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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Hier stockte ich und auch um Kastors Augen legte sich ein angespannter Zug.
    »Was passierte dann?«, fragte er leise.
    Statt einer Antwort hielt ich ihm meinen von Narben entstellten Unterarm hin. Für einen Augenblick verzerrte sich sein Mund, als würde er etwas weit Schrecklicheres als ein paar alte Schnitte betrachten, dann hatte er sich bereits wieder gefangen. »Die Zeichen haben sich beim Wechsel geöffnet, richtig?«, fragte er mit hörbarem Widerwillen in der Stimme.
    Ich nickte, die eiserne Spange, die sich um meinen Kiefer legte und mich am Sprechen hindern wollte, ignorierend. »Ja, und es ist etwas aus ihnen hervorgetreten … eine Art schwarzer Nebel, der mich innerhalb kürzester Zeit in einen Kokon einschloss. Es war unmöglich, ihn zu zerreißen. Deshalb bin ich zurück ins Meer gestürzt und wie ein Stein untergegangen. Allerdings habe ich das Wasser gar nicht wahrgenommen, sondern nur Schatten. Sie haben mich in einem Kokon umhüllt gehalten. Aber das war nicht das Schlimmste. Dieser Schatten-Kokon hat etwas mit mir getan, das ich kaum erklären kann. Er hat mich von mir selbst abgeschnitten, Stück für Stück, hat mein Leben ins Dunkel getaucht.« Ich schloss die Augen, in der Hoffung, mich dadurch besser konzentrieren zu können. Diese Zeit der Gefangenschaft war grauenhafter gewesen als all die Jahre im Haus meines Vaters zusammen. Jonas’ Versuch, mich zu brechen, hatten auf meinen Körper abgezielt, aber dieser Schatten hatte mich meiner Identität berauben wollen und fast wäre er erfolgreich gewesen. »Das helle Licht vorhin, das mich fast verbrannt hat, war dabei, mein Ich auszulöschen. Nur, dass sich das Ganze nach Erlösung anfühlte, während dieser Kokon nichts anderes als ein Dieb meines Ichs war. Besser kann ich es nicht erklären.«
    Kastors zustimmendes Brummen ließ mich die Augen öffnen. Er stand nur einen Schritt entfernt mit vor der Brust verschränkten Armen da und nickte verständnisvoll. »Ich kenne mich mit dieser Art von Magie nicht aus, genau wie die anderen Schattenschwingen, die heute noch in der Sphäre leben. Daher kann ich nur vermuten, was diese Zeichen ergeben sollen: einen Bannspruch, vielleicht, um dich am Wechseln zu hindern. Wer auch immer deinen Vater dazu verführt hat, dich zu zeichnen, wollte etwas von dir. Ich kann zwar nur raten, trotzdem würde ich sagen, dass der Bannspruch unvollendet geblieben ist und deshalb beim Wechsel nur verzögert und nicht nach Plan reagiert hat. Ansonsten würdest du jetzt wohl auf dem Meeresgrund drüben in der Menschenwelt liegen, unfähig, diesen Kokon jemals wieder zu verlassen. Das ist allerdings nur eine Vermutung. Zumindest erklärt das, warum niemand hier deine Ankunft wahrgenommen hat: Die Aura, die uns umgibt, ist ein Ausdruck unserer Persönlichkeit. Genau das ist es, was dir der Schatten rauben wollte.«
    Das war ziemlich viel auf einmal. Hastig versuchte ich zu begreifen, was Kastor da gesagt hatte. Jemand aus der Sphäre hatte meinen Vater also dazu gebracht, mir diese Symbole ins Fleisch zu schneiden. So verrückt es klang, ergab es doch Sinn. All die Nächte, in denen Jonas von Albträumen heimgesucht worden war, und der seltsam leere Ausdruck auf seinem Gesicht bei beiden Angriffen - als habe ihm jemand seinen Willen aufgezwungen. Nicht, dass er bei meinem Vater schweres Spiel gehabt hätte, schließlich gehörte es zu den Höhepunkten seines Daseins, meinen Körper mit Beweisen seiner Wut und Überlegenheit zu überziehen.
    »Du sagst, keine Schattenschwinge in der Sphäre ist zu solcher Magie fähig. Wer ist es dann, der Jonas zu seinem Werkzeug gemacht hat?«
    »Alle Schattenschwingen leben heutzutage ausschließlich in der Sphäre«, antwortete Kastor ausweichend. »Die einzige Schattenschwinge, die mit Sicherheit sagen könnte, was diese Zeichen wirklich bewirken sollen, spinnt schon lange nicht mehr ihre Magie. Sie ist gemeinsam mit dieser verdorbenen Kunst untergegangen.«
    »Du meinst, sie ist tot?«
    Doch Kastor schüttelte nur seinen Kopf. »Denk erst einmal nicht weiter darüber nach. Du musst sehr viel mehr über die Sphäre wissen, um diese Zusammenhänge auch nur ansatzweise zu begreifen. Wichtig ist im Moment doch nur, dass du diesem Kokon aus eigener Kraft entkommen bist. Also kannst du es auch lernen, den unvollständigen Bannspruch zu beherrschen. Wie hast du das Kunststück, dem Kokon zu entfliehen, überhaupt fertiggebracht?«
    Nun war es an mir, den Kopf zu schütteln. Der Schlüssel

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