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Schattenspiel

Schattenspiel

Titel: Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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teilte ihr mit, sie werde England verlassen und nach Amerika gehen.
    4
    »Wir befinden uns im Landeanflug auf New York und werden in etwa einer halben Stunde auf JFK landen«, sagte der Kapitän. Natalie, die vor sich hingedöst hatte, schreckte auf. Sie schaute aus dem Fenster. Wolken, nichts als Wolken.
    Sie erinnerte sich an das letzte Wochenende daheim, als sie sich von ihren Eltern hatte verabschieden wollen. Obwohl sie keinerlei Bedürfnis gehabt hatte, ihre Mutter zu sehen, war sie
pflichtbewußt am Samstag spätnachmittag nach Somerset gefahren. Wenn Mum genug geredet hatte, würde sie vielleicht Gelegenheit haben, ganz allein einen Spaziergang über das Gut zu machen. Der Rosengarten, die Pferdekoppeln, der Wald, der kleine Tümpel, durch den silberne Fische pfeilschnell schossen. Fast freute sie sich darauf, das alles noch einmal zu sehen. Trotz allem, im Innersten hing sie an ihrem Zuhause. Sie summte leise vor sich hin, als sie die Auffahrt hinauffuhr.
    Als sie die vielen Autos im Hof stehen sah, schwante ihr schon übles. Rolls-Royce, Bentley, Mercedes, ein großer Schlitten neben dem anderen. Hatte sich die High Society der Grafschaft versammelt? Aus allen Fenstern fiel helles Licht in die Dunkelheit.
    Oh, nein, dachte Natalie, Mum!
    Ihre Mutter kam ihr an der Haustür entgegen, sie trug ein bodenlanges Kleid aus schwarzer Spitze, hatte ihren Saphirschmuck umgelegt, und in der Hand hielt sie ein Glas Champagner. »Liebling, endlich! Du hast aber lange gebraucht! Wir warten schon alle auf dich! Jeder will dich sehen. Ich bin ja so stolz!« Sie umarmte ihre Tochter, und Natalie erstickte fast in der süßlichen Parfümwoge, die dabei über sie hinflutete.
    »Mum, was geht denn hier vor?«
    »Ich habe eine kleine Party für dich arrangiert, Liebling. Als du mich anriefst und mir erzähltest, daß ein amerikanischer Fernsehsender dich für eine Talk-Show als Moderatorin gewinnen will, mußte ich das natürlich gleich unseren Freunden erzählen.«
    Natürlich! dachte Natalie.
    »Eine Mutter ist ja so stolz, wenn ihr Kind Erfolg hat!«
    Auf einmal, Mum. Da habe ich aber schon ganz andere Töne gehört!
    »Wir waren alle ganz aufgeregt. Du wirst doch jetzt sicher mit den berühmtesten Leuten der Welt zusammentreffen! Vielleicht interviewst du auch einmal Prinzessin Diana, meinst du nicht?«
    »Keine Ahnung, Mum.« Sie fühlte sich elend. Warum mußte
man ihr das stille, leise Auf-Wiedersehen-Sagen verderben? Ihre Mutter nahm sie an der Hand und zog sie in den großen Salon, aus dem Gelächter, Gläserklirren und Musik erklangen. Eine kleine Party, von wegen! Hier tummelten sich mindestens fünfzig Leute, viele in Frack und Abendkleid, und der Duft teurer Parfums wehte durch den Raum. Natalie stand vor ihnen, sie trug eine olivfarbene Bluse, Jeans und Turnschuhe, und alle Blicke wandten sich ihr zu.
    »Ah!« rief ein älterer Herr. »Da kommt der amerikanische Fernsehstar!« Alle applaudierten. Natalie merkte, daß Mum fast platzte vor Stolz. Sie schaute sich um und entdeckte ihren Vater, der sich mit ein paar anderen Herren in die Kaminecke zurückgezogen hatte und wahrscheinlich gerade aufgeregt von seiner neuen Zuchtstute erzählte. Armer Daddy, dachte Natalie. Sie wußte, er fand Parties gräßlich, und es war sein einziger Trost dabei, wenn er auf ein paar Leute stieß, mit denen er über Hunde und Pferde reden konnte. Sie durchquerte den Raum, trat auf ihren Vater zu und gab ihm einen Kuß.
    »Daddy! Ich freue mich so, dich zu sehen!« Sie freute sich wirklich. Früher waren ihr seine schnapsgerötete Nase, seine derben Flüche, das ewige Gerede über Tiere auf die Nerven gegangen, aber jetzt empfand sie das alles als liebenswert und sah ihn als das, was er war: ein gutmütiger, älterer Mann, der es liebte, mit den Bauern der Umgebung einen Schluck zu trinken, und der an jedem Grashalm seines Besitzes mit abgöttischer Liebe hing.
    Er strich ihr zärtlich über die Haare. »Natalie! Wie hübsch du aussiehst!« Leiser fügte er hinzu: »Ich konnte es nicht verhindern. Du kennst Mum ...« Sie lächelten einander in stillem Einverständnis zu.
    Das Fest dauerte bis um ein Uhr in der Nacht. Natalie war völlig erschöpft, als sie endlich ins Bett gehen konnte. Jeder hatte mit ihr anstoßen wollen, jeder hatte ihr versichert, wie phantastisch es war, daß sie eine so steile Karriere machte.
    »Und da heißt es immer, nur hübsche Frauen kommen nach oben«, zwitscherte Lady Crawl, Mrs. Quints beste

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