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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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die der neue Gouverneur als
     Geschenk an deren Familien angeordnet hatte. Und seine Mutter hatte geweint, als hätte der Brite die Männer aus ihren Zellen
     holen lassen, um sie einen nach dem anderen zu erschießen.
    »Praxi, glaubst du, dass Loukis zu Weihnachten nach Hause kommt?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte sie stockend und wandte sich Elpida zu, damit er nicht sehen konnte, wie viel Hoffnung in ihrem
     Gesicht lag. »Warum fragst du?«
    »Ich hab nur so überlegt … Vielleicht saß Loukis ja auch in einem der Gefängnisse des Gouverneurs und ist deshalb so lange
     weggeblieben. Und wenn, dann ist er jetzt vielleicht frei und kann endlich zu uns zurückkommen.«
    »Vielleicht«, sagte Praxi. »Aber du solltest nicht deine ganze Hoffnung darauf setzen, dass er jetzt schon nach Hause kommt.
     Loukis wird zurückkommen, wenn er so weit ist. Da bin ich mir sicher.«
    »Ja, das wird er wohl«, stimmte Marios ihr zu. »Er ist ein echter kleiner Teufel.«
    Praxi musste lachen. »Das ist er, Marios, aber das hält uns nicht davon ab, ihn zu lieben.«
    Als Praxi am Abend das Mobile über dem Bettchen ihrer Tochter befestigte, strich sie mit den Fingern über jede einzelne der
     Figuren, bis sie schließlich den Wolf befühlte, der Loukis darstellte. Sie beugte sich vor und gab ihm einen Kuss.
    »Fröhliche Weihnachten, Geliebter, wo immer du bist«, flüsterte sie.
     
    Zur Feier des Dreikönigsfestes schenkten Demetris und Lella Loukis eine weitsitzende Hose und zwei neue Hemden, ein blaues
     und ein graues. Loukis bedankte sich für die Geschenke und entschuldigte sich im gleichen Atemzug, dass er mit leeren Händen
     vor ihnen stand. Nur einen Monat später überraschte ihn das Paar zum Geburtstag mit einem Rasiermesser, undDemetris weihte ihn in die Kunst der Nassrasur ein. So dankbar Loukis seinem Gastonkel auch war, so sehr erfüllten ihn seine
     liebevollen Gesten mit Wehmut und Gewissensbissen – denn hätte es nicht sein Vater sein sollen, der ihn in ein solches Ritual
     einführt?
    Schon im Monat darauf hatte sich das Rasieren mit dem Boykott gegen jegliche britische Waren, zu dem die EOKA aufgerufen hatte,
     allerdings ohnehin erledigt: Schäumende Seifenstücke waren ab sofort tabu.
    »Rasieren nervt bestimmt total«, sagte Stelios, als er mit Loukis vor dem Kaffeehaus auf Toulla wartete. »Ich würd mir ja
     gern einen Backenbart stehen lassen, das Problem ist nur, dass an den verbrannten Stellen keine Haare wachsen … Ich hätte
     also nur einen halben Bart.«
    Loukis betrachtete das Gesicht seines Freundes und fand, dass auch die zarte Haut auf seiner intakten Seite nicht gerade aussah,
     als würde sie in irgendeiner Form von Bartwuchs heimgesucht.
    »Tut es noch weh?«, fragte er. »Die Verbrennungen, meine ich.«
    Stelios schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht. Ich muss ein bisschen mit der Sonne aufpassen, aber das ist nicht weiter
     schlimm. Weh tut es nur, wenn ich mich morgens im Spiegel anschaue. Und die ganze Zeit mit der zyprischen Antwort auf Victor
     Mature herumzuhängen, macht es nicht unbedingt besser.«
    Loukis runzelte die Stirn bei dem Vergleich: Er wäre nie auf die Idee gekommen, dass er aussah wie ein Filmstar, auch wenn
     ihm bewusst war, dass er aus einer Familie stammte, die der Herrgott mit guten Genen ausgestattet hatte. Christakis war –
     trotz des Fluchs, der auf seinen blonden Haaren lag – ein wahrer Riese geworden, mit einem Lächeln, das die Mädchen im Dorf
     dahinschmelzen ließ. Michalakis war zwar kleiner, jedoch weniger breit und hatte schärfere Gesichtszüge. Und Marios war mit
     geraden Zähnen und Rehaugen gesegnet und damit vielleicht der Bestaussehendevon ihnen, genau wie einst Nicos. Von all seinen Brüdern sah er, so überlegte Loukis, Michalakis am ähnlichsten – was nicht
     das Schlechteste war.
    »Na, endlich«, rief Stelios, als er Toulla erblickte.
    »Entschuldigung, die Herren«, begrüßte sie die beiden. »Ich bin einfach nicht weggekommen.«
    »Kein Problem, der Tag ist ja noch jung …«, sagte Stelios und hob die beiden leeren Säcke auf, die zu seinen Füßen lagen.
     »Bis später dann«, verabschiedete er sich von Loukis.
    »Viel Glück.«.
    »Danke«, antwortete Toulla und lächelte Loukis verlegen an, bevor sie sich bei Stelios unterhakte und davonging.
    Stelios und Toulla waren zu einer Mission unterwegs, auf die sie von Antoniou und Harris geschickt worden waren. Die beiden
     waren vier Tage zuvor wieder auf der

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