Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe
heller als sein Haar, stellte ich fasziniert fest. Behutsam strich ich ihm Strähnen aus dem Gesicht, die sich verfilzt anfühlten. »Und verwildern tust du obendrein. Wenn nicht bald ein Kamm an diese Zotteln kommt, werden das noch Dreadlocks.«
Sams Finger an meinem Bauch zwickten mich und ich fuhr – mehr aus Überraschung – zusammen.
»Dreadlocks wären nicht schlecht, dann würden mir die Haare wenigstens nicht ständig ins Gesicht hängen«, erklärte er mir mit geschlossenen Augen. »Oder du schneidest sie mir ab.«
»Auf keinen Fall, du gefällst mir verwuschelt ausgesprochen gut. Seit wann bist du wach?«
»Weiß nicht recht … seit deine Katze ihr Schurren auf Pressluftbohrerlautstärke gestellt hat?«
»Pingpong, böse Mieze!« Mit dem Zeigefinger deutete ich drohend auf Mrs Unschuldigdreinblickend, die es sich auf Sams Taille gemütlich gemacht hatte. Sie legte den Kopf schief und sofort wurde ich weich. »Sie sagt, es tut ihr leid. Jedenfalls für Katzenverhältnisse.«
»Also gar nicht«, ergänzte Sam grinsend. Er blinzelte mir kurz zu, dann schloss er die Augen wieder.
In mir entbrannte ein Kampf: Das Teufelchen in mir sagte, dass ich diesen Jungen auf keinen Fall wieder einschlafen
lassen durfte. Im weichen Morgenlicht sah er schlicht zu verführerisch aus und die Wärme, die von seinem Körper ausging, war nicht länger beruhigend, sondern sorgte dafür, dass ich sie in Hitze verwandeln wollte. Mein inneres Engelchen wies mich unterdessen daraufhin, dass Sam nicht bloß erschöpft, sondern geradezu ramponiert war. Sein mit Blutergüssen übersätes Gesicht und seine geschwollene rechte Schulter sprachen eine deutliche Sprache: Ihm musste etwas Ernstes zugestoßen sein. Zwar hatte er kein Wort über einen Kampf verloren, aber irgendetwas musste sich ereignet haben, das sichtbare Spuren auf seinem Körper hinterlassen hatte. Als seine Freundin sollte ich mich um ihn kümmern, ihn hegen und pflegen, dafür sorgen, dass er … Als seine Freundin musste ich dringend dafür sorgen, dass es auch noch Vergnügen in seinem Leben gab, unterbrach das Teufelchen die Verantwortungsrede des Engelchens barsch.
Vermutlich hätten die beiden Stimmen in mir sich weiterhin bekriegt, wenn nicht Sams Finger in diesem Augenblick unter meinen Pulli gewandert wären, wo sie in der Senke meiner Taille ein Feuerwerk auslösten. Augenblicklich verstummten sowohl Teufel als auch Engel, während ich inständig hoffte, seine streichelnde Hand möge bloß nicht innehalten.
Obwohl Sam die Augen weiterhin geschlossen hielt, wirkte er keineswegs mehr müde. Farbe hatte sich auf seine Wangen geschlichen und die Art, wie seine Lippen sich leicht öffneten, sah ganz nach einer Einladung aus. Ich zögerte es jedoch hinaus, sie anzunehmen. Die Anziehung, die sich von Herzschlag zu Herzschlag zwischen uns stärker ausbreitete, war von einer solch betörenden Intensität, dass ich ihr noch nicht nachgeben wollte. Fast quälend schön war mein Verlangen danach, mich fallen zu lassen und Sam endlich zu berühren, während seine Hand fest und dann
wieder hauchzart über meinen Rücken strich. Als könnte er sich nicht entscheiden, ob er mich an sich reißen oder mich doch nur liebkosen wollte. Was wünschte er sich mehr? Stärker denn je sehnte ich mich danach, seine Gedanken lesen zu können. Genoss er dieses Brennen, das nur die Berührung des anderen zu löschen und gleichzeitig zu steigern vermochte, genauso sehr wie ich? Wollte er auch jede Scheu und Zurückhaltung abwerfen und sich mit einem Satz alles nehmen? Und wollte er, während dieses Verlangen fast überhandnahm, doch standhalten und die Erfüllung noch eine Sekunde hinauszögern, weil es unmöglich zu beurteilen war, welches Gefühl das Stärkere war: die Sehnsucht oder die Erfüllung?
Vorsichtig drehte ich mich zu ihm und näherte meinen Mund dem seinen. Doch bevor ich seine Lippen auch nur zart streifen konnte, drang von der unteren Etage ein ohrenbetäubendes Knallen zu uns, gefolgt von Stimmgewirr. Ich zuckte noch zusammen, da saß Sam auch schon senkrecht im Bett und schleuderte die Decke beiseite. »Was zur Hölle … «, schimpfte er aufgebracht. Bevor er lossprinten konnte, hatte ich ihn bereits am Arm gepackt.
»Sam, beruhig dich. Das ist doch nur Ranuken, der gerade irgendein Unheil unten im Wohnzimmer angestellt hat«, redete ich auf ihn ein, ein wenig aus der Fassung über seine heftige Reaktion. Die ganze Energie, die sich zwischen uns aufgebaut
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