Schattenseelen Roman
auf eine seltsame Weise peinlich berührt, während das Wasser aus der Badewanne sich um ihre Knöchel sammelte.
Evelyn drehte den Wasserhahn zu und stieg in die Wanne. Das warme Nass empfing ihren Körper, der Schaum knisterte, als sie sich hineinlegte. Adrián stand vor ihr, und sie genoss den Anblick seiner Statur im gedämmten Licht und dem Flackern der Kerzen. Romantik und Kitsch waren doch nicht so übel, wie sie es sich nach der Lektüre mancher Frauenzeitschriften immer ausgemalt hatte.
»Komm zu mir«, bat Evelyn, auf einmal ganz und gar nicht mehr so sicher wie zuvor.
Er ließ sich neben sie sinken. Unter Wasser streichelte er ihre Oberschenkel, und die Anspannung, die sie erneut erfasst hatte, wich zurück. Evelyn öffnete sich ihm, bereit, ihn zu empfangen. Aber er setzte die Erkundung ihres Körpers fort, so wie sie kurz zuvor seinen erkundet hatte. Zärtlich berührten seine Lippen ihren Hals, Kuss um Kuss legte er eine Spur zu ihrer Schulter. Evelyn gierte nach mehr, wollte alles und am liebsten gleich. Aber er ließ sich Zeit. Verständlich.
Als Untoter hatte er jede Menge davon, und auch sie musste lernen, sich zu gedulden.
Seine Züge wirkten weich. Keine Maske mehr, hinter der er seine Gefühle verbarg. Kein Held, der aus dem achten Stock sprang oder sich zwischen sie und einen wütenden Hund stellte.
»Nimm mich«, hauchte sie und schlang die Arme um ihn, so fest, als wollte sie ihn nie mehr von sich lassen. »Jetzt!«
»Nein. Später.«
Ach ja, richtig, sie wollte doch Geduld lernen.
Mit der Zunge fuhr er langsam zu ihrer Brust und umschloss mit den Lippen ihre Brustwarze. Evelyn stöhnte. Zum Teufel mit der Geduld! Ihr Körper bog sich unter ihm, sie wollte ihn endlich in sich spüren. Und wenn er nicht sofort …
Sanft rieb er seine Erektion an ihrer Scham, dann etwas fester. Jetzt flammte ihr Verlangen nach ihm erst richtig auf. Sie spürte Adrián Haut an Haut, aber auch in ihren Gedanken und Empfindungen. So nah war ihr noch kein Mann zuvor gekommen. Sie fühlte ihn bereits in sich - sein Wesen, nicht sein Fleisch. Alle Gefühle verdoppelten sich. Sein Begehren steigerte das ihre. Sie liebte sich mit seinen Sinnen und schenkte ihm all ihre Leidenschaft. Ein Augenblick der absoluten Vollkommenheit.
In der Umarmung eines toten Mannes entdeckte Evelyn sich neu. In der Umarmung eines toten Mannes lernte Evelyn zu lieben. Ihn. Die Welt, in der er
existierte. Und sich selbst. Lieben mit allen Sinnen und bis zur Besinnungslosigkeit, gegen alle Gesetze der Vernunft und über alle Grenzen hinweg.
Dann drang er in sie ein.
Ein Hauch von Angst erfasste sie, die Erinnerungen an den feuchten Waldboden und die harten Stöße stiegen in ihr empor. Doch gleich darauf wurde sie von anderen Empfindungen übermannt. Adriáns Gefühle wurden zu ihren Empfindungen, das Glück, die Lust schenken zu können, und die Freude, empfangen zu werden.
Sie ließ ihn ihre Erregung erleben, die sich langsam steigerte und ihr ganzes Wesen ergriff. Das Knistern des Schaums ging ihr unter die Haut. Das warme Kribbeln kroch ihren Bauch hoch und prickelte wie Sekt in ihren Adern.
Er bewegte sich schneller. Ihre beiden Körper stießen Wasserschwalle auf den Boden - ein kleiner Sturm in einer großen Wanne. Als Evelyn ihre Lust nicht mehr im Zaum halten konnte, schrie sie auf. Ihr Unterleib pochte. Sie spannte im Takt ihren Beckenboden an, presste ihre Oberschenkel um Adriáns Hüften, wölbte den Körper, verharrte so für einen Sekundenbruchteil und spürte, wie Ekstase sie erlöste. Als ihr Orgasmus verebbte, brodelte es erneut in ihr auf, und die Flut von Adriáns Emotionen erschütterte sie. Evelyn spürte das sanfte Pochen seines Glieds, das befreiende Gefühl, nichts mehr zurückzuhalten.
Einige Zeit schwebte sie in diesem seligen Zustand,
losgelöst von allem Weltlichen, und atmete den Geruch ihrer Liebe. Adrián hielt sie in den Armen, und sie war ihm dankbar dafür, seinen Körper auch jetzt so nah an sich zu spüren. Ihre Chimären schwiegen.
Sanft wusch er ihre Haut und massierte sie mit kreisenden Bewegungen. Ihre Kratzer vom Sturz verschwanden allmählich, stellte sie fest. Also doch - untot.
Evelyn schmiegte sich an Adrián und bettete den Kopf auf seine Brust. Sein Herzschlag wiegte sie in einen wohligen Schlummer. »So könnte ich mich an die Ewigkeit glatt gewöhnen«, murmelte sie.
»Du wirst sie nicht allein durchstehen müssen. Ich bin bei dir.«
»Ist das eine Drohung?«
»Hm, nimm es,
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