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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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komme?«
    »Ganz im Gegenteil, und das dürftest du ziemlich deutlich gespürt haben. Dich in mir zu haben, war …« Sam brach ab. Das Glänzen seiner Augen verriet, dass manche Erfahrungen zu bedeutend waren, um ausgesprochen zu werden. »Ich werde dich niemals aussperren, wenn du mir über den Ring begegnen willst, aber es wäre trotzdem besser, künftig darauf zu verzichten. Wir können die Ringe zwar nicht ablegen, deshalb müssen wir uns jedoch noch lange nicht ihrer Macht bedienen.«
    Ich wollte protestieren, doch Sams gepeinigter Ausdruck ließ mich schweigen. Sein Vorschlag machte ihm zweifelsohne genauso zu schaffen wie mir. Den Bernsteinring nicht zu benutzen, war ein weiteres in einer bereits sehr langen Reihe von Opfern.
    »Hältst du mich für inkonsequent, weil ich den Ring eingesetzt habe, obwohl ich diejenige bin, die von der Sphäre nichts mehr wissen will? Nach dem Motto: Sobald es mir in den Kram passt, bediene ich mich der Schattenschwingenkunst, dich aber zwinge ich, sie zu vergessen?«
    »Das sollte kein Vorwurf sein«, beschwichtigte Sam. »Ich habe es schließlich heute Morgen auch getan, weil ich wissen wollte, wie es dir geht – und da habe ich dann prompt die Ausläufer deines Albtraums mitbekommen. Es ist einfach zu verführerisch, dich auf diese Weise wahrzunehmen, vollkommen unabhängig davon, wo du gerade bist. Aber wir haben der Sphäre aus gutem Grund den Rücken zugekehrt, da dürfen keine Ausnahmen gelten. Je weniger Schattenschwingen-Magie in unserem Leben ist, umso besser.«
    Meine Antwort zögerte ich hinaus, weil sie ihm nicht gefallen würde. »Muss das denn wirklich so sein? Nichts ist jemals Schwarz-Weiß, warum solltest du dich also rigoros für eine Seite entscheiden?«
    »Nun, weil das deine Forderung gewesen ist – zu Recht. Vielleicht gelingt es dir, zu verdrängen, dass du in der Sphäre fast gestorben wärst. Zwei Mal. Und weit mehr als das: Du wurdest entführt. Deshalb halte ich daran fest. Es wundert mich, ehrlich gesagt, dass es dir mittlerweile nicht mehr wichtig ist. Nur weil der Schatten mit Nikolais Körper zusammen erloschen ist, bedeutet das noch lange nicht, dass die Sphäre sich in einen friedlichen Ort verwandelt hat, an dem ein Mensch unbeschadet leben kann. Das Ungleichgewicht zwischen Menschen und Schattenschwingen ist weiterhin zu groß.«
    Als ich Sams von Haaren bedeckte Nackenlinie entlangstrich, zitterte meine Hand. Allein der Gedanke an die Sphäre machte mir Angst, denn in ihr war ich hilflos und der Willkür mir in vielerlei Hinsicht überlegener Schattenschwingen ausgeliefert. Allerdings hatte ich auch ihre schöne, geradezu paradiesische Seite kennengelernt und mit einigen ihrer Bewohner Freundschaft geschlossen. Je länger ich darüber nachdachte, desto unmöglicher erschien es mir, mich für oder gegen diese andere Welt zu entscheiden.
    Sam neigte sich vor und küsste mich, ganz vorsichtig, als rechnete er mit einer Zurückweisung.
    Zuerst glaubte ich tatsächlich, seine Liebkosung nicht zulassen zu können, weil noch so viel Ungesagtes zwischen uns stand. Aber zu meiner Überraschung loderte in mir eine heftige Sehnsucht nach seinen Berührungen auf, die die ganze Zeit über unterschwellig dagewesen sein musste. Ein Verlangen, das von seiner Dringlichkeit her dem Bedürfnis zu atmen gleichkam. Ich musste es tun, es ging nicht anders. Meine Bedürfnisse offenbarten sich mit solcher Gewalt, dass ich mir selbst nicht über den Weg traute. In diesem Zustand war ich zu jeder Dummheit fähig, würde glatt vergessen, wo wir gerade waren, bereit, jeden Preis zu zahlen, nur um Sam auf körperliche Weise so nah zu sein wie eben noch seinem Inneren.
    Obwohl jeder Zentimeter, den ich mich von Sam löste, mir Schmerzen verursachte, gelang es mir, mich seiner Umarmung zu entziehen. Einen Augenblick später senkte er den Kopf, sodass der Schild seiner Kappe einen Schatten auf sein Gesicht warf.
    »Ich wollte das Gespräch nicht abwürgen, es ist nur …«, setzte er unsicher an.
    »Du musst dich nicht erklären.« Liebevoll strich ich über seine Wange. »Ich wünsche es mir genau so sehr wie du.« Dann glitt ich von der Mauer und schlüpfte in meine Schuhe. »Lass uns zu dir gehen. Jetzt. Bevor die Flut kommt und du wieder arbeiten musst.«

5 Kein Weg zu weit
    Wir lagen beide auf der Seite, die Hände ineinander verschränkt. Meine Lippen ruhten an Sams Fingerknöcheln. Wenn ich einatmete, verwandelte sich die Berührung in einen zarten Kuss.
    Sam

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