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Schattenspiel

Schattenspiel

Titel: Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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beleuchtete das teigige Gesicht unter den kurzen blonden Locken. Warum mußte sie sich immer mit dieser rosafarbenen Pampe zukleistern? Warum so verzweifelt um die Anerkennung ihrer Nachbarn werben? Es bedeutete ihr alles, ›dazuzugehören‹, und eines Tages würde sie vor Erschöpfung tot umfallen, weil sie ein Leben lang diesem Quatsch hinterhergerannt war.
    »Mum, ich werde nicht mit zu den Laughcastles gehen. Und ich möchte dir noch etwas sagen: Ab dem ersten September habe ich eine Stelle bei einer Zeitung in King’s Lynn. Das heißt, ich werde in zehn Tagen von hier fortgehen.«
    Mrs. Quint öffnete den Mund, aber es dauerte eine Weile, bis sie einen Ton hervorbringen konnte. »Das ist nicht wahr«, sagte sie schließlich.
    »Tut mir leid. Ich hätte es dir eher gesagt, wenn ich nicht Angst gehabt hätte, du würdest versuchen es zu verhindern. Ich habe mir über einen Makler eine Wohnung besorgen lassen. Sie ist einfach und billig, ich werde sie mir gerade leisten können.«
    Mrs. Quint zerrte die zweite Zigarette hervor und zündete sie hastig an. Ihre Hände zitterten noch stärker, auf ihrer Nase glitzerte Schweiß. »Ich muß sagen... ich muß sagen, du verstehst es, andere zu schockieren. Das alles hast du also heimlich hinter unserem Rücken eingefädelt, und nun kommst du, und... oder...«, sie unterbrach sich und starrte ihre Tochter an. »Oder hast du es etwa nur hinter meinem Rücken getan? Weiß dein Vater davon?«
    »Nein, er weiß es nicht. Mum, ich wollte niemanden hintergehen, aber es hätte nur Streit und endlose Diskussionen gegeben, wenn ich es früher besprochen hätte. Du hättest es nicht zugelassen. Dir hat immer ein anderes Leben für mich vorgeschwebt — ich sollte einen gutaussehenden Mann aus einer reichen und angesehenen Familie heiraten, schöne Kleider tragen, eine charmante Gastgeberin sein und zwei Kinder bekommen, die in einer vornehmen Schule erzogen werden. Aber verstehst du nicht, ich habe doch auch nur das eine Leben, und ich werde krank und unglücklich, wenn ich es damit verbringe, deine
Wünsche zu erfüllen anstatt meine. Ich will eine gute Journalistin sein, ich will schreiben und die Welt sehen — aber nicht als Ehefrau im Reinseidenen, die mit den Scheckkarten ihres Mannes in der Handtasche herumläuft, sondern als selbständige Frau, die völlig allein über das entscheidet, was sie tut. Kannst du nicht begreifen, daß...« Natalies Stimme brach.
    »Was ich vor allem begreife, ist deine Undankbarkeit«, erwiderte Mrs. Quint, deren Stimme nun auch schwankte. Mit der einen Hand hielt sie ihre Zigarette, mit der anderen fingerte sie nach einem Taschentuch. Um Gottes willen, dachte Natalie entsetzt, jetzt stehen wir gleich beide da und weinen!
    In diese gespannte Situation hinein polterte Mr. Quint, dick, laut und ohne das geringste Gespür dafür, daß hier etwas nicht in Ordnung war. Er brachte eine Wolke von Pferdegeruch mit sich und fünf große Hunde, die ihn bellend umsprangen.
    »Ein Hengstfohlen«, rief er. »Ein prächtiger, gesunder, kleiner Kerl! Und die Mutter steht schon wieder auf den Beinen.«
    »Ach«, sagte Mrs. Quint und wandte sich ab. Natalie blieb stumm. Mr. Quint blickte von einer zur anderen. »Ich ziehe mich gleich um, wir kommen schon noch rechtzeitig«, meinte er unbehaglich.
    »Wir werden nicht zu dem Fest gehen«, sagte Mrs. Quint und putzte sich die Nase. »Ich lege mich jetzt in mein Bett. Bitte stört mich nicht in den nächsten zwei Stunden.« Langsam stieg sie die Treppe hinauf, wobei sie sich auf das Geländer stützte wie eine alte Frau. Natalie wußte, daß ihre Mutter theatralische Auftritte liebte und sich gern in ihr Bett zurückzog, wenn ihr etwas gegen den Strich ging, aber sie wußte auch, daß sie ihr diesmal wirklich etwas antat.
    »Es tut mir leid«, sagte sie.
    Mr. Quint, im Innern frohlockend, daß er nicht zu der Party mußte, fragte leise: »Was ist denn passiert?«
    »Dad, ich...«, setzte Natalie an, aber Mrs. Quint blieb stehen, wandte sich um und sagte: »Du sollst nur wissen, Kind, daß du jetzt einen Fehler begehst, den du möglicherweise nie mehr gutmachen kannst. Du bist in einem Alter, in dem du dich
nicht mehr darauf verlassen solltest, daß deine Eltern ständig bereitstehen, um dir auf die Beine zu helfen, wenn du gestolpert bist.«
    Dann ging sie weiter, ihr blaues Seidenkleid leuchtete hell in der einfallenden Sonne, und Natalie, die ihre breite, selbstgerechte Figur betrachtete, dachte in plötzlich

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