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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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zurückzukehren. Irgendwann an diesem Wochenende
     würde er den anderen mitteilen müssen, dass er sie verlassen wollte.
    Als sie die Böschung zu Demetris’ Haus erreichten, blieben sie plötzlich wie erstarrt stehen.
    »Was zum Teufel …?«, flüsterte Stelios.
    Vor dem Tor standen vier Austin Champs, bewacht von vier Soldaten. Loukis und Stelios duckten sich ins Unterholz. Kurz darauf
     trat Demetris aus dem Haus, das Gesicht blutverschmiert, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Jemand zerrte ihn zu einem der
     Jeeps, es war der britische Major, den Loukis kurz nach seiner Ankunft kennengelernt hatte. Dicht dahinter folgte Lella. Ihre
     freien Hände hatte sie entsetzt vors Gesicht geschlagen.
    »Nicht meine Frau!«, brüllte Demetris, als er erkannte, dass die Briten auch sie mitnahmen. »Sie hat mit all dem nichts zu
     tun! Lasst sie in Ruhe, ihr Schweine!«
    »Pass auf, was du sagst«, fauchte der Major und stieß den Polizisten in den Wagen. Lella wurde zu einem der anderen Jeeps
     gebracht. Hinter ihr folgten mehrere Soldaten, deren Uniformen rußverschmiert waren. In den Armen trugen sie jede Menge Gewehre.
    Loukis war wie gelähmt vor Angst und Entsetzen. Das Paar war gut zu ihm gewesen – niemandem, auch nicht dem britischen Major,
     konnte das entgangen sein. So sicher wie das Amen in der Kirche würde nun die Jagd auf Demetris’ verschwundenen Neffen beginnen.
    Unter keinen Umständen wollte Loukis als polizeilich gesuchter Mann nach Hause zurückkehren.

8
    Seit einigen Wochen streunte Loukis nun schon als Obdachloser durch die Wälder von Troodos. Auf seiner Haut hatte sich inzwischen
     eine Dreckschicht gebildet, der kein Wasser mehr etwas anhaben konnte, und seine fettigen, verschmutzten Haare sorgten dafür,
     dass ihm ständig die Kopfhaut juckte. Neben diesem körperlichen Unbehagen plagten ihn Schuldgefühle – dass er frei war, während
     die, die ihm Unterschlupf gewährt hatten, hinter Gittern saßen – und der Verdruss über Tage, an denen er entweder vollkommen
     untätig herumhockte oder wegen eines Gerüchts überstürzt die Flucht ergreifen musste.
    Die Briten, die für Loukis, solange er ein Dach über dem Kopf hatte, lediglich ein minderschweres Ärgernis darstellten, waren
     nun über Nacht zu einer überall und ständig lauernden Gefahr geworden. Jedes Vogelgezwitscher, das plötzlich verstummte, jeder
     Ast, der knackte, schien seine unmittelbare Ergreifung anzukündigen. Seine Muskeln waren stets zum Bersten gespannt und von
     der kriechenden Kälte an seinen zugigen Schlafplätzen tat ihm der Nacken weh.
    Obwohl die EOKA wieder aktiv geworden war, waren Loukis und seine Zelle weit davon entfernt, irgendwelche Anschläge verüben
     zu können. Nach der stetigen Dezimierung des Netzwerks in Troodos durch die Besatzer bestand ihre Hauptaufgabe darin, neue
     Mitglieder anzuwerben. Immer auf der Hut vor Kontrollpunkten und Patrouillen, versuchten es die Männer mit Reden von Ruhm
     und Verpflichtung, während Toulla ihre durchaus beachtlichen Reize spielen ließ, um potentielle Freiwillige zu ködern. Doch
     es war ein zähes Geschäft – zumal es seit der Ermordung jener Britin einen Umschwung in deröffentlichen Meinung gegeben hatte. Immer weniger Menschen wollten die Sache noch unterstützen.
    Laut den Radionachrichten hieß das Opfer Catherine Cutliffe. Sie war zusammen mit ihrer Tochter Margaret und einer deutschstämmigen
     Freundin in Ammochostos zum Einkaufen unterwegs gewesen, als zwei Jugendliche von hinten das Feuer eröffneten. Sie schossen
     der älteren Frau in den Rücken, und als sie bereits blutend auf der Straße lag, feuerten sie noch zwei weitere Male auf sie.
     Catherines Freundin überlebte den Anschlag schwerverletzt. Margaret blieb wie durch ein Wunder unversehrt. Berichten zufolge
     stand sie kurz vor ihrer Hochzeit und trug zum Zeitpunkt des Überfalls ihr Brautkleid über dem Arm.
    Unmittelbar nach dem Attentat setzte der Bürgermeister von Lefkosia 5000 Pfund Belohnung für Hinweise aus, die zur Ergreifung
     der Täter führten. Die EOKA bestritt jegliche Beteiligung an dem Mord, und der griechische Außenminister behauptete, die Tat
     sei das blutige Werk eines verschmähten Ex-Liebhabers. Die Menschen in den Bergen von Troodos waren unsicher, wem oder was
     sie glauben sollten, und so blieben Loukis und seine Kameraden fürs Erste eine fünfköpfige Zelle.
    Während der Novemberwind ihnen immer rauer um die Ohren pfiff, versuchte Stelios, sich die

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