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Schattenspiel

Schattenspiel

Titel: Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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schmutzige Geschichte wäre, nicht wahr? Diese eine gar zu schmutzige Geschichte!« Er lachte wieder.
    »Gipsy, wir waren Kameraden, damals. Du weißt, daß ...«
    »Werd jetzt nicht sentimental, John. Fang nicht an mit Kameradschaft und solchem Scheiß. Die Jahre sind vergangen, und jeder muß selber sehen, wie er weiterkommt. Du hattest mich ja sowieso vergessen, es hat dich doch immer einen Dreck gekümmert, wie es mir geht!«
    »Laß uns reden, Gipsy. Laß uns über alles reden.«
    Wieder dieses häßliche, asthmatische Kichern. »Jetzt will er reden. Gut, wir reden. Aber am Ende will ich meine Million haben, John, und da wird es dann kein Gerede mehr geben. Ich hoffe, du hast das verstanden.«

    »Ich komme zu dir nach New York und...«
    »Nein. Diesmal besuche ich dich. Wollte mir das Märchenland Kalifornien immer schon mal ansehen. Den Flug bezahlst du mir, aus alter Freundschaft!«
    »Ich würde wirklich lieber...«
    »Ich bestimme die Spielregeln, o. k.?«
    »Gut. Ich rufe dich wieder an.« Beide Männer legten die Hörer auf. Im gleichen Moment stieß Gina einen leisen Schmerzenslaut aus: die Zigarette war abgebrannt und hatte ihre Finger erreicht. Sie ließ sie auf Carols sauber aufgeräumten Schreibtisch fallen.
    John trat ins Zimmer, er war sehr blaß und starrte Gina überrascht an. »Du hier? Was...Dann begriff er, was der Telefonhörer in ihrer Hand bedeutete und wurde um noch eine Schattierung blasser. »Du hast mitgehört!«
    Gina leugnete nicht. »Ja. Es tut mir leid, John, es war nicht richtig. Ich kam hierher, weil ich dich zum Essen abholen wollte, aber als ich merkte, daß du telefonierst, wollte ich dich nicht stören und setzte mich hin, um zu warten: Ich konnte es wirklich nicht vermeiden mitzubekommen, was du sagtest. Es klang so verwirrend und erschreckend, daß ich schließlich an Carols Telefon ging und mithörte. Bitte entschuldige.«
    John sank in einen Sessel. Müde strich er sich über die Haare. »Dann weißt du ja nun alles.«
    »Nichts weiß ich! Gar nichts!« Sie lief zu John hin, nahm seine Hand. »Ich verstehe das alles überhaupt nicht! Wer ist Gipsy? Warum will er Geld von dir? Er erpreßt dich, nicht? Was ist das für eine häßliche Geschichte, von der er dauernd spricht?«
    »Das alles«, sagte John leise, »liegt sehr lange zurück. Ich will dich damit nicht belasten, Liebling.«
    »Ich will es aber wissen. Ich habe ein Recht darauf. Ich lebe mit dir, John!«
    »Ja...Er wirkte völlig benommen.
    Entschlossen griff Gina nach ihrer Handtasche. »Komm, John. Wir gehen irgendwohin etwas essen, du erzählst mir schön ruhig und ausführlich, was los ist, und dann versuchen wir einen Ausweg zu finden.«

     
    »Gipsy und ich«, sagte John, »waren einmal Freunde. ’67 in Vietnam. Wir mochten uns und wir verließen uns aufeinander.«
    Sie saßen in einem mexikanischen Restaurant in Pacific Palisades, in einer Nische am Fenster, mit Blick auf den Pazific. Die Sonne versank gerade im Meer und malte wilde Farben an den Horizont. Leise erklang die Musik; Gläser klirrten, lautlos eilten die Ober hin und her, rötlich angeleuchtet auch sie von dem prächtigen Naturschauspiel, das da draußen über den Wellen stattfand. Sie nippten am Wein und warteten auf ihr Essen.
    »Du hast mir nie erzählt, daß du in Vietnam warst«, sagte Gina.
    »Nein. Ich wußte, früher oder später würdest du es erfahren, denn in einem Wahlkampf müßte ich das auch ausschlachten, da es ja hierzulande etwas gilt, dabeigewesen zu sein. Aber ich dachte mir, daß du es mir nicht unbedingt als Ruhmestat anrechnen würdest.«
    »Erzähl weiter.«
    »Ich war 26 Jahre alt, Oberstleutnant, und wie alle zog ich in diesen Krieg, ohne zu wissen, worauf ich mich einließ. Gipsy war Leutnant in derselben Kompanie wie ich. Er heißt eigentlich ganz bürgerlich George, aber alle nannten ihn Gipsy, weil er schwarzes Haar hatte und schwarze Augen und überhaupt so wild wirkte, aber so war er gar nicht, ich meine, wild und ungebärdig. Er war ein sehr sensibler Junge, der gerade frisch aus Westpoint kam.«
    »Westpoint?« Gina schnappte nach Luft. »Dieser Mann war in Westpoint?«
    John sah an ihr vorbei hinaus aufs Meer. »Der Mann, den du am Telefon gehört hast, war nicht der Gipsy von früher«, sagte er. »Das war der todkranke Mann, der in Vietnam zerbrochen ist.«
    »Oh ...«
    »Nun, um es kurz zu machen, wir waren schon eine ganze Zeit drüben, und wir hatten genug erlebt, um eigentlich nicht mehr jung sein zu

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