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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Selbstverleugnung dich mehr kosten, als du dir im Augenblick vorstellen kannst.«
    Ich stand schneller auf, als für mich gut war. Mein Geist mochte durch die Konfrontation mit Kastor einigermaßen klar sein, aber mein Körper war es keineswegs. Glücklicherweise fand ich mein Gleichgewicht, bevor Kastor mich stützen musste.
    »Es ist wirklich sehr großzügig von dir, dass du mir wegen meiner Entscheidung nicht zusetzt. Ein echt feiner Zug, Kastor. Wenn es dir nichts ausmacht, werde ich mich jetzt aufs Ohr hauen.«
    »Wovon träumst du nachts, Samuel? Ist es der Traum vom ewigen Ringen von Schwarz gegen Weiß, der allen Schattenschwingen gemein ist, oder ist es seit deiner Entscheidung gegen die Sphäre die verwaschene Schnittfolge von Bildern, die die Menschen durch den Schlaf begleitet?«
    Ich blieb ihm die Antwort schuldig, schließlich kannte er sie auch so.
    Die vom allgegenwärtigen Dünensand zugewehten Angeln verursachten ein unangenehmes Geräusch, als ich die Tür aufschob.
    »Eine Sache noch, bitte.«
    Es war das »bitte«, das mich stehen bleiben ließ. Was mochte es Kastor gekostet haben?
    »Shirin leidet nicht nur unter der Wunde in ihrer Brust und dem Wissen, ein weiteres Mal vom Schatten um ihren Willen gebracht worden zu sein. Seit sie wieder bei Bewusstsein ist, hat sich ein Schleier über sie gelegt, den ich nicht zu zerreißen vermag. Er ist anders als die Apathie, die sie während der Ratsversammlungen umgab. Es hängt mit ihrer wieder zum Leben erwachten Vergangenheit zusammen. Ich denke, sie braucht eine Freundin. Vielleicht könnte Mila sich ihrer ja annehmen. Die beiden verbindet eine tiefe Freundschaft.«
    »Mila wird weder Shirin noch sonst irgendeine Schattenschwinge jemals wiedersehen«, unterbrach ich harsch. Wenn ich mir bei einer Sache vollkommen sicher war, dann in diesem Punkt. Die Geschehnisse auf dem Eiland der Sphäre waren noch so frisch, dass ich Kastor allein bei der Erinnerung daran am liebsten durchgeschüttelt hätte. Er hatte keine Ahnung, dass ich Mila um Haaresbreite verloren hätte – wegen der Sphäre, wegen der Schattenschwingen, wegen dem, was ich war und was ich als Schattenschwinge getan hatte. Der Drang, es ihm zu sagen, war groß, aber ich hielt den Mund. Der Schlussstrich war schon längst gezogen.
    »Das stimmt so nicht. Natürlich sieht Mila nach wie vor Schattenschwingen, denn sie sieht dich. Du bist ein Teil ihres Lebens«, hielt Kastor leise dagegen.
    »Ich bin keine Schattenschwinge.«
    Ich trat in den Wohnwagen und zog die Tür hinter mir zu.

3 Startschwierigkeiten
    Mila
    Ich blicke von meinem gläsernen Käfig aus hinab aufs Meer, das mich trotz seines wild gehenden Wellengangs nicht ängstigt. Nicht etwa weil der Boden, auf dem ich kaure, zwar transparent, aber dennoch unnachgiebig ist und deshalb kein Sturz in die Tiefe zu befürchten steht, sondern weil diese blau-grüne Endlosigkeit mir vertraut ist. Ich kenne sie, als wäre sie ein Stück meiner Selbst. Sie hat nichts gemein mit jener Kraft, die mich vor knapp zwei Wochen unter sich begraben hielt, nachdem ich ins Meer gesprungen bin, unnachgiebig und kalt. Wenn ich jetzt fiele und in die von weißem Schaum gekrönten Wellen eintauchte, dann wäre die Berührung weich, und der Schauer, den sie mir über die Haut schickte, stammte nicht von der Kälte. Nur dass ich nicht fallen werde.
    Ich bin durch eine undurchdringbare Grenze getrennt vom Meer, werde hoch über ihm im Nirgendwo gehalten. Wenn ich den Kopf in den Nacken lege, sehe ich bloß diesiges Blau, ansonsten sehe ich nichts. Dieser Ort kennt keine Sonne.
    Langsam richte ich mich auf. Dabei bemerke ich den blutroten Saum, der über meine Füße fällt.
    Ich trage ein Kleid, ein wunderschönes Kleid. Trotzdem will ich es abstreifen, grabe meine Finger in den seidigen Stoff, doch er gibt nicht nach, lässt sich nicht einmal verrücken. Es ist, als krallten sich meine Fingernägel direkt in meinen Oberarm. Als der Schmerz zunimmt, gebe ich auf.
    Ich bin verwachsen mit diesem Kleid, ob ich will oder nicht.
    Ein Schatten fällt von hinten auf mich, bannt das Tageslicht, raubt dem Meer seine Lebendigkeit, indem es sein Funkeln verdeckt. Alle Farbe ist mit einem Streich verloren und zurück bleibt nur graue Einöde. Einzig der Saum meines Kleides leuchtet weiterhin blutrot.
    Erschrocken hebe ich meine linke Hand, voller Hoffnung, von dem warmen Bernsteinton getröstet zu werden. Denn wenn etwas dem Schatten standhält, dann ja wohl mein Ring. Doch

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