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Schattenschmerz

Schattenschmerz

Titel: Schattenschmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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Kirche. Im vorletzten Jahrhundert ist sie mal abgerissen und neu aufgebaut worden.»
    «Und wieso moorlos?», erkundigte sich Wessel.
    «Angeblich wurde ein Muttergottesbild aus der Kirche gestohlen und sie dadurch
mutterlos
. Im Laufe der Zeit wurde daraus dann ‹moorlos›.» Petersen beugte sich nach vorn. «Andere meinen, der Name stammt von einem Entwässerungsgraben aus einem früheren Moorgebiet. Aber genau weiß das niemand.»
    Verblüfft drehte sich Wessel zu seiner Kollegin um. «Ich bin im Bremer Umland geboren und arbeite wer weiß wie lange schon bei der Polizei hier. Und ich kannte diese bekloppte Kirche bisher nicht. Woher kennt jemand, der in Persien aufgewachsen ist, ausgerechnet diesen gottverlassenen Flecken?»
    «Iran», korrigierte ihn Petersen ruhig.
    «Okay, dann eben Iran.»
    «Ich bin an meinen freien Tagen viel mit dem Mountainbike unterwegs», antwortete sie schlicht.
    «Entschuldigt, wenn ich eure heimatkundlichen Gespräche unterbreche», sagte Steenhoff gereizt. «Aber gleich sind wir am Zielort. Der Einsatzleiter vom SEK hat mir versprochen, ein Stück hinter uns zu bleiben.»
    «Darauf hat er sich eingelassen?», entfuhr es Wessel überrascht.
    «Wir haben zusammen bei der Polizei angefangen», antwortete Steenhoff ausweichend. Schnell fügte er noch hinzu: «Sie kommen erst dazu, wenn ich das Signal gebe. Und denkt daran: Andrea Voss ist Journalistin. Wenn wir unnötig Wind machen, steht es morgen auf der Titelseite. Das müssen wir vermeiden. Wir drei sondieren also erst mal die Lage.» Nach einer Pause fragte er: «Habt ihr eure Sicherheitswesten an? Also, nur für alle Fälle …»
    Die beiden nickten.
    «Gut, dann werde ich jetzt die anderen instruieren.»
     
    Kurz darauf überholte Wessel den Wagen aus Niedersachsen. Die anderen drei Fahrzeuge verlangsamten ihr Tempo und fielen zurück.
    Wo die Lesum in die Weser floss, machte die Straße plötzlich eine scharfe Linkskurve. Rechts begrenzte eine gut einen Meter hohe Spundwand die Sicht aufs Wasser. Zum Greifen nah fuhr ein großer Tanker in Richtung der Bremer Häfen.
    Petersen schaute nach hinten und sah, dass die Männer vom SEK inzwischen mehrere hundert Meter hinter ihnen lagen und ihre Lichter am Fahrzeug ausgestellt hatten. Angestrengt versuchte sie, etwas in der Dämmerung zu erkennen.
    Langsam fuhren sie an einer geschlossenen Gaststätte vorbei. Dann an der Moorlosen Kirche. Gegenüber dem aus roten Backsteinen erbauten Gebäude stand ein blauer Opel Corsa.
    «Halt an», befahl Steenhoff, und Wessel reduzierte das Tempo.
    Während sie direkt neben dem Wagen zum Stehen kamen, gab Petersen das Kennzeichen ans Lagezentrum durch. Unruhig warteten sie auf die Antwort.
    Wessel schaute sich nach allen Seiten um. Weit und breit schien niemand zu sein. «Wir müssen die Kirche und den Friedhof nach ihnen absuchen», drängte er. «Die SEK -Kollegen sollten uns dabei unter…»
    «Nein, wir machen es so wie besprochen», entschied Steenhoff schroff. Im selben Moment meldete sich das Lagezentrum.
    «Das Fahrzeug ist auf eine Nadia Akram zugelassen. Die Frau besitzt eine afghanische Staatsbürgerschaft.»
    «Die Mütter und Väter von Paghman …», sagte Wessel und senkte unwillkürlich seine Stimme.
    Steenhoff nahm das Funkgerät und stieg aus. Die anderen folgten ihm.
    Sie wollten gerade um die Kirche herumgehen, als Petersen in Richtung Weser zeigte. Dort standen an einem Steg zwei Gestalten und sprachen miteinander. Steenhoff erkannte in der kleineren Person Andrea Voss wieder. Ein Stein fiel ihm vom Herzen. Sie war unverletzt. Etwas abseits hockte ein dritter, etwas schmächtiger Mann am Wasser und beobachtete den vorbeifahrenden Tanker.
    «Wir haben sie gefunden», gab Steenhoff leise über Funk ans SEK durch. «Andrea Voss ist unverletzt. Sie ist in Begleitung von zwei Männern. Wir werden sie jetzt ansprechen.»
    «Frank, du weißt, wir sollten das für euch übernehmen», hörte er die warnende Stimme des SEK -Leiters.
    «Nein. Wie besprochen.»
    Steenhoff ahnte, dass der SEK -Leiter mit sich rang. Er hätte Steenhoff nicht zustimmen müssen. Die Spielregeln innerhalb der Polizei waren klar: Sobald die Spezialeinsatzkräfte einen Auftrag von den Ermittlern übernahmen, hatten sie den Hut auf. Ihr jeweiliger Einsatzleiter bestimmte, wie ein Tatverdächtiger überrascht und überwältigt wurde. Steenhoff wusste, dass das SEK es gewöhnlich strikt vermied, gemeinsam mit Ermittlern aufzutreten. Auch der Einsatzleiter, der

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