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Schattenspiel

Schattenspiel

Titel: Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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eine staubdurchwirbelte sonnige Straße in die Dunkelheit, die in einem goldenen Fleck auf dem steinernen Fußboden endete. Daneben der Tote auf der Matratze, der Geruch nach Fäulnis.
    In diesem Keller also, dachte Kelly, dies also ist Lauras heimliches Liebesnest gewesen.
    Er sah sie vor sich mit den Juwelen, die sie gestern abend getragen hatte, und empfand diese Diskrepanz zwischen dem Schmuck auf der einen Seite und diesem Keller auf der anderen als kraß, aber er wunderte sich nicht. Das Leben hielt solch absurde Möglichkeiten bereit, und Laura war genau der Mensch, der sich in solchen Konstellationen verfangen konnte – und unter Umständen daran zerbrach.
    »Überdosis Heroin«, sagte der Arzt, den Kelly sofort gerufen hatte, kaum daß er des Toten ansichtig geworden war. »Ganz klarer Fall. Der Tod ist in der vergangenen Nacht eingetreten. Zwischen Mitternacht und zwei Uhr, würde ich sagen.«
    »Spuren von Gewalteinwirkung?« erkundigte sich Kelly »Ich meine, ist es möglich, daß er sich nicht selber gespritzt hat?«
    »Er hat sich mit Sicherheit nicht selber gespritzt«, entgegnete der Arzt, »denn die Spritze wurde ja am anderen Ende des Raumes auf einem Regal gefunden. Es ist mehr als unwahrscheinlich, daß er noch die Kraft hatte, selber aufzustehen und sie dorthin zu legen. Im übrigen: Wozu auch?«
    »Ja, richtig.« Kelly biß sich auf die Lippen. Der Gedanke hätte ihm auch selber kommen können.
    »Gewalt«, fuhr der Arzt fort, »war aber nicht im Spiel, zumindest gibt es dafür keinerlei Anhaltspunkte.«
    »Hm.« Kelly nickte. Laut überlegte er: »Wer gab ihm die Spritze? Laura kann es nicht gewesen sein!«
    Der Arzt sah ihn fragend an.
    »Schon gut«, sagte Kelly rasch, »mir gingen nur ein paar Dinge durch den Kopf. Ich komme gleich wieder, Doktor. Ich muß nur rasch oben von meinem Auto aus telefonieren.« Er lief die Treppe hinauf, trat hinaus in den Schnee. Selbst diese häßlichste
Gegend der Bronx mit ihren halb verfallenen Häusern, den blinden Fensterscheiben und abgewrackten Autos in den Höfen wurde durch die glitzernde, weiße Pracht verschönt. Das Licht war beinahe unerträglich hell, Kelly blinzelte geblendet. Er setzte sich in seinen Wagen und wählte eine Nummer. Als das Klingelzeichen ertönte, nahm er den Hörer ab. Es dauerte eine Weile, bis sich jemand meldete.
    »Ja?« Es klang verschlafen und heiser, aber er erkannte Laura gleich.
    »Miss Hart? Hier ist Kelly. Es tut mir leid, wenn ich Sie geweckt habe...«
    »Schon gut, Sie haben mich nicht geweckt. Es... es geht mir nur nicht besonders gut. Ich habe eine Schlaftablette genommen heute nacht, und das erledigt mich immer gleich für den nächsten Tag.«
    »Trinken Sie ein bißchen Kaffee, vielleicht hilft das.«
    »Hab’ich schon. Inspektor...« In Lauras Kopf schien Klarheit einzukehren. »Ist was passiert? Oder warum rufen Sie so früh an?«
    »Laura, ich bin hier bei Ken...«
    »Bei Ken? Mein Gott, wie geht es ihm? Er hat seit vorgestern keinen Stoff, er muß doch wahnsinnig werden...«
    »Laura...« Nichts an seinem Beruf haßte Kelly so sehr wie diese Situationen.
    »lnspektor, geht es Ken sehr schlecht?«
    »Laura... Miss Hart... Laura...« Kelly gab sich einen Ruck. »Ken ist tot, Laura. Es tut mir sehr leid.«
    »Was?«
    »Ich fand ihn tot im Keller auf seiner Matratze.«
    »Das kann doch nicht wahr sein!«
    »Doch. Leider.«
    »Und Sie sind sicher, es ist Ken?«
    »Die Leute aus dem Haus haben es bestätigt.«
    Sekundenlanges Schweigen. Dann fragte Laura gefaßt: »Woran ist er gestorben?«
    »An einer Überdosis Heroin.«

    »Das kann nicht sein«, sagte Laura noch einmal, »er hatte ja gar kein Geld für Heroin. Er ist absolut nicht in der Lage, sich Stoff zu kaufen. Und umsonst gibt’s den nicht, da können Sie sicher sein!«
    »Ich weiß. Er hat es sich auch nicht selber gespritzt. Das hat jemand anderes getan. Irgend jemand hat ihm heute nacht zwischen zwölf und zwei Uhr das Heroin gegeben.«
    »Man wollte ihn ermorden?«
    »Nicht unbedingt. Der Arzt sagt, er war in einem erbarmungswürdigen körperlichen Zustand. Morgen oder übermorgen wäre es wahrscheinlich ohnehin soweit gewesen. Der Körper hatte keine Widerstandskraft mehr.« Er schwieg und wartete, daß Laura etwas sagte, aber vom anderen Ende der Leitung kam nichts. Er räusperte sich. »Laura?«
    »Ja?«
    »Ich komme jetzt zu Ihnen. Wir müssen noch einmal über alles reden.«
    »Ja.« Das klang müde und ergeben.
    Kelly sagte: »Bis gleich

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