dass sie uns den Falschen nennt. So wie ihrem Sohn.«
    »Aber ...«, wollte Hinnrichs dem Unterhändler gerade ein weiteres Mal widersprechen, als die Wohnzimmertür der Liesons aufflog und Werner Brennicke hereinstürmte. Dieses Mal war er wieder in Begleitung seines Musterschülers, dessen royal-blaues Businesshemd vollkommen deplatziert wirkte.
    »Treffer!«, verkündete er, kaum dass er durch den Türrahmen war. »Das Team, das die ehemalige Igano-Lackfabrik überprüfen sollte, hat an einem der Ausgänge einen Mann stehen sehen.« Er knallte eine Fotografie auf den Couchtisch. »Der Kerl hat dort in aller Seelenruhe eine Zigarette geraucht und ist anschließend wieder im Inneren des Gebäudes verschwunden.«
    »Bernd Hoff«, erklärte Monika Zierau, die aufgestanden war und sich das Foto gegriffen hatte. »Eindeutig.«
    Goldstein riss sich das Basecap vom Kopf. »Hat er unsere Leute gesehen?«
    »Natürlich nicht«, wiegelte Brennicke ab.
    »Sind Sie ganz sicher?«
    Der BKA-Mann schob seinen Schildkrötenkopf vor. »Ja.« »Und warum erfahre ich nichts davon?«
    Im Rücken seines Mentors setzte Jens Büttner ein breites Grinsen auf. »Das tun Sie doch gerade.«
    »Was haben Sie denn jetzt veranlasst?«, schaltete sich Monika Zierau ein, die spürte, dass Goldstein drauf und dran war, die Nerven zu verlieren.
    Werner Brennicke nahm seine Brille ab, ohne die sein Gesicht noch nackter wirkte. »Das SEK ist bereits auf dem Weg.«
    Goldstein starrte ihn an. »Nicht bevor Voigt wieder da ist«, sagte er. »Wenn er zurückkommt und spitzkriegt, dass das Gebäude umstellt ist ...«
    »Wer wann wo in Stellung geht oder nicht, ist ganz allein meine Entscheidung«, hielt Brennicke ihm entgegen. »Und Sie dürfen getrost davon ausgehen, dass dieser Einsatz bereits von höchster Stelle abgesegnet ist.« Er stutzte, als er sah, dass Goldstein nach seiner Jacke griff. »Was haben Sie vor?«
    »Hinfahren«, erwiderte der Unterhändler knapp.
    »Das ...«, Jens Büttner tauschte einen Blick mit seinem Vorgesetzten, der ihm mittels eines knappen Nickens grünes Licht gab, »wird nicht nötig sein.«
    Goldstein hielt mitten in einer Bewegung inne, und seine Haltung wurde drohend. »Und warum nicht?«
    »Weil Ihr Job das Verhandeln ist«, übernahm Werner Brennicke die Antwort dieses Mal selbst. »Und weil Ihr Verhandlungspartner Ihnen vor ...«, er sah auf die Uhr, »... vor ziemlich genau sechzehn Minuten die Zusammenarbeit aufgekündigt hat.«
    »Das ist nicht wahr!«, rief Goldstein, offenkundig ehrlich überrascht. »Teja vertraut mir.«
    Werner Brennicke leckte sich genüsslich über die fahlen Lippen, die im Licht der strahlend hellen Deckenfluter kaum vorhanden schienen. »Das sehe ich anders.«
    »Ich lasse mich nicht einfach ausbooten«, schrie Goldstein, und die Adern an seinen Schläfen traten hervor wie dicke, klopfende Schläuche. »Wenn Sie ...«
    »Noch einmal zum Mitschreiben«, unterbrach ihn Brennicke, der plötzlich so groß und präsent wirkte, dass selbst Hinnrichs erstaunt einen Schritt zurückwich. »Das, was jetzt noch zu tun ist, ist Sache des SEK.« Die kühlen grünen Augen des BKA-Mannes fixierten einen Punkt zwischen Goldsteins Brauen. »Und Sie sind raus aus der Sache, verstanden?! Ein für allemal ...«
     
     
     

10
     
    Verhoeven hatte das Handy unter dem Mülleimer gefunden und sich von Maik Voigt auf einen weitläufigen Parkplatz am Mainzer Rheinufer lotsen

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