Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
Vom Netzwerk:
ungleich geformten Füße. Selbst als ich seine Sohlen mit den Zehen kitzelte, reagierte er nicht.
    »Ach, komm schon. Du hast getrunken – was soll’s? Bestimmt war es ein Ausrutscher, halb so wild. Es sei denn, du hast in Unterwäsche auf dem Tisch getanzt und irgendwer hat davon Fotos gemacht. Das würde ich dann schon als schwerwiegenden Fauxpas betrachten. Hast du doch nicht, oder? Getanzt, meine ich.«
    Anstatt zu lächeln, sah Sam mich nur ernst mit seinen tiefen Meeresaugen an. »Nein, habe ich nicht.«
    Da er offenbar nicht gewillt war, mehr zu diesem Thema zu sagen, und ich nicht verstand, was ihn derartig aufwühlte, konzentrierte ich mich kurzerhand auf den Bernsteinring. Der würde es schon wissen.
    Wenn Sam bei mir war, fühlte der Ring sich mehr denn je meinem Körper zugehörig an. So, wie der Ring und sein Gegenstück zusammengehörten, gelang es mir mit seiner Hilfe, mit Sam zu verschmelzen.
    Es brauchte nicht allzu lange und ich glaubte, den Rhythmus von Sams Atem in meiner Brust wahrzunehmen und passte mich ihm unwillkürlich an. Je stärker ich mich darauf einließ, desto mehr erreichte mich von seiner Seite. Da war die sanfte Berührung seiner Empfindungen, die ich schließlich so deutlich wahrnahm, als handle es sich um meine eigenen.
    »Du bist nicht nur wegen der Trinkerei auf dich wütend. Da ist noch etwas anderes«, fasste ich in Worte, was sich durch den Ring offenbarte. Als ich mich noch weiter auf die Verbindung zwischen uns einließ, verwoben sich Sams Gefühle plötzlich mit seinen Gedanken, die auf mich einprasselten wie ein Zusammenschnitt verschiedener Konzerte, sodass ich nur vereinzelte Elemente einfangen konnte.
    »… es muss vorbei sein …«
    »Wenn ich nur nicht …«
    »… nicht erzählen!«
    Doch ehe ich dem Sturm in Sams Innerem folgen konnte, vereinten die Elemente sich zu Bildern. Momentaufnahmen, die wild durcheinanderwirbelten, bis mir ganz schwindelig war. Dann hielt das Karussell mit einem Schlag an. Was blieb, war eine einzige Erinnerung: Vor der nächtlichen Dünenlandschaft stand ein männlicher Schatten, umkränzt von einer rot flackernden Aura.
    Kastor! Er war gar nicht in die Sphäre zurückgekehrt. Und wenn er nicht zurückgekehrt war, dann hielt sich Shirin vielleicht auch noch in St. Martin auf.
    Allein die Vorstellung verschlug mir den Atem. Die Schattenschwingen waren noch da, es war noch lange nicht vorbei …
    Unvermittelt hob Sam mein Kinn an. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er vor mich gerutscht war. Prüfend betrachtete er mich und für eine Sekunde befürchtete ich, im Blaugrün seiner Augen zu ertrinken. Dann erst verflüchtigte sich der Eindruck, ihm so viel Platz in mir eingeräumt zu haben, dass ich mich selbst verlor.
    »Was hast du eben getan?«
    Sam sprach leise, trotzdem nahm ich die Mischung aus Sorge und Erregung in seiner Stimme wahr. Mein unerwartetes Vordringen in seine Innenwelt hatte ihn überrascht, bestimmt sogar verstört, aber mehr noch hatte es ihm gefallen. Ich erkannte diese vielschichtige Empfindung, weil ich genauso fühlte. Verängstigt über die Möglichkeit, die der Ring soeben offenbart hatte, und zugleich elektrisiert durch die Verbindung zwischen uns. Es war überwältigend intim gewesen, Sam auf diese Art zu erleben.
    Ich lehnte meinen Kopf an seine Brust und lauschte seinem rasch gehenden Herzschlag.
    Alles war echt: Ich saß auf einem Mauersims, und wenn ich meine Finger bewegte, spürte ich unter seiner dünnen Windjacke einen Pullover, unter dem sich Haut und noch weiter darunter ein pulsierendes Herz verbarg. Das Äußere bestimmte wieder das Geschehen, aber wenn ich wollte, konnte ich tiefer gehen, konnte jede Schicht aufdecken, die Samuel Bristol ausmachte. Dieses Recht hatte er mir zugestanden, als er mir den Ring geschenkt hatte.
    Die Vorstellung war wunderschön und überfordernd zugleich.
    Ich richtete mich auf und lächelte ihn an. »Ich habe in dich geblickt. Es war … ich habe es kaum begriffen, es war einfach zu viel. Jetzt, beim ersten Mal, da war es … als würde ich zerspringen. Wenn ich allerdings üben würde, mit den ganzen auf mich einströmenden Eindrücken fertigzuwerden, dann könnte ich dich verstehen, und zwar vollkommen. Es gäbe keine Geheimnisse mehr zwischen uns.« Die Vorstellung beflügelte mich. »Ich probiere es gleich noch einmal aus.«
    Zu meiner Enttäuschung schüttelte Sam den Kopf. »Tu das bitte nicht noch einmal.«
    »Ist es dir unangenehm, wenn ich dir so nah

Weitere Kostenlose Bücher