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Schattenspiel

Schattenspiel

Titel: Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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sie den Kopf hob und ihn ansah. »Nichts. Ich werde nichts tun. Ich denke, es gibt nichts zu tun.«
    »So. Das gnädige Fräulein gedenkt, die Hände in den Schoß zu legen und die Dinge geschehen zu lassen. Aber nicht mit mir, verstehst du? Du hast mein Leben ruiniert, Mary. Ich werde Saint Clare verlassen müssen!«
    Sie erwiderte nichts. Zornig fuhr er fort: »Das bedeutet, für dich ist die Zeit hier ebenfalls vorbei. Jede Art von Ausbildung ist vorbei. Werdende Mütter gehen nicht zur Schule, das ist dir ja wohl klar!«
    Wieder gab sie keine Antwort, aber in ihrem Schweigen lag Ergebenheit, nicht Trotz. Sie hatte niemanden, mit dem sie reden konnte, daher flüchtete sie sich in sich selber. Es war kurz vor Weihnachten, und die Freunde waren alle nach Hause gereist. Zweimal hatte Natalie und einmal hatte Steve angerufen, aber Mary hatte ihnen von ihrem Kummer nichts erzählt. Nat hatte gefragt: »Ist was? Hast du noch Schmerzen?«
    Aber Mary hatte nur erwidert: »Nein. Es ist alles in Ordnung. Wirklich!« Nichts war in Ordnung, gar nichts. Sie hatte immer gewußt, daß es kein guter Stern war, der über ihr stand, und wieder einmal hatte sich diese Ahnung als richtig erwiesen. Sie hatte Leonard verloren, sie verlor Saint Clare und damit ihre Freunde, und sie würde ein Kind haben, ein kleines Kind, das all ihre Zeit und Kraft brauchte. Als seien es Jahre her, so erinnerte sie sich an den Abend ihres siebzehnten Geburtstages, an das »Paradise lost« und an Leonards Wohnung, wo sie auf dem Sofa lag und ihn tun ließ, was er tun wollte, weil sie einmal, nur ein einziges Mal nicht hatte vor dem Leben davonlaufen wollen. Sie verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln, was ihren Vater noch wütender machte. »Dir wird das Lachen vergehen, Mary, das kann ich dir schwören. Ich lasse es nicht zu, daß mein Enkelkind unehelich geboren wird, nachdem es nun schon in Sünde gezeugt wurde. Du heiratest!«
    »Wen, Dad?«

    »Ich werde etwas arrangieren«, versprach Michael Brown finster.
     
    Peter Gordon, der Gärtner, hatte das Gefühl, er verstehe nicht recht. Über den wuchtigen, sorgfältig aufgeräumten Schreibtisch hinweg starrte er Michael Brown tief erstaunt an. »Was meinen Sie? Ich soll Ihre Tochter heiraten?«
    »Das habe ich ja wohl klar und deutlich gesagt, oder?« Michael hatte Schweiß auf der Stirn, seine Hände krampften sich ineinander. »Und ich habe Ihnen reinen Wein eingeschenkt. Also – wollen Sie oder nicht?«
    »Wissen Sie, das kommt ein bißchen überraschend für mich. Abgesehen davon, begreife ich nicht... also, ich meine, wenn wir im letzten Jahrhundert lebten...aber so? Muß Ihre Tochter denn unbedingt heiraten?«
    »Das ist keine Frage! Glauben Sie, ich möchte einen Bastard in der Familie haben?«
    »Na ja ...« Peter Gordon überlegte. Er sah das Problem nicht, aber dieser Mr. Brown führte sich in einer Weise auf, daß er sich wohl besser nicht erst auf eine Diskussion einließ. Wie der Erzengel selber... Er rief sich die kleine Brown ins Gedächtnis. Kein häßliches Ding, ein bißchen mager, etwas blaß, für seinen Geschmack alles in allem etwas zu farblos. Er bevorzugte dunkelhaarige, dunkeläugige Frauen. Aber bitte – ein Mann sollte da ein bißchen flexibel sein.
    »Wie kommen Sie gerade auf mich?« fragte er.
    Michael stand auf. Er trat ans Fenster und schaute Peter nicht mehr an, während er sprach. »Sie sind im richtigen Alter. Nicht zu alt, nicht zu jung. Ich habe Sie beobachtet, und ich glaube, es macht Ihnen nichts aus, eine Frau zu heiraten, die ein Kind von einem anderen Mann bekommt. Für mich wäre so etwas undenkbar«, fügte er rasch hinzu.
    Davon war Peter überzeugt. »Ich bin aber nicht unbedingt eine gute Partie«, meinte er. »Sie haben sich ja bestimmt über mich erkundigt, und dann wissen Sie sicher, daß ich immer wieder arbeitslos war, daß ich nie viel Geld hatte und daß ich immer
etwas...na ja...locker lebte, ich meine, auch was Frauen betrifft ...«
    Er konnte nicht sehen, daß Michaels Mund ein einziger, dünner Strich war. Du bist ein mieser Lump, Peter Gordon, dachte er, und glaube nicht, ich wüßte das nicht einzuschätzen. Aber Mary muß bezahlen... du wirst ihre gerechte Strafe sein...
    Durch das Fenster konnte er Mary sehen, die, in einen dicken Mantel gehüllt, langsam durch den Park ging. Eine einsame, kleine Gestalt auf weiter Wiese, zwischen blätterlosen Bäumen. Sie hat es verdient. Sie hat diesen Lumpen, diesen Gordon verdient!
    Er drehte sich

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