Schattentänzer
danke dir, Kli-Kli«, giftete ich. »Du hast meinen Glauben gestärkt, ein Auserwählter zu sein.«
»Aber du bist wirklich ein Auserwählter!«, empörte sie sich. »Du bist ein Schattentänzer! Das große Buch Bruk-Gruk lügt nicht!«
»Du wiederholst dich«, maulte ich. »Lass dir was Neues einfallen!«
»Die Dryaden kommen«, sagte Kli-Kli in diesem Augenblick. Sonnenlichter Strahl und Flaumige Wolke traten gerade aus dem Dunkel.
»Der Wald hat mit uns gesprochen«, teilte uns Sonnenlichter Strahl mit, setzte sich aber nicht. »Die Orks sind mit ihren Armeen ausgerückt. Der Krieg hat begonnen.«
Ich stöhnte, Kli-Kli fiepte, Mumr, der doch nicht hatte einschlafen können, fluchte, nur Aal und Egrassa wahrten eine derart ausdruckslose Miene, als hätten die Dryaden ihnen lediglich mitgeteilt, es gebe zum Frühstück kein süßes Brötchen.
»Seit wann?«
»Seit ein paar Tagen.«
»Könnt ihr noch mehr sagen?«
»Es gibt noch zwar mehr zu sagen, aber wir verstehen zu wenig vom Krieg, als dass wir es euch mit der gebotenen Klarheit vortragen könnten. Deshalb hat Silbertönender Bach auch einen Phlini geschickt. Er müsste bald eintreffen.«
»Wie bald?«
Flaumige Wolke schloss die Augen, als lauschte sie auf den Wind, der durch die kahlen Baumzweige pfiff.
»In wenigen Minuten. Ihr solltet wohl auch wissen, dass wir uns morgen nach Westen wenden werden.«
»Warum das?«
»Damit verhindern wir, dass ihr den Orks in die Arme lauft, wenn ihr den Wald verlasst.«
Dass die Dryaden das nicht wollten, war klar. Nur ging es dabei nicht um uns, nein, die Orks sollten sich nicht das Horn des Regenbogens unter den Nagel reißen.
»Morgen bringen wir euch ans Westufer des Schwarzen Flusses. Ganz in der Nähe liegt die Menschenstadt Moizig. Die Orks haben sie umgangen. Alles Weitere wird euch gleich der Phlini sagen.«
Die Dryaden verschwanden wieder zwischen den Bäumen. Offenbar war ihnen nicht sonderlich an unserer traurigen Gesellschaft gelegen.
»Wenn wir morgen den Goldenen Wald verlassen und diese Geschwindigkeit beibehalten …« Lämpler rieb sich nachdenklich die bärtige Wange. »… dann müssten wir Sagraba in drei, nein, in zwei Tagen hinter uns haben.«
»Das will ich doch wohl hoffen!« Aal ballte die Hände mehrmals hintereinander zu Fäusten. »Wenn ich bedenke, was im Süden des Königreiches geschieht!«
»Können wir denn vom Westufer der Isselina geradewegs aus Sagraba heraus und nach Vagliostrien ziehen?«
»Was für ein Genie!«, höhnte Kli-Kli. »Ja, stell dir vor, Moizig liegt im südlichsten Süden Vagliostriens, südlicher geht es gar nicht. Von dort aus sind es nur noch neun Tage bis nach Ranneng. Und von Ranneng nach Awendum – das ist der reinste Katzensprung.«
»Beschrei es nicht, Kli-Kli«, sagte Aal. »Niemand kann wissen, was uns noch widerfährt.«
»Aber wenn nichts dazwischenkommt, dann sind wir bald zu Hause.«
»Dürfte ich trotzdem noch einmal auf meine Frage zurückkommen?«, sagte ich.
»Nur zu«, forderte mich Kli-Kli geradezu großherzig auf.
»Vielen Dank auch.«
»Keine Ursache.«
Ich bedachte sie mit einem sengenden Blick, aber die Koboldin tat, als könnte sie kein Wässerchen trüben.
»Bis eben hatte ich noch angenommen, wir würden uns von Sagraba ins Grenzkönigreich begeben, nach Kuckuck, um genau zu sein.«
»Wie kommst du denn bitte darauf?! Überleg dir doch, wo Kuckuck liegt – und wo wir uns befinden!«, schnaubte Kli-Kli.
»Als du in Hrad Spine warst, ist dir wohl nicht aufgefallen, welchen Weg du zurückgelegt hast, was, Dieb?«, fragte Egrassa. »Du hast die Beinernen Paläste weit vom Osttor entfernt verlassen. Danach bist du mit den Orks noch zahlreiche League durch Sagraba gezogen. Nein, es wäre ein gewaltiger Umweg, über Kuckuck nach Awendum zurückzukehren.«
»Und was ist mit Met?«
»Er ist vermutlich längst nicht mehr dort. Mylord Alistan, möge er im Licht weilen, hat ihm einen Brief dagelassen, bevor wir nach Sagraba aufbrachen. Sobald Met wieder bei Kräften ist, soll er nach Awendum aufbrechen, um dem König Bericht zu erstatten.«
»Und die Pferde? Ich glaube nicht, dass die Elche uns bis zur Hauptstadt bringen.«
»Wir haben genügend Gold, um neue Pferde zu kaufen.«
Genügend Gold – das war ja schön und gut. Aber was wurde nun aus Bienchen, meinem Geschenk vom König? Ich hatte mich gerade erst an das Pferd gewöhnt, da musste ich schon wieder umsatteln.
Plötzlich hörten wir ein Summen, kurz darauf
Weitere Kostenlose Bücher