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Schattenspäher

Schattenspäher

Titel: Schattenspäher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Sturges
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gut«, meinte Heron. »Dann spielt Euer Spiel. Aber ich erwarte lückenlose Berichte über all Eure Aktivitäten.«
    »Keine Sorge«, erwiderte Everess. »Ich wäre ein Narr, Euch nicht über unsere Fortschritte auf dem Laufenden zu halten.«
    »Wenn ich allerdings dahinterkomme, dass Ihr wertvolle Informationen vor mir zurückhaltet«, sagte Heron, »dann wird das Konsequenzen haben.«
    »Sofern alles nach Euren Vorstellungen verläuft, Staatssekretärin«, erwiderte Everess verschnupft, »wird es nichts Wichtiges geben, das zurückgehalten werden müsste.«
    Das Gespräch wandte sich anderen Themen zu, doch die Stimmung zwischen Everess und Heron blieb angespannt. Silberdun indes folgte der Konversation nur noch mit halbem Ohr.
    »Was zum Henker sollte das?«, fragte Silberdun. Sie saßen in einem Kaffeehaus auf der Promenade, gleich gegenüber des Außenministeriums, das nur wenige Blocks vom Klub Immergrün entfernt lag. Es war Nacht, und die begrünte Prachtstraße war bevölkert von Musikern, Gauklern und Solo-Mestinas. Hexenlichtlaternen brannten in der Dunkelheit, und Nachtvögel sangen in ihren Schlupfwinkeln.
    »An einer Sache dürfte doch allmählich kein Zweifel mehr bestehen«, fuhr Silberdun fort, »und zwar, dass ich nicht das geringste Interesse an Politik oder Staatsführung hege. Nachdem ich die Schule verlassen und Anspruch auf meinen Titel erhoben hatte, habe ich genau ein Mal an einer Senatssitzung teilgenommen. Und das war so sterbenslangweilig, dass ich schon nach zehn Minuten nicht mehr zugehört habe. Man ließ mich an sechs Abstimmungen teilnehmen, und ich weiß bis heute nicht, worum es dabei überhaupt ging!«
    »Ach, hört auf«, sagte Everess. »Darum habe ich Euch nicht hergebeten.«
    »Warum dann? Erst kommt Ihr zu mir in den Tempel und stoßt vage Untergangsdrohungen aus, reißt mich aus meinem beschaulichen Mönchsdasein, und ehe ich mich versehe, bietet Ihr mir einen Job als Spion an ...«
    Everess nahm sich zwei Gläser Branntwein vom Tablett einer vorbeikommenden Kellnerin, einem zarten Geschöpf mit Blendwerksflügeln.
    Everess reichte Silberdun einen der Schnäpse. »Jetzt mal ganz ruhig, mein Junge. Ich möchte, dass Ihr jemanden kennen lernt, bevor wir in die Verhandlungen eintreten.« Er schaute an Silberdun vorbei. »Ah, da kommt er ja auch schon.«
    Silberdun wandte sich suchend um. Zunächst sah er niemanden. Zumindest niemanden, auf den sich Everess' Bemerkung beziehen konnte. Sein Blick huschte über einen Jongleur, einen Skalden, einen Mestina, der Tanzbären erschuf. »Wen meint Ihr denn?«
    Er hatte die Frage noch nicht ganz gestellt, da bemerkte Silberdun, wie sich ihrem Tisch eine Gestalt näherte, jemand, der ihm vage bekannt vorkam. Die Erscheinung war wie eine optische Täuschung, wo der Betrachter gezwungen wird, den Vordergrund eines Bildes gegen dessen Hintergrund zu vertauschen, um etwas zu erkennen. Sind es zwei Gesichter oder ist es eine Blumenvase? Ist da jemand oder nicht?
    Dieser Jemand hatte sie fast erreicht, bevor Silberdun ihn endlich erfasste. Was seltsam war. Nicht nur stach der Neuankömmling durch seine Kleidung und Haltung aus den meist vornehmen Anwesenden auf der Promenade heraus, er besaß auch einen schwerfälligen Gang und zog das linke Bein nach, das durch einen dicken Holzstecken ersetzt worden war.
    »Lord Silberdun, darf ich Euch Anführer Paet vorstellen.«
    »Tag«, sagte Paet nur. Seine Miene war ausdruckslos, die Augen leicht zusammengekniffen, obwohl es schon dunkel war. Die geflügelte Kellnerin kam wieder zurück, und Paet nahm sich ein Getränk von ihrem Tablett, ohne sie auch nur anzusehen. Dann setzte er sich.
    »Ich bin nun wahrlich kein Meister auf dem Gebiet der Etikette«, bemerkte Silberdun trocken, »aber mir ist, als hättet Ihr Euch vor einem Lord des Reichs zu verbeugen und ihm Euren Respekt zu zollen, Paet.«
    Paet schaute Silberdun direkt in die Augen und zuckte die Achseln. »Na und? Dann zerrt mich doch vors Anstandsgericht.«
    Silberdun sah Hilfe suchend zu Everess, der sich jedoch jeder Bemerkung enthielt. »Nun, ich jedenfalls empfinde ein solch respektloses Benehmen als Schlag ins Gesicht. Ein anmaßender Bursche, dieser Paet.«
    »Für Euch immer noch ›Anführer Paet‹, mein Herr«, sagte Paet mit weiterhin ungerührtem Gesichtsausdruck.
    Silberdun runzelte die Stirn. »Ich schätze, ich sollte Euch für Eure Unverschämtheiten auf der Stelle töten. Doch ich bin kein Traditionalist, und so werde ich mir

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