Schattenseelen Roman
könnte ihr gelingen, sie noch einmal zu Herzhoff zu locken und sie dort zu überfallen.«
Kilians Herz schlug dumpf. Micaela kannte er zu gut. Sie war eine der besten Jägerinnen und in gewisser Weise seine Konkurrentin, wenn es um die Aufträge ging. Ihre wildfarbene Hauskatze hatte Akash schon öfter die Beute unter der Nase weggeschnappt.
Wenn Micaela an die Sache ranging, hatte Evelyn keine Chance.
Er musste es verhindern! Selbst wenn es bedeutete, sich dafür dem Befehl der Königin zu widersetzen.
15. Kapitel
E velyn wachte auf, als etwas ihr Gesicht kitzelte. Sie öffnete die Augen und sah Fridolins Mäulchen über sich. Das Kaninchen hatte es sich auf ihrer Brust gemütlich gemacht und beharrte auf der Meinung, sein Frauchen habe genug Schlaf gehabt. Von wegen, die Nachzehrer könnten nicht schlafen! Evelyn kicherte und schob das Tier auf das Kissen. Mit einer Hand tastete sie herum, in der Annahme, auf Adrián zu stoßen.
Doch seine Betthälfte war leer.
Ruckartig richtete sich Evelyn auf.
Allein.
Wieder allein.
Kälte schlich unter ihre Haut, und die Härchen auf ihren Armen stellten sich auf. Auf einmal fror sie. Eng wickelte sie die Decke um ihren Körper, wie ein kleines Kind, das sich zurück in den Mutterleib wünscht. Ihr Blick wanderte durch den Raum, und sie hatte das Gefühl, nicht mehr hierherzugehören. Alles wirkte fremd. Sogar ihr eigener Körper, aus dem sie ausbrechen wollte.
Ihre Chimären erwachten, reckten sich und streckten
die Klauen nach ihrer Seele aus. Die verzerrten Erinnerungen an den gestrigen Abend brandeten auf und spülten den Schmutz aus den Abgründen ihres Inneren herbei.
Sie spürte Adrián auf sich, fordernd und besitzergreifend, seine Erektion, die sich in sie bohrte.
Dreckige Hure! , peitschte es auf sie ein. Evelyn kauerte sich zusammen, krampfte die Hände um die Decke. Sie wünschte sich, nichts mehr zu fühlen, sich an nichts mehr erinnern zu müssen.
Eine Schlampe, ja das war sie, war sie schon immer gewesen! Und gestern hatte sie schon wieder bereitwillig die Beine breit gemacht. Sie verabscheute sich.
Mit starren Fingern zog Evelyn die Decke bis zum Kinn, um ihre Blöße zu bedecken. Die Berührungen, die gestern Lust in ihr erweckt und Geborgenheit geschenkt hatten, schienen heute kalt an ihrer Haut zu kleben. Sie kniff die Lider zusammen, bis die Augen schmerzten. Vergessen, sie wollte alles vergessen. Aber ihr Seelenwunsch blieb ihr verwehrt.
Die Bilder der Leidenschaft zogen wie bleierne Wolken über ihren Erinnerungen auf. Sie widerten sie an. Nur dass es nicht wirklich Adrián war, der jetzt ihre Gedanken beherrschte und vor dem sie sich ekelte, sondern der Waldboden, das runde, vor Anstrengung verschwitzte Gesicht, das Schmatzen, mit dem das erschlaffte Glied aus ihrer Scheide herausgezogen wurde, und der füllige Körper, der keuchend zur Seite rollte.
Evelyn weinte stumm, weinte um ihre geschundene Seele. Sie kannte keine Liebe, keine Wärme, und sie würde sie auch nie kennenlernen. Wer durch ihren Schutzschild hindurchkam, brach etwas in ihr entzwei und weckte die Geister der Vergangenheit.
Ihr wurde übel. Evelyn lief aus dem Zimmer, den Flur entlang ins Bad, und beugte sich über die Toilette. Sie würgte, doch es kam nichts. Nur diese Übelkeit, die in ihren Rachen aufstieg, um sich dann wieder zurückzuziehen. Japsend stieß sie sich von der Kloschüssel ab, stakste in die Dusche und drehte am Wasserhahn. Heiße Strahlen, unter denen ihre Haut aufzuplatzen drohte, peitschten auf sie ein. Gut so. Bloß alles wegspülen, sich säubern und vergessen. Immer noch fror sie, tief in ihrem Inneren.
Von der Ablage riss Evelyn das Duschgel an sich und drückte die ganze Flasche über ihrem Körper aus. Der weiße Schaum verdeckte ihre Nacktheit, und der Duft nach Passionsblumen verstopfte ihre Nase und die Kehle. Aber auch durch das intensive Aroma hindurch roch sie die Säfte ihrer Sünde. Wie besessen schrubbte Evelyn die Haut, kratzte sie mit den Fingernägeln auf.
Verdammte Hure, das hast du verdient!
Die gehässige Stimme marterte ihr Hirn. Am liebsten hätte sie sich die Haut vom Körper gerissen.
Nach einer Stunde des Schrubbens befiel sie Erschöpfung, der Kopf schwirrte ihr von dem blumigen Duft, und der Boden schwankte wie auf hoher See.
Ihre Beine gaben nach, und Evelyn sank in einer Ecke zusammen. Sie heulte, während das Wasser die Tränen von ihren Wangen fortspülte, aber es brachte keine Erleichterung.
Irgendwann
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