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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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was ich da hörte. »Rufus hat gesagt, dass er die Schattenschwingen vermisst?«
    Lena zog einen der Heringe lang. Der Appetit war ihr wohl vergangen. »Idiotisch, aber wahr.«

4 Innenansichten
    Die Pausenglocke hatte kaum zu läuten begonnen, da war ich auch schon aus dem Kursraum, obwohl Geschichte zu meinen Lieblingsfächern zählte. Aber was galt schon Bismarcks Außenpolitik, wenn draußen Sam auf mich wartete? Denn dass er dort wartete, verriet mir das sanfte Pochen des Bernsteinrings. So nah, so nah , raunte er mir zu. Am Ausgang hielt ich jedoch noch einmal inne und genoss die Vorfreude, die sich in meinem Bauch breitmachte. Gleich würde ich vor Sam stehen, würde ihn zur Begrüßung sanft berühren und die Wärme seiner Haut unter meinen Fingerspitzen spüren, wenn ich meine Hand wie beiläufig um seinen Nacken legte, würde seinen Atem wahrnehmen, wenn er mir ein »Hallo« ins Ohr flüsterte, das ganz allein für mich bestimmt war. Würde es immer so sein?
    Ich fand Sam auf einer Mauer sitzend, ein Stück abseits des Ausgangs, durch den sich die Schülermassen pressten. Ein Sicherheitsabstand, der allerdings nicht viel brachte, wenn ich die Blicke und Fingerzeige meiner Mitschüler richtig deutete. Seine von der Sonne ausgeblichenen Haare blitzten unter dem Baseballcap hervor und er hatte die Hände in die Taschen seiner Windjacke gesteckt. Ihn angezogen zu sehen, mochte ich verrückterweise fast genauso gern wie den Anblick seines freien Oberkörpers. Nicht nur weil diese Klamotten für Normalität standen, sondern auch weil sie ein Versprechen waren, ihn später ausziehen zu können.
    Jawohl, solche Gedanken gingen mir durch den Kopf, wenn ich Sam sah.
    Und zack – lief ich auch schon rot an.
    Sam grinste. »Bei deiner Gesichtsfarbe könnte ich glatt auf die Idee kommen, dass es dir peinlich ist, mit mir in der Öffentlichkeit gesehen zu werden.«
    Ich stemmte mich auf die Zehenspitzen und holte mir zuerst einmal meinen Begrüßungskuss ab.
    »Wundert dich das? Deinetwegen werde ich in der Abi-Zeitschrift noch als das Mädchen mit dem komischen Jungen-Geschmack enden. Überschrift: Mila hat ein Herz für Schuhwerkverweigerer . Was hast du denn mit deinen Chucks angestellt, doch wohl nicht entsorgt?«
    Wir blickten gemeinsam auf Sams nackte Füße, die unter den umgekrempelten Jeansbeinen hervorguckten.
    »Keine Ahnung, wo die abgeblieben sind. Gestern Abend habe ich sie im Suff irgendwann ausgezogen und das war’s.«
    »Moment. Du hast getrunken?« Vor Verblüffung klang meine Stimme hohl.
    »Ja, habe ich. Und es hat sogar gewirkt. Toll, nicht? Der Heimweg war eine der größten Herausforderungen, denen ich mich je habe stellen müssen. Wart’s ab, ich werde noch ein ganz gewöhnlicher Typ, der tagsüber brav seinem Job nachgeht und hinterher mit seinen Kumpels um die Häuser zieht. Einmal abgesehen von meiner Abneigung gegen Schuhe, aber die bekomme ich auch noch in den Griff.«
    Unter anderen Umständen hätte ich Sam gewiss auf den Zahn gefühlt. Für gewöhnlich rührte er keinen Tropfen Alkohol an, weil sein Vater ihm eindrucksvoll vorgeführt hatte, wozu der Verlust von Hemmungen führen konnte. Ich hatte Sam nur einmal trinken sehen, und das war unwissentlich gewesen und hatte bei ihm überdies keine besondere Wirkung gezeigt, während ich ziemlich angesäuselt gewesen war. Schlussendlich ließ mich der schlecht versteckte Sarkasmus, der verriet, dass er sich selbst für diesen Ausrutscher verachtete, jedoch einen anderen Weg einschlagen. Der Kneipenbesuch war sicherlich keine seiner Glanzstunden gewesen, aber deshalb hart mit sich ins Gericht zu gehen, fand ich übertrieben.
    Ich streifte meine Schuhe und Socken ab und setzte mich mit angewinkelten Beinen auf den Mauersims neben Sam. Dann wackelte ich mit den Zehen, als würde ich ihm zuwinken.
    »Hallo, ihr beiden Exhibitionisten. Wie sieht es aus: Sollen wir uns zusammentun?«
    Ein Lächeln stahl sich in Sams Mundwinkel, als er seine Beine anhob und seine Füße gegen meine stemmte.
    »Soll ich dir mal was verraten«, flüsterte ich ihm zu. »Ich finde, wir schlagen uns ganz wacker, und deshalb sollten wir nicht allzu gnadenlos mit uns ins Gericht gehen. Es ist furchtbar viel passiert in kurzer Zeit, da kann doch niemand von uns erwarten, dass wir immerzu perfekt sind und uns wie Superman und Überfrau verhalten. Wir machen Fehler und wir haben Schwächen, so ist das eben.«
    Sam schwieg, scheinbar ganz versunken in den Anblick unserer so

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