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Schattenspiel

Schattenspiel

Titel: Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Leonard. Immer ein bißchen kokettieren. Von Verkaufen war nicht die Rede, oder? Ich habe nur gesagt, ich will ein paar Wochen dort wohnen!« Damit
legte sie auf. Leonard starrte den Apparat an und hätte am liebsten einen Triumphschrei ausgestoßen. Sie ging nach Monte Carlo. Und sie teilte ihm das vorher mit. Keine Frage, wohin er nun reisen würde!
    Auf einmal sah er wieder zuversichtlich in die Zukunft. London, besonders im Herbst, war nicht der Ort für Versöhnungen, aber das Mittelmeer...
    Er drehte sich um und sah das blasse Kind auf dem Sofa sitzen. Seufzend griff er nach einer Flasche Schnaps, schenkte sich ein Glas voll und kippte es mit Schwung hinunter. Diese Sache mußte nun überstanden werden.
    »Also, Meggie, paß mal auf ...«
    »Mary.« Sie sagte es tränenerstickt.
    »Ach so, ja, Mary. Entschuldige bitte. Mary, ich muß dir sagen ...«
     
    Gina war mit Charles Artany in einer Pizzeria in der Nähe von St. Pauls gelandet. Sie schob eine Peperoni nach der anderen in den Mund, während Charles zum hunderttausendsten Mal von seinem Musical schwärmte.
    »Ich werde es ›Rain‹ nennen. Wie findest du das? Die Musik soll an Regentropfen erinnern!«
    »Wie originell«, sagte sie höhnisch, und als sie merkte, daß sie ihn damit verletzt hatte, fügte sie versöhnlich hinzu: »Tut mir leid. Hab’ ich nicht böse gemeint. Komm, iß eine Peperoni!« Sie zupfte eine von ihrer Pizza, aber er hob abwehrend die Hände. »Nein. Du weißt doch, die sind mir zu scharf.«
    Das ganze Leben ist dir zu scharf, mein Junge, dachte sie und winkte dem Kellner. »Noch ein Viertel Rotwein, bitte!«
    Charles musterte sie besorgt. »Es ist erst fünf Uhr. Meinst du nicht, um die Zeit sollte man noch nicht so viel trinken?«
    »Meinst du nicht, daß du ein Spießer bist?« äffte sie seinen Tonfall nach. »Zum Teufel, ich habe nie die Leute verstanden, die ihren Alkoholkonsum von der Tageszeit abhängig machen. ich meine, ob ich mich jetzt besaufe oder später, wo ist da der Unterschied? «

    »Es ist nicht gesund, Gina. Ich mache mir Sorgen um dich. Du wirkst so abgespannt und gereizt ...«
    »Das sind die Prüfungen im November. Die machen uns alle nervös.«
    »Willst du nicht doch in den Ferien zu mir nach Artany Manor kommen? Es ist wirklich ein schönes, altes Anwesen, und du hättest dort bestimmt Ruhe zum Arbeiten. Und zwischendurch könnten wir im Park spazierengehen oder ausreiten, oder vor dem Kamin sitzen ...« Seine Stimme war warm, sehnsüchtig und bettelnd. Ich will dich, sagten seine Augen, ich liebe dich, ich brauche dich!
    Müde erwiderte sie: »Du weißt doch, mit alten, englischen Gütern kann ich nichts anfangen. Mir ist es zu kalt dort. Ich will in ein warmes Land.«
    »Wenn du dich einmal überwinden könntest, einen warmen Pullover anzuziehen ...«
    »Darum geht es nicht. Außerdem hasse ich Wolle.« Vor ihren Augen stiegen Nebel auf, rauhreifbedeckte Wiesen, Regenschauer prasselten gegen Fensterscheiben, der Sturm heulte um die Schornsteine. In langen Hosen, Gummistiefeln und Pullover stapfte sie mit Charles Artany über das Land seiner Vorfahren. Mit einem Ruck erhob sie sich. »Ich muß meinen Zug erwischen. Außerdem wartet Mary am Bahnhof.«
    Auf den ersten Blick erkannte sie, daß Mary geweint hatte, genauer gesagt: sie sah aus, als wolle sie sich am liebsten vor den Zug werfen. Charles zog schließlich los, ihre Fahrkarte zu kaufen, denn dazu schien sie nicht mehr in der Lage. Gina packte ihren Arm. »Mary, reiß dich zusammen! Was ist denn passiert?«
    Mary wollte etwas erwidern, aber schon kamen ihr wieder die Tränen. Sie schluchzte so heftig, daß einige Passanten stehenblieben und unschlüssig schienen, ob sie eingreifen sollten.
    »Das kann nur die Liebe sein«, sagte Gina. »Ich hab’s ja gleich geahnt. Mary, Schäfchen, jetzt trockne dir die Tränen, und erzähl mir, mit welchem Lumpen du dich eingelassen hast!«
    Verzweifelt schüttelte Mary den Kopf. »Nein. Nein, es geht nicht. Es tut so weh, so furchtbar weh!«

    »Mary, ich will dir ja helfen ...«
    »O Gina, kennst du es? Weißt du, wie weh es tut?«
    Gina sah über den Bahnhof hin, und ihr Blick fiel auf Charles Artany, der treu und zuverlässig mit der Fahrkarte in der Hand daherkam. Charles und die anderen vor ihm, mehr oder weniger intensive Flirts mit mehr oder weniger interessanten Männern, denen eines gemeinsam war: Sie beteten Gina an. Und waren ihr Spielzeug, das sie aus dem Regal nahm, wenn ihr der Sinn danach stand,

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