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Schattenschmerz

Schattenschmerz

Titel: Schattenschmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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die Scheibe heraus und landete vor seinen Füßen auf dem Boden. Steenhoff hob sie seufzend wieder auf, legte zwei Scheiben Schinken obenauf und stellte das Radio an.
    Es war 7 Uhr.
    Gleich die erste Meldung behandelte den Anschlag im Park.
    Steenhoff drehte lauter. Der Moderator fasste die Ereignisse des vergangenen Tages noch mal zusammen und ging auf die Pressekonferenz am Abend zuvor im Präsidium ein. Dann schaltete er zu einem jungen Reporter, den er wie einen Experten befragte und der die Aussagen des Polizeipräsidenten Jürgen Tetzlaff für die Zuhörer bewertete. Steenhoff versuchte, die Stimme des Mannes einem Gesicht von früheren Pressekonferenzen zuzuordnen, aber es gelang ihm nicht. Nach wenigen Minuten übergab der Reporter wieder an den Moderator. Dieser ging jedoch nicht zu einem neuen Thema über, sondern fing nun seinerseits an, die Fakten zu interpretieren.
    «Noch ist keinerlei Motiv für die unfassbare Tat im Neustadtspark erkennbar», hörte ihn Steenhoff ernst sagen. «Nach Auskunft der Polizei gibt es bislang kein Bekennerschreiben. Da die Vorgehensweise auf einen professionellen Täter schließen lässt, gehen Experten davon aus, dass es weitere Anschläge geben könnte.»
    Steenhoff rückte so heftig mit seinem Stuhl vom Tisch ab, dass der Kaffee in der Tasse überschwappte. Was redete der Mann da? War er wahnsinnig? Und wer sollte dieser ominöse Experte vor Ort sein?
    Steenhoff hatte mit dem Polizeipräsidenten vereinbart, alles zu tun, um Hysterie oder Panik in der Bevölkerung zu vermeiden. Wie er seinen Chef kannte, hatte sich dieser an die Absprachen gehalten und war den Fragen der Journalisten bezüglich weiterer Anschläge geschickt ausgewichen. Keiner aus der Sonderkommission würde wagen, an ihm oder der Pressestelle vorbei mit den Medienleuten zu sprechen. Niemandem war geholfen, wenn die Menschen in der Stadt plötzlich überall Gefahr witterten. Im Gegenteil. Der Druck auf die Ermittler würde immens steigen und damit die Chance, dass sie etwas falsch machten oder übersahen. Schon jetzt war der Druck groß, dem Spuk so schnell wie möglich ein Ende zu machen. Doch letztlich konnte niemand vorhersagen, ob der Anschlag einmalig oder tatsächlich der Auftakt zu noch Schlimmerem sein würde.
    ‹Wir müssen schnellstens Ruhe reinbringen›, dachte Steenhoff entschlossen. Nur, wie sollte man den Spekulationen der Medien entgegenwirken? Er nahm sich vor, darüber während der Fahrt ins Präsidium nachzudenken und mit Lars Diepenau zu sprechen. Vielleicht würde ihm gemeinsam mit dem Pressesprecher etwas einfallen, wie man die Bevölkerung und die Journalistenmeute wieder beruhigen könnte.
    Steenhoff gönnte sich noch eine zweite Tasse Kaffee, bevor er zehn Minuten später vom Hof fuhr.
     
    Als er die Tür zu seinem Büro öffnete, saß Petersen schon am Rechner. Sie fischte eine Seite aus dem Drucker und legte sie Steenhoff auf den Tisch. «Ich dachte, ich wäre heute ausnahmsweise mal der Erste», sagte Steenhoff zur Begrüßung.
    «Ich konnte nicht schlafen», erwiderte seine Kollegin.
    Steenhoff sah, dass ihre Augen von Schatten umgeben waren. Der Fall ging ihr offenbar auch an die Nieren.
    «Hast du die Nachrichten gehört, Navideh?»
    Sie nickte düster. «Die Berichte in den Zeitungen gehen in eine ganz ähnliche Richtung.» Mit dem Kopf deutete sie auf einen Stapel Zeitungen, der auf der Fensterbank lag. «Alle Welt spekuliert wild drauflos, anstatt sich auf das zu beschränken, was wir bislang tatsächlich wissen.»
    Petersen deutete mit ihrem Zeigefinger auf die Seite vor Steenhoff. «Das sind die Namen aller Beamten, die in der Nacht zu Montag den Park abgesucht haben. Sie werden einer nach dem anderen heute Morgen hier zur Vernehmung auflaufen.»
    Steenhoff stutzte, als er die lange Reihe der Namen auf dem Zettel sah. «Die hatten in der Nacht zu Montag genug Leute im Park, um jedes Blatt umzudrehen. Wieso haben die Kollegen nichts Verdächtiges gefunden?»
    «Weil der Sprengsatz in dem Pfeiler steckte und die Landmine verbuddelt war», erwiderte Petersen trocken.
    «Aber es gab doch nicht nur den anonymen Hinweis bei der Feuerwehr, sondern auch einen Zettel in der Nähe des Schildes, oder? Mit großer Wahrscheinlichkeit hat der Attentäter darauf vor der Bombe gewarnt.»
    Petersen nickte beklommen. «Wird man den Text rekonstruieren können?»
    Steenhoff zuckte mit der Schulter. «Die Kollegen arbeiten daran. Aber bis dahin darf nichts davon nach draußen

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