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Schattenschmerz

Schattenschmerz

Titel: Schattenschmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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und betont: «
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lässt sich nicht erpressen. Wir sind ein sauberes Unternehmen und halten uns strikt an die Gesetzgebung.»
    Sigrid Werlemann hatte den Männern einen Kaffee serviert. Beim Hinausgehen hörte sie, wie der Geschäftsführer vorschlug, die Polizei einzuschalten.
    Hasso von Germershausen schnellte von seinem Stuhl hoch. «Genau das machen wir nicht! Was meinen Sie, wie lange es dauert und die Medien Wind davon bekommen? Und dann fangen die an zu fragen und zu graben. Ich bin nicht bereit, den Kopf für Dinge hinzuhalten, die längst Schnee von gestern sind.»
    Sigrid Werlemann hatte rasch die Tür hinter sich geschlossen. Doch trotz der doppelten Verkleidung hörte sie, wie Hasso von Germershausen in seinem Büro tobte. In der Regel hatte ihr Chef seine Gefühle immer im Griff. Tatsächlich wurde Hasso von Germershausen sogar leiser, je wütender er wurde. Sobald er seine Stimme senkte, wussten seine engsten Mitarbeiter, dass das Gespräch eine unangenehme Wendung nehmen würde. Gefährlich wurde es, wenn er seinen Worten auch noch ein schmallippiges Lächeln hinterherschickte. So wie kürzlich, als er einem Abteilungsleiter Illoyalität vorwarf. Der Mann hatte sich verteidigen wollen, doch von Germershausen schnitt ihm kühl das Wort ab. «Was würden Sie an meiner Stelle machen, wenn Sie kein Vertrauen mehr zu Ihrem Mitarbeiter haben?» Dabei musterte er den Abteilungsleiter und verzog sein Gesicht zu einem falschen Lächeln.
    Beunruhigt suchte sein Mitarbeiter nach der richtigen Antwort.
    «Genau!», kam ihm von Germershausen zuvor und tat so, als hätte der Mann ihm gerade einen Vorschlag unterbreitet. «Sie würden sich von dem illoyalen Mitarbeiter trennen.»
    Sigrid Werlemann hielt sich an der Tischkante fest und musste schwer schlucken. Wann hatte der Erpresser
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zuletzt geschrieben und dem Unternehmen die Frist gesetzt?
    Vergeblich versuchte sie sich zu erinnern. In Gedanken sah sie Hasso von Germershausen in seinem Büro telefonieren. Seine Stimme hatte diesen weichen, lockenden Unterton, der nicht zu ihm zu passen schien … Und plötzlich fiel es ihr wieder ein. Sie hatte einen Tisch für von Germershausen bei einem Italiener in der Innenstadt reserviert und seine Nachmittagstermine verschoben. Abends, als sie den Papierkorb ihres Chefs ausleerte, fiel ihr die zerrissene Seite ins Auge. Sie kämpfte mit sich, doch dann überwog ihre Neugier. Entschlossen zog sie die beiden Teile aus dem Papierhaufen und fügte sie wieder zusammen. Der Brief schien kopiert. Sigrid Werlemann versicherte sich mit einem raschen Blick zur Tür, dass sie unbeobachtet war. Dann begann sie mit wachsender Spannung zu lesen:
    Sie haben noch fünf Tage Zeit, unsere Forderungen zu erfüllen. Sollte
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nicht zahlen, wird die Vergangenheit Ihre Firma einholen. Stellen Sie sich Ihrer Verantwortung, oder wir werden Sie dazu zwingen!
    Die Mütter und Väter von Paghman.
    Als in dem Moment ihr Telefon klingelte, zuckte sie erschrocken zusammen und steckte sich die zerrissene Seite eilig in die Innenseite ihres Jacketts. Dann schüttete sie den restlichen Inhalt des Papierkorbs in eine blaue Mülltüte. Dasselbe pflegte sie abends auch mit dem Papierkorb an ihrem Arbeitsplatz zu tun. Als letzte Amtshandlung eines jeden Tages brachte sie höchstpersönlich den Inhalt mit dem Altpapier der Chefetage in ein kleines Abstellzimmer am Ende des Flurs, in dem ein Reißwolf stand. Hasso von Germershausen hasste die Vorstellung, irgendwelche Putzfrauen könnten in seinen weggeworfenen Unterlagen stöbern – so wie sie es heute getan hatte, dachte Sigrid Werlemann verschämt. Doch auch die Tatsache, dass die meisten Reinigungskräfte in der Firma nur wenig Deutsch sprachen, änderte nichts daran, dass sie alles Altpapier aus ihren beiden Büros eigentlich wie Geheimunterlagen zu behandeln hatte.
    Sigrid Werlemann stand mit einem Ruck auf, sodass ihr Küchenstuhl nach hinten kippte. Ohne dem umgestürzten Stuhl weiter Beachtung zu schenken, lief sie die Treppe zum ersten Stock ihres Reihenhauses hinauf und durchsuchte ihre Kleidung. In der Innentasche eines braunen, feingewebten Wolljacketts wurde sie fündig: Mit zitternden Fingern fügte sie die beiden zerrissenen Teile des Erpresserschreibens zusammen, das sie vor Tagen heimlich eingesteckt hatte, und überflog den Text. «… Sie haben noch fünf Tage Zeit, unsere Forderungen zu erfüllen …»
    Sigrid Werlemann las das Schreiben ein zweites

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